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Ganz rechts: Kulturreferent Karl Bauer, neben ihm Kunsthistorikerin Tanja Gurke, ganz links Kurator Georg Köhler, rechts neben ihm Leihgeber Gerhard Sommer. (Foto: Martin Krusche)
Ganz rechts: Kulturreferent Karl Bauer, neben ihm Kunsthistorikerin Tanja Gurke, ganz links Kurator Georg Köhler, rechts neben ihm Leihgeber Gerhard Sommer. (Foto: Martin Krusche)

Erweiterte Kunstbegriffe#

(Archiv externer Beiträge, Blatt #41)#

von Martin Krusche

An Joseph Beuys ist unter anderem bemerkenswert, daß es etliche seiner Ansichten als Stehsätze in unseren Alltag geschafft haben. Sie sind fixes Inventar zahlloser Gespräche über Gegenwartskunst. Das sagt freilich noch nicht viel, weil davon Person und Werk vorerst weitgehend unberührt bleiben. Aber es drückt Rang aus.

Das, wenn man es anerkennt, dieser Rang, diese Stellung in einer Landkarte der Bedeutungen, bietet uns Anlässe, sich mit dem komplexen Thema Beuys etwas genauer zu befassen. Das geistige Leben mindestens der westlichen Welt wurde durch solche Personen geprägt. Wir dürfen – wahlweise – aber auch umgekehrt annehmen, daß einigen prägnanten Figuren in und von unserer Gesellschaft solche Plätze zugeordnet wurden, damit uns der Umgang mit der enormen Komplexität unserer Welt etwas leichter fällt.

Beuys ist bei all dem selbst so Stück Komplexität, auch eine wandelnde Widersprüchlichkeit gewesen, wovon wir im gefälligen Blick auf ihn etliche Aspekte vorzugsweis ausblenden. Weshalb? Na, weil unsere Welt sonst gleich wieder ein wenig unüberschaubarer werden würde und das wollten wir doch nicht. Oder doch?

Eine Ausstellung ist immer bloß ein Appell. Ein Angebot. Es kann keine Vorschriften geben, was sich das Publikum dort holt. Und auch wenn Beuys über reichlich Sendungsbewußtsein verfügte, überdies politisch aktiv war, all das miteinander verknüpfte und damit verändernd auf die Gesellschaft seiner Zeit einwirken wollte, muß man sich dem nicht hingeben. Man kann, man muß nicht. Als Betrachter entscheide ich selbst.

Aber daß sich die Gelegenheit dazu bietet, bedarf einiger Anstrengungen. Die hat einerseits Karl Bauer auf sich genommen und damit seiner Amtsübernahme als Gleisdorfs Kulturreferent einen besonderen Auftakt gegeben. Das hat andrerseits Georg Köhler eingebracht. (Er war viele Jahre Kulturbeauftragter der Stadt Weiz.) Köhler hat diese Ausstellung kuratiert, also die Auswahl der Werke getroffen, ihre Präsentation geordnet. Eine schwierige Aufgabe beim Werk eines derart populären Künstlers.

Außerdem müssen die Werke zu all dem ja verfügbar sein, was nicht nur bedeutet, das materielle und immaterielle Engagement von Sammlern wie Gerhard Sommer ist gefordert. Es braucht auch, daß sie zu Leihgaben bereit sind, was nie selbstverständlich ist und immer abhängig vom Kontext, vom Ort und einigen anderen Faktoren.

Für die Einführung sorgte bei der Vernissage Kunsthistorikerin Tanja Gurke. Was sich dann so alles an Gesprächen auftat, trägt schon Hinweise in sich, daß dem Ereignis Schritte folgen werden. Schritte der Deutung des Erlebten und der Befassung mit dem aktuellen Zustand dieser Welt, wofür Beuys ja nur eines von mehreren Beispielen abgibt; daß nämlich ein sehr konkretes geistiges Leben mitgestaltet werden kann. Und zwar von allen, die sich dazu aufraffen.

Wie immer man den stellenweise brüchigen und auch zwiespältigen Beuys deuten möchte, sein Appell zur Selbstermächtigung ist unanfechtbar und kann vermutlich quer durch ganz verschiedene weltanschauliche Lager geteilt werden. (Die Ausstellung im Gleisdorfer „Museum im Rathaus“ läuft nun bis 15. August 2022.)

Erstmals 2022 publiziert auf dem „WOCHE-Server