Episode XXI: Spannung#
(Feinmechanik und Elektrizität)#
Von Martin Krusche#
Diese Episode im Zeit.Raum ist dem Umbruch von den konkreten zu den abstrakten Maschinen gewidmet. Ein simples Beispiel. Öffnen Sie bei einem Auto von heute die Motorhaube, dann blicken Sie sofort auf die zweite Motorhaube, denn der Motor ist verkapselt und seinen Details sind Ihren Blicken entzogen. Öffnen Sie dagegen die Motorhaube eines Youngtimers und Sie sehen das Triebwerk mit all seinen Aggregaten, die sich ohne weiteres erkennen und benennen lassen. Sie können es be-greifen.
Der erwähnte Umbruch ist freilich grundlegender und weitreichender. Da gibt es viel Klärungsbedarf, weil wir uns längst mit Maschinensystemen umgeben haben, die den meisten Menschen noch völlig schleierhaft sind. Wenn aber eine ganze Gesellschaft ihre Werkzeuge und Assistenzsysteme zwar benutzt, doch nicht mehr recht versteht, sind Probleme angelegt.
Der Reihe nach!#
Die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg war in unserem Teil der Welt davon geprägt, Güter preiswert zu machen, auf daß für möglichst viele Menschen ein Lebensstandard erreichbar werde, den davor nur Minoritäten genießen konnten. Dabei ging es um Massenproduktion und Massenkonsum, wie sie durch die Technologiesprünge der Zweiten Industriellen Revolution schon vor dem Großen Krieg (1914-1918) angelegt waren. Das führte bei den Industrienationen freilich auch zu einem unermeßlichen Hunger nach Rohstoffen und sehr harten Arbeitsbedingungen für die Leute in den Fabriken.Feinmechanik und Elektrizität spielen für unseren Lebensstandard bis heute wesentliche Rollen. Was auffallend hinzukam: Miniaturisierung. Die machte Quantensprünge, als Funktionen zunehmend von der Mechanik in die Elektronik verschoben werden konnten und schließlich ins Digitale. Ein Beispiel: vom Schmalfilmprojektor ging es zum Videorekorder, dann zum DVD-Player und heute können wir Mobiltelefone für solche Zwecke nutzen. In jedem Schritt war weniger Mechanik nötig und die Geräte wurden immer handlicher.
Doch die Entwicklung wurde radikaler. Wir haben im Kulturbereich anfangs noch von Konvergenz gesprochen. Es gab mit den Personal Computers plötzlich Maschinen in unserem Alltag, deren Basis über den gleichen Code (Binär-Code) ins Laufen gebracht werden konnte. Am anderen Ende ergaben sich aus diesen Systemen grundverschiedene Medien.
Die Konvergenz#
Denken sie nur, daß Sie vor dem „Computerzeitalter“ für das Bearbeiten, Speichern und Ausgeben von a) Text, b) Ton und c) Bild/Film völlig verschiedene Gerätschaften, ganz unterschiedliche Apparate brauchten. Auch die Trägermedien unterscheiden sich stark. Als diese diversen Medienarten zu konvergieren begannen, also ineinander gingen, weil sie mit der selben maschinellen Basis (Computer) bearbeitet werden konnten, mußten wir unser Weltbild neu ordnen.Es hat ferner dazu geführt, daß wir heute diese unterschiedlichen Medienarten in einem einzelnen Dokument kombinieren können. Zum Beispiel durch HTML, durch die Hypertext Markup Language: Texte, Bilder, Videos und Sounds in einem gemeinsamen Dokument, außerdem über Links untereinander beliebig verknüpfbar.
Aber wir sind in unserem Projekt schon ein Stück weiter. Dank einer Software, die Wissenschafter Hermann Maurer mit seinem Team entwickelt hat, können wir eine Art der digitalen Bücher auf sehr komplexe Art nutzt. Das führt über die Möglichkeiten von HTML oder PDF (Portable Document Format) weit hinaus, kombiniert diese Formate mit Telepräsenz und Teleworking. Ich werde von den NID, von den NetInteractiveDocuments, noch erzählen. Wir haben unser Buch „Wegmarken“ schon auf diese Art umgesetzt (Siehe diesen Link!), ich werde auch zu unserem Projekt „Die Natur Mensch“ ein NID erstellen.
Gelebte Geschichte#
Es ergibt sich nun inhaltlich ein interessanter Bogen. Die erste Erzählebene von „Die Natur Mensch“ ist mit der Ausstellung von Monika Lafers Bildern im Verwaltungsgebäude der Gleisdorfer Feistritzwerke eingerichtet. Dieser Betrieb hat die Stadt erst kürzlich mit einem Glasfasernetz versorgt, das eine Datenübertragung auf der Höhe der Zeit ermöglicht.Ich hab dieser Tage mit Nonna Grill gesprochen, die jenes Anwesen bewohnt, in dem von 1720 bis 1905 das k.k. Postamt bestand. Da wurden die Postpferde gewechselt. Ab 1805 waren nicht mehr bloß Postreiter tätig, es verkehrte auch eine Postkutshe. Grill hat derlei Entwicklungen miterlebt und dort gearbeitet. Ihre Mutter ist noch mit einer Nachrichtenübertagung per Morsealphabet befaßt gewesen.
Das war nach den Signalfeuern und den Postreitern ein epochaler Kategoriensprung in dr telekommunikation. Als die Fernschreiber aufkamen, war einer in jenem Haus eingerichtet, wo sich heute die Buchhandlung Plautz befindet.
Nonna Grill ist selbst als „Fräulein vom Amt“ tätig gewesen, hat einst Telefonverbindungen von Hand gestöpselt. Das begann seinerzeit in einem Nebengebäude der Gleisdorfer Sparkasse. „Ich war dabei, als die Post dann in die Gartengasse übersiedelt ist.“ Inzwischen ist das Postamt ein Stück weiter nach Westen gerückt, hat eine EDV-gesteuerte Sektion zum Aufgeben und Abholden von Poststücken, ist mit zeitgemäßer Technologie ausgestattet. Ein Beispiel dafür, daß es im 20. Jahrhundert laufend Technologiesprünge gab, deren Tempo davor in der gesamten Menschheitsgedichte vollkommen unbekannt war.
- Die Startseite
- Fotos: Martin Krusche
- Zeit.Raum: Slot II
- Die Natur Mensch. Eine Annäherung. (Journal und Diskursraum)
- Zeit.Raum: Slot II