Wir freuen uns über jede Rückmeldung. Ihre Botschaft geht vollkommen anonym nur an das Administrator Team. Danke fürs Mitmachen, das zur Verbesserung des Systems oder der Inhalte beitragen kann. ACHTUNG: Wir können an Sie nur eine Antwort senden, wenn Sie ihre Mail Adresse mitschicken, die wir sonst nicht kennen!

unbekannter Gast

Bild 'gedenken009a'

Gedenken: Die richtigen Fragen suchen#

(Zum Abend im Kino)#

von Martin Krusche

Gestern war der Tag, an dem vor 80 Jahren das Nazi-Regime aufgeben mußte, weil seine Heerscharen militärisch geschlagen waren. Also bin ich ins Kino gegangen. Das Programm haben wir selbst gemacht. Regisseur Fritz Aigner und ich, Schulter an Schulter mit einigen inspirierten Menschen.

Der zeitgeschichtliche Filmabend mit Diskussion war einem Ansatz gewidmet, darüber zu reden, wie wir vom „Du sollst!“ zum „Ich werde!“ kommen. Deshalb kein Fragezeichen hinter dem Titel des Abends „Gedenken: Was zu tun!“, sondern dieses Rufzeichen.

Wir waren uns im Podiumsbereich einig, daß der neue Kalte Krieg nicht erst kommt, sondern schon da ist. Die Debatte nach den beiden Aigner’schen Dokumentarfilmen hat mir deutlich gemacht, wie dringend Diskursbedarf besteht, damit in unserer Gesellschaft mehr Laute diesen speziellen nächsten Schritt finden können, der ihnen einen persönlichen Weg aus der Ratlosigkeit heraus weist.

Damit meine ich, es nützt ja nichts, anderen etwas zuzurufen. Dieses „Du sollst!“ ist billig und trügerisch. Außerdem wird es manchen Leuten leicht zu einem Kostüm, die eigene Ratlosigkeit zu bemänteln. Dafür haben wir zwei prominente Floskel-Gebilde im Arsenal. Stehsatz #1: „Nie wieder!“ Stehsatz #2: „Warum lernen die Menschen nichts aus der Geschichte?“

Ich bin kein Freund von Slogans, übergehe also Stehsatz #1. Was Stehsatz #2 angeht, ahne ich: Es ist die falsche Frage, völlig ungeeignet, eine nächste Erkenntnis zu bringen. Ich kenne ja eine ganz schlichte Antwort: Menschen haben Interessen. Alle Menschen. Und manche davon verfolgen ihre Interessen mit größter Rücksichtslosigkeit gegenüber ihren Mitmenschen.

Das führt gelegentlich zu einer bewährten Strategie: Mitmenschen werden erst einmal zu Gegenmenschen erklärt und dann zu Nichtmenschen. Das läuft mit Ideologie, Propaganda und Medienanwendungen. Folgt man kurz dieser Überlegung, landen wir vielleicht dabei: Wir müssen andere Fragen stellen!

Bild 'gedenken009b'
Bild 'gedenken009c'
Links ein Screenshot, rechts Regisseur Fritz Aigner.

Nein, die weiß ich noch nicht; nämlich: „Was ist nun eine treffende Frage?“ Dazu brauche ich die Verständigung mit Anderen und mit Andersdenkenden. Weshalb? Unter anderem deshalb, weil Information und Wissen ganz verschiedene Kategorien sind. Dazwischen liegt Wissenserwerb. Das ist eine höchst anspruchsvolle Arbeit.

Genau diese Arbeit liegt spätestens dann an, wenn uns schwant, daß Stehsätze, Floskeln, Parolen, daß uns Ideologie eigentlich keinen Schritt mehr weiter bringt. Ich meine, es ist so weit. Vielleicht fallen dabei manche Leute in Schreckstarre. Ich finde es anregender, nun ins Tun zu kommen. Und das beginnt vorzugsweise mit der Verständigung unter Mitmenschen.