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Notiz 085: Metaphern#

(Zu Prisma: ein Vorlauf)#

von Martin Krusche

Dieses manchmal quälend ambivalente Gefühl, wenn ich beim heftigen Pendeln zwischen mehreren verschiedenen Wissensgebieten den Überblick verliere und mein Denken in eine Art weißes Rauschen kippt. Dann ist Pause. Ich nennen das Komplexitätskrise. Da führen zwar immer Wege heraus, aber es ist stets beunruhigend.

Bild 'notiz085'

Diffusion? Eigentlich nicht. Aber wie schön das Brechen eines Lichtstrahls, wenn er durch ein Prisma in seine verschiedenen Wellenlängen geteilt, wenn er aufgefächert wird. (Weißes Licht kann durch ein Prisma in sein Spektralfarben zerlegt werden.)

Sie ahnen nun vielleicht, wie sehr mich solche Interferenzen zwischen Begriffen, Bildern und dem, worauf sie verweisen, faszinieren. Man könnte sagen: wenn die Semantik aus der Sprache heraushüpft und andere Möglichkeiten sucht.

Das altgriechische Wort Prisma bezeichnet etwas Gesägtes beziehungsweise Späne. Ich denke, meine erste Vorstellung, was ein Prisma sei, geht auf ein Spielzeug zurück, auf ein Karton-Periskop, mit dem man ums Eck und über eine Mauer schauen konnte.

Ich sah Prismen schon als kleines Kind, ohne sie zu verstehen, weil mein Vater Hobbyfotograf gewesen ist. Manche Kameras waren mit Spiegeln und Prismen ausgerüstet. Ich mußte natürlich unbedingt durch diese Apparate schauen und diese Magie bestaunen.

Wenn ein Motiv, das durch die Fotolinse waagrecht hereinkam, auf eine Mattscheibe an der Oberseite der Kamera projiziert wurde und dabei auf dem Kopf stand, war das für mich übernatürlich, auch wenn es dessen Gegenteil ist: natürlich. (Reine Physik.)

Umbruch#

Ich war nun zwei Jahrzehnte damit beschäftigt, im Rahmen von „The Long Distance Howl“ (art under net conditions), verschiedene Vorhaben in einen konkreten Lebensraum, in eine konkrete regionale Gesellschaft zu schleusen und die Reaktionen zu dokumentieren. (Das ist Jahr 19 dieses Prozesses.) Ab dem 2018er Kunstsymposion erzählen die Titel der Vorhaben quasi eine Geschichte, die zum heutigen Punkt führt. Das deutet Rauschen an, Irritationen, Überlagerungen. Aber sehen Sie selbst, wie sich das ab 2014 verdichtete und ab 2015 eine steigende Unruhe verursachte:
Bild 'notiz085b'

Ich neige zur Ansicht, daß sich im Zeitfenster 2010/2015/2020 eine tiefgehende Krise aufbaute, die wir bis zur Mitte jenes Jahrzehnts auch weitgehend ignorieren konnten, weil dieses wohlhabende Land es dank reicher Ressourcen zuließ, Reaktionen auf diese Krise aufzuschieben. Das ist vorbei! Jetzt also: das Prisma als eine Metapher, die zum Tesserakt einen starken Bezug hat…