Heftige Limousine#
(Der Steyr XXX)#
Von Martin Krusche#
Bei den Limousinen jener Zeit, bin ich meist darauf angewiesen, den Kühler und ein Emblem zu sehen. Die Kutschenwelt war damals formal noch sehr präsent, auch wenn es zwischendurch markante, ja, unverwechselbare Fahrzeuge gab. (Bei einem damaligen Bugatti kann kaum etwas schiefgehen.) Viele Modelle verschiedener Marken sahen – flüchtig betrachtet – doch sehr ähnlich aus.
Vorzüglich situierten Leute (nur sie konnte sich Automobile leisten) kauften übrigens ganz gerne ein nackertes Rolling Chassis und ließen es zum Karosserie-Spezialisten ihrer Wahl bringen. Die Produzenten boten auch gerne – passend zum jeweils aktuellen Kundengeschmack – verschiedene Karosserien zur gleichen Basis an. Alles eine Frage der verfügbaren Mittel.
Nun schickte mir Gerhard Szamuhely, der Garagenliebling, ein Set feiner Fotos von dieser prächtigen Fuhre. Was also ist es? Der Steyr XX wurde bis 1930 gebaut und war rechtsgelenkt. Daher ist dies keiner. Die feine Kappe am unteren Ende des Kühlers bedeckt eine Öffnung für die Kurbel, falls der Motor bockt. Dieses Detail ist ein weiterer Hinweis auf den Steyr XXX, der links gelenkt wird, weil bei uns zunehmend rechts gefahren wurde.
Ein kurzer Rückblick: ab 1915 wurde hierzulande generell auf Linksverkehr umgestellt. Das sagt uns, in jenen Jahren entwickelte sich das Verkehrsaufkommen mit Kraftfahrzeugen erheblich. Ein andere Hinweis zum Wesen jener Jahre. Die Behörde hatte Spezifikationen für den Postbus ET 13 ausgegeben. Das bedeutet, für das Jahr 1913 war ein Einheitstyp definiert, zu dem diverse österreichische Automobilhersteller gewisse Komponenten beisteuern konnten. Normierung, um Flottenfahrzeuge ökonomischer aufzustellen.
Das städtische Leben veränderte sich radikal. Fußvolk, Radfahrer, Fuhrwerke und Fiaker, Straßenbahnen, nun auch Kraftfahrzeuge, es mußte mehr Ordnung in das Leben zwischen den Häuserzeilen, denn es krachte laufend. Ein Bundesgesetz vom 20. Dezember 1929 verfügte für Dezember 1932 das Rechtsfahrgebot. Ab da dauerte es aber noch eine Weile, bis das bei uns allgemeiner Standard war.
Der Anschluß Österreichs an Nazi-Deutschland brachte es dann auf den Punkt. Ab 1938 galt das Rechtsfahrgebot und wurde zügig umgesetzt. Der Steyr XXX rollte also in diesen Übergang. Ferdinand Porsche hatte 1929 begonnen, den Mittelklasse-Wagen mit Reihensechszylinder zu entwerfen. Karl Jenschke mußte die Arbeit beenden. (Porsche hatte sich vermutlich wieder einmal mit den Erbsenzählern überworfen und den Betrieb verlassen.)
Im Jahr 1930 wurde Steyr Typ 30 präsentiert. Sie merken, was mir schon sehr stattlich erscheint, war damals Mittelklasse. Wenn einem der real entgegenkommt, hat man Berührung mit einer versunkenen Welt, in der es noch lange undenkbar war, daß Leute meiner Herkunft sich ein Auto kaufen. Das entfaltete sich erst so langsam in den 1960er Jahren…
- Alle Fotos: Gerhard Szamuhely („Garagenliebling“)
- Funkenflug (Eine Erkundung)