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Lyrik.Treff.Punkt: Antwortvielfalt als Prinzip.
Lyrik.Treff.Punkt: Antwortvielfalt als Prinzip.

Flocke: Der lyrische Türsteher II#

(Von Broadcasting und Netzkultur)#

von Martin Krusche

Wie steht es um Ihre Medienkompetenzen? Nutzen Sie das Internet zum Ausstreuen von lyrischen Postwurfsendungen? Das entspräche einem Waffentyp im Modus „fire and forget“. Oder verstehen Sie das Web als einen Kommunikationsraum?

Das hieße: Abschied vom alten Broadcasting. Wofür dieser Begriff steht? Broadcasting bedeutet: Ein Sender, viele Empfänger. Wie das Radio. So einst etwa als „Volksempfänger“ („Goebbels-Schnauze“). Ein zentralistisches Propagandainstrument.

Als Karin Klug Social Media nutzte, um im Facebook die Leiste „Lyrik.Treff.Punkt“ einzurichten, war das die Konsequenz einiger jüngerer Erfahrungsschritte im Literaturbetrieb. Sie stellte klar, daß diese Leiste eine Art der offenen Bühne sein solle, die nicht kuratiert werde.

Im Internet können wir andere Kommunikationssituationen schaffen und auch mit einem möglichen Publikum anders umgehen, als in einer gemauerten Arena. Falls Ihnen das plausibel erscheint, könnten Sie erwägen, ein Lyrikprojekt im Internet nicht bloß dafür zu nutzen, Ihre eigenen Gedicht raufzuladen. Das wäre antiquiertes Broadcasting. Sie, ein Sender, hoffen auf viele Empfänger.

Sowas klappt eventuell, falls Sie so brillant sind wie Ingeborg Bachmann. Oder Sylvia Plath. Oder Pablo Neruda. Sind Sie so brillant? Ich bin es nicht. Folglich wäre eine andere Haltung zu empfehlen. Nehmen Sie als Beispiel Autor Michael Eschmann. Dem muß man sowas nicht erklären. Der setzt seine Literaturleidenschaft im Web vielfältig um, geht laufend über sich hinaus.

Das heißt, er befaßt sich nicht nur mit seinen eigenen Gedichten, sondern auch mit den Texten anderer Schreibender. Das erweitert folglich den Horizont des Webprojektes. Stellen Sie sich vor, wie viel größer die Bühne „Lyrik.Treff.Punkt“ zum Vorteil aller Beteiligten wäre, wenn das von mehreren Leuten verstanden und praktiziert werden würde. Das Prinzip ist simpel. Ich habe mir über Jahrzehnte ein Publikum erarbeitet. Sie vielleicht auch. Zehn andere ebenso.

Ich zeige also meinem Publikum, was ich sonst noch an Texten anderer Leute ansprechend finde, sie halten es mit ihrem Publikum ebenso und belassen es dabei nicht nur beim Promoten eigener Texte. Was, wenn hundert Leute ein Jahr lang konsequent so verfahren würden? Zugegeben, man muß natürlich ein Genie sein, um auf sowas zu kommen.

Mumpitz! Es ist eine ganz einfache Variante von Netzkuturpraxis, die man eigentlich mühelos kapieren sollte. Und es ist eine Verbeugung vor der Ecolution. Wie das? Unsere Spezies wurde nicht durch Konkurrenz, sondern durch Kooperation erfolgreich. Das ist Ihnen neu? Interessant, hm? Ich verrate Ihnen noch ein Geheimnis: Was immer Ihnen als Autorin, als Autor gelingt, stärkt jenen Boden, auf dem auch ich vorankomme.

Kontext#