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Epoha Nule (Foto: Selman Trtovac)
Epoha Nule (Foto: Selman Trtovac)

Mini Fabula: Epoche Null#

(Die Vorausschau im Rückblick)#

von Martin Krusche

Der Belgrader Künstler Selman Trtovac schickte mir eben einen Text, welchen er mit diesem Satz abschloß: „In der Epoche Null, in der alte Gewissheiten zerfallen, ist Kunst vielleicht unser ehrlichster Versuch, Sinn zu finden.“

Ich hatte mich schon vor etlichen Jahren mit ihm über Fragen austauschen können, die das betreffen, was er „Die inneren Strategien der Kunst“ nennt. Das führte unter anderem zu Projektschritten wie „Mi volimo i umetnost drugih“. Das bedeutet: „Wir lieben auch die Kunst der anderen“.

Es könnte einem ja klar sein, daß erstens alles, was uns gelingt, auch auf Vorleistungen anderer Kräfte beruht, was zweitens nahelegt, gegenwärtig ebenso zu beachten, daß eigenes Schaffen keine Creatio ex nihilo ist. Wir haben Einflüsse aufeinander, wo wir gemeinsame Räume eines geistigen Lebens von Relevanz bewohnen.

Rückblickend#

Im Jahr 2013 notierte ich: „Zentrales Ereignis des aktuellen Projektes ist mein Dialog mit dem Künstler Selman Trtovac, in dem wir unter anderem auszuloten beginnen, was wir über die Position Kunstschaffender in diesen Gesellschaften zu wissen glauben. Ich verwende dabei bewußt den Plural, weil mir nicht einleuchten würde, die serbische Postkriegsgesellschaft und die österreichischen Wohlstandsgesellschaft als selbes Feld zu betrachten.“

Dazu gehört auch folgende Passage: „Selman hat eben ein Foto gepostet, das ihn 1989 in Tuzla zeigt; als Soldat mit Maschinengewehr. Es gibt von mir ein Foto im etwa gleichen Alter, weiter zurückliegend, ebenfalls mit Maschinengewehr. (Man vergleiche die Posen, ein Kommentar erübrigt sich hoffentlich.)“

Selman Trtovac
Selman Trtovac
Martin Krusche
Martin Krusche

Ich finde meinen Schlußsatz zu jener Notiz heute verblüffend. Vor allem deshalb, weil sich in diesem Zeitraum die sicherheitspolitische Situation Europas radikal verändert hat. Ich schrieb 2013: „Einer der Punkte dabei: Während vor Selman ein realer Krieg lag, lag hinter mir der von Legenden und allerlei Lügen überlagerte Krieg meiner Leute. Was uns heute ausmacht, ist fraglos von den recht unterschiedlichen Konsequenzen genau dieser Dispositionen geprägt.“ Dazu vorerst einmal ein aktueller Gedanken von Trtovac: „Kunst ist keine Dekoration, sondern eine menschliche Notwendigkeit. Sie hilft uns, die Welt differenzierter zu sehen, Beziehungen zu vertiefen und als Gemeinschaft zu wachsen. Sie ist Reflexion und Impuls zugleich – ein Raum, in dem persönliche und gesellschaftliche Entwicklung möglich wird.“