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Werkbank zwo: Intro#

(Ein Auftakt)#

Von Martin Krusche#

Besondere religiöse und profane Objekte säumen unsere Wege. Die Bildstöcke und Wegkreuze, die Kapellen und Statuen, Denkmäler und Mahnmale… Sie sind nicht der Alltagsbewältigung gewidmet, haben andere als rein praktische Funktionen. Außerdem werden sie als Treffpunkte und als Wegweiser genutzt. Klein- und Flurdenkmäler weisen durch ihre Herkunft und ihre Symbolik weit in unsere Vergangenheit zurück.

Dorfkapelle in Hofstätten.
Dorfkapelle in Hofstätten.

Seit ich an diesem Thema arbeite und mit Menschen darüber spreche, höre ich immer wieder Sätze wie: „Ich hab die bisher fast gar nicht bemerkt. Jetzt sehe ich sie ganz anders.“ Man muß sie nicht zwingend so konkret wahrnehmen. Menschliche Kommunikation funktioniert über ganz unterschiedliche Kanäle und Zeichensysteme. Viele davon bewähren sich, ohne unser Bewußtsein permanent in Anspruch zu nehmen.

Ich bin also über Jahre immer wieder in dieses Thema hineingegangen, um zur Auffassung zu gelangen: man muß all diese Wegmarken nicht unbedingt aus ihrer dezenten Situation herausreißen, sie lautstark bereden, sie in spezielles Licht rücken.

Aber wenn wir uns selbst besser verstehen wollen und wenn uns daran liegt, die Verständigung mit anderen Leuten vorteilhaft zu gestalten, ist es anregend und aufschlußreich, daß wir unseren Lebensraum erkunden. Was umgibt uns? Welche Zeichen sind da gesetzt? Wer kann sie lesen und verstehen? Was wirkte alles, um die heutige Situation herbeizuführen? Welche kulturellen und sozialen Kompetenzen fallen uns dabei als wesentlich auf?

Wissensverluste und Overflow#

Ich war immer wieder überrascht, was meine Gespräche mit ganz unterschiedlichen Menschen hervorbrachten, wenn diese Wegmarken zur Sprache kamen. Dabei wurde stets deutlich: menschliches Wissen geht unglaublich schnell verloren, falls man geeignete Mittel der Überlieferung unbeachtet läßt.

Wissen Sie noch, was ihren Großeltern bei wesentlichen Lebensereignissen durch den Kopf ging? Haben Sie Kenntnis, wie ihre Leute vor hundert oder hundertfünfzig Jahren aussahen, wenn sie ihrer Arbeit nachgingen, und ob sie anders aussahen, sobald sie Freizeit hatten? (Gab es vor hundert oder hundertfünfzig Jahren sowas wie Freizeit überhaupt?)

Heute kommt zu all dem, was uns die aktuelle Mediensituation aufdrängt. Wir werden rund um die Uhr mit Informationen bedrängt. Wir werden mit Botschaften überflutet. Data Overflow! Wir leben in einer technischen Info-Sphäre, die unser aller Leben durchdrungen hat. Das bedeutet, unsere Umwelt ist zu wesentlichen Teilen eine informationelle Umwelt. Sie ist Projektionsfläche für die Interessen aller Arten gesellschaftlicher Instanzen und Einrichtungen.

Von links: Peter Moser, Hermann Maurer, Werner Höfler und Robert Schmierdorfer.
Von links: Peter Moser, Hermann Maurer, Werner Höfler und Robert Schmierdorfer.
In laufender Debatte über die Beziehungen „Mensch und Maschine“: Hermann Maurer (links) und Martin Krusche.
In laufender Debatte über die Beziehungen „Mensch und Maschine“: Hermann Maurer (links) und Martin Krusche.

Wir sind von Medien-Anordnungen umstellt und werden aus zahllosen Quellen pausenlos mit irgendwelchen Inhalten bespielt. Vor diesem Hintergrund hat mich interessiert, wie eine vorindustrielle Info-Sphäre ausgesehen und funktioniert haben mag. Wie lebten Menschen bis es das Radio gab? Wie haben sich die Leute einander mitgeteilt? Wie verändert sich unsere Kultur im Auftauchen neuer Medien? Wie wurden und werden Inhalte im öffentlichen Raum dargestellt, vermittelt?

Verschiedene Teilprojekte#

Unter dem Titel Wegmarken geht es in einem Teilprojekt um ein Buch, das 2022 erscheinen wird. Dazu müssen derlei Fragen naturgemäß eingeschränkt und sortiert werden. Das Buch fokussieren wir auf Klein- und Flurdenkmäler in der Kleinregion Gleisdorf. Dabei dominieren religiös motivierte Objekte und bloß wenige profane Beispiele kommen vor. Da aber das Themenfeld weit größer ist und diverse Zeichensysteme interessante Schnittstellen haben, zueinander Querverbindungen aufweisen, denken wir sowas gleich in einem größeren Zusammenhang mit. Wir? Eine kleine Reisegesellschaft, wie sie inzwischen zu dieser Erkundung aufgebrochen ist.

Den Ausgangspunkt habe ich vor Jahren mit drei Bürgermeistern gefunden, die ich aus mehrjähriger Erfahrung in der Zusammenarbeit zu verschiedenen Kulturprojekten kenne. Mit Werner Höfler, Peter Moser und Robert Schmierdorfer fühle ich mich, was das Entwickeln von Vorhaben und deren Umsetzung betrifft, vertraut.

Fotograf Richard Mayr (rechts) im Gespräch mit Comiczeichner Chris Scheuer.
Fotograf Richard Mayr (rechts) im Gespräch mit Comiczeichner Chris Scheuer.

Wir sind eine gelebte Praxis des Kontrastes. (Typischer Schmierdorfer-Satz: „Ich versteh auch nicht immer, was der Krusche grade sagt, aber schauen wir einmal.“) Es gehört für mich zu den äußerst förderlichen Aspekten dieser Kooperation, daß wir alle vier in völlig verschiedenen Lebenswelten zu Hause sind, wobei uns die Unterschiede nicht trennende Differenz, sondern eine Quelle von Anregungen sind. (Sogar der Dissens ist uns nützlich.)

Dazu kommt meine Freundschaft mit dem Wissenschafter Hermann Maurer. Der Informatiker hat eine Weltkarriere absolviert, 2021 seinen 80. Geburtstag erlebt, zeigt mir in unseren regelmäßigen Arbeitstreffen, daß seine Wißbegier und sein Tatendrang nach wie vor nicht zu bremsen sind.

All das ist mit einigen inspirierten Menschen verwoben, die teils in der Kunst leben, teils in anderen Metiers wirken. Sie werden hier noch entdecken können, wen das meint und welche Qualitäten damit ins Spiel kommen.

Im Augenblick hat die 2022er Buchpublikation Vorrang, was bedeutet, daß ich allerhand Touren mit Fotograf Richard Mayr mache. Von ihm kommen dann die maßgeblichen Fotos des aktuellen Projektabschnittes. Seine Arbeit war für mich schon Anlaß, eine kleine Betrachtung über Kunst und Technik anzustellen. Siehe dazu: „Interferenzen 2019“ (Eine Reflexion)!

Wir sind also mit einer inzwischen schon erweiterten Reisegesellschaft unterwegs. Dabei überprüfen wir – wie erwähnt - diverse Schnittstellen und Querverbindungen, um miteinander klären zu können, wie das größere Bild beschaffen und gestaltet sein könnte. Sie lesen hier übrigens grade die Einleitung zu einem kleinen Büchlein, das für unsere Reisegesellschaft als Demonstrationsobjekt umgesetzt werden soll.

Informatiker Hermann Maurer hat mit seinem Team eine Applikation (NID) entwickelt, die verblüffende Dinge kann und auf einem Server eingerichtet wird. Wir werden diese Software-Neuigkeit für unseren Bereich einer kollektiven Wissens- und Kulturarbeit erproben. Dieser Prozeß wird online dokumentiert. Sie können uns dabei also bei Interesse über die Schulter schauen.