Flocke: Worauf fokussieren?#
(Wissenserwerb und Handlungsfähigkeit)#
von Martin KruscheEin Montag kurz vor Schulbeginn. Ruhige Abläufe in der Stadt. Zeit für ein Plauderstündchen. Das wurde ein sehr anregendes Gespräch mit Franz Wolfmayr. Er ist in sozialen und sozialpolitischen Fragen überaus bewandert; und zwar in der Theorie wie in der Praxis.
Da die Welt in den letzten Jahren sehr markante Erschütterungen erfahren hat, die auch in unser aller Fundamente Unruhe hereingebracht haben, frage ich laufend: Was will ich erfahren? Was soll ich lernen? Worauf kann ich reagieren? Das heißt immer auch: Was ist eine gute Frage?
Vielleicht kennen Sie diese Dialogsequenz aus dem Vorabend-TV. Jemand zuckt aus vor Sorge. Sein gegenüber ruft ihm zu: „Das ist jetzt aber der falsche Moment, um in Panik zu geraten!“ Die betroffene Person erwidert: „Das ist der beste Moment, um in Panik zu geraten!“
Und so ist die Welt samt der mediengestützen Nachrichtensituation. Ich könnte täglich an den Rand einer Panik kommen, wenn ich alles beachte, was mich erreicht. Wenn ich hinnehmen muß (oder zulasse), daß ich in immer mehr Probleme, die mein Begreifen und meine Handlungsmöglichkeiten übersteigen, verstrickt werde, reiße ich selbst den Abgrund auf, in den ich stürzen könnte.
Unser Gespräch machte mir klar, daß wir in einigen Punkten völlig übereinstimmen. Der wichtigste davon: Hier, wo wir leben, ist für alle genug da. Wenn dennoch manche Not leiden, dann haben wir bezüglich Verteilungsgerechtigkeit, Hierarchien und den achtsamen Umgang miteinander nicht achtgegeben. Dann hängt da was schief.
Oder auch: Ohne Neugier und Wissensdurst wird ein Gemeinwesen nicht vorankommen können. Wolfmayr sagt aus Erfahrung, daß politisch Zuständige in ihrem Bereich oft nicht hinschauen, was an Erfahrungen und aktuellem Wissen verfügbar ist.
Ich kenne das auch aus anderen Lebensbereichen. Speziell im Kulturbetrieb. Wenn etwas wenigstens halbwegs läuft, stemmen sich jene, die dabei gerade eher begünstigt sind, oft massiv gegen jeden Veränderungsschritt. Das generiert später gelegentlich einen Schaden, der sich in aller Ruhe aufbauen konnte.
Zu all diesen soziologischen Besonderheiten kommen nun Technologiesprünge, die unser Leben längst verändern. Damit meine ich vor allem ChatGPT und die sogenannte „Künstliche Intelligenz“. Wolfmayr hat sich mit dieser neuen Prothetik längst vertraut gemacht.
Ich werde ihn demnächst genauer fragen können, was nach seiner Ansicht nun an Teilen Conditio humana betont werden müßte, um uns mit dieser jungen Technologie verträglicher einzurichten. Dazu der Klassiker als Basis, gleichermaß in Kunst, Kultur und sozialen Bereichen: laufender Wissenserwerb und das Bemühen um Handlungsfähigkeit.
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