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Notiz 002: Klärungsbedarf#

von Martin Krusche

Nichts Gutes ist in allen. Aber ich finde überall welche, die einem mit einer feinen Haltung entgegenkommen. Es wäre demnach klug, die eigenen Kriterien dafür zu schärfen, wer bloß in eigener Sache gräbt, um nach Möglichkeit auf Goldadern zu stoßen, und wer andrerseits Vergnügen daran findet, Teil einer inspirierten Reisegesellschaft zu sein.

2004: Sergey Yugov in Gleisdorf. (Foto: Martin Krusche)
2004: Sergey Yugov in Gleisdorf. (Foto: Martin Krusche)

Das sind eben ganz verschiedene Leidenschaften. Ich hab während der letzten Jahre vor allem im Kulturbetrieb verblüffende Goldgräber-Mentalitäten kennengelernt. Menschen, die einem über Tage, Wochen und Monate mit großer Eindringlichkeit das Gefühl geben, man würde an einem gemeinsamen Strang ziehen, um im Finish doch bloß die eigenen Interessen zu bedienen.

Aber es lohnt sich nicht, danach solchen Wesen noch Aufmerksamkeit zu widmen. Es reicht völlig, daß sie für eine Lektion gut waren. Ich hab übrigens auch schon darüber staunen dürfen, daß jemand auf Anhieb einen äußerst selbstbezogenen Eindruck macht, um dann doch nach einer Weile viel größere Achtsamkeit für andere zu zeigen, als ich für möglich gehalten hätte.

Zu diesen Dingen bleibt eigentlich nur das Fazit: man weiß es anfangs nie genau und sollte wach bleiben. Wir sind alle Meister verdeckter Intentionen. Es hat etwas sehr Berührendes, wenn jemand Einblick in diese Bereiche gewährt. Im Kontrast dazu sollten vielleicht die Täuschungsmanöver ganz unaufgeregt als andere Seite der selben Medaille betrachtet werden. Aber ich bin mir in dieser Frage nicht sicher.

Ich begleite derzeit meine Arbeit an dem Buch über den Puch Haflinger mit einer Notizen-Serie, in der dieses Thema auch vorkommt. Das Grundmotiv ist schließlich in allen Lebenszusammenhängen auffindbar. Siehe dazu die Notiz 013: Trittbretter und Schrittmacher Das Thema beschäftigt mich derzeit deshalb, weil es in „The Long Distance Howl“ um eine grundlegende Weichenstellung geht. Fünfzehn Jahre der geplanten Laufzeit dieses Projektes sind absolviert, fünf Jahre verbleiben. In dieser Zeit sehe ich zwei Themen als hervorstechend:

Plakat zur NCC 2007. (Archiv Martin Krusche)
Plakat zur NCC 2007. (Archiv Martin Krusche)
a) Der Modus einer autonomen Intitiativenszene, wie sie Ende der 1970er Jahre entstanden ist, darf ins Museum verfrachtet werden.
b) Dem gegenüber steht ein nächster Modus, von jüngeren Leuten entwickelt und eingeführt, den ich nicht näher kenne.
Ob dieser Modus in der Wissens- und Kulturarbeit etwas an Innovation bedeutet, oder ob er bloß das Entstandene fortschreibt, kann ich derzeit nicht beurteilen.

Die Schlußphase der Entwicklung, wie sie mit vertraut ist, hat vor über einem Jahrzehnt eingesetzt. Ich erinnere mich an Debatten bei der NCC 07, der netart community convention in Graz. Damals wurde unmißverständlich klar, daß ein Paradigmenwechsel stattgefunden hat und daß sich Netzkultur-Leute, mit denen ich dort zugange war, nicht mehr jenen Überlegungen verpflichtet fühlten, die bei der Meko99, der Linzer Medienkonferenz von 1999, zu einigen kulturpolitischen Schlußfolgerungen geführt haben.

Wir befanden uns dabei übrigens in der vormaligen Dominikanerkaserne, wo die Zweierbosniaken stationiert waren, das bosnisch-herzegowinische Infanterieregiment Nr. 2, welches im Zusammenhang mit dem Großen Krieg eine besondere Rolle gespielt hat. Aber das nur nebenbei.

Was sind nun zeitgemäße Möglichkeiten einer regionalen Wissens- und Kulturarbeit, die sich eventuell auch als kollektive Kulturarbeit ereignen kann? Dazu gibt es im fünfzehnten Jahr von „The Long Distance Howl“ Klärungsbedarf.