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Das Terrain anno 1820. (Quelle: arcanum.com)
Das Terrain anno 1820. (Quelle: arcanum.com)

Episode 56: Virtualität#

(Das denkbare Lagerhaus)#

Von Martin Krusche#

Sehe ich mir den Franziszeischen Kataster von 1820 an, zeigen sich westlich hinter der Marienkirche unbebaute Flächen bis hin zur Raab, heute ein Altarm des verlegten Flusses. Durchaus verlockend, sich vorzustellen, das sei ein Terrain des virtuellen Lagerhauses, das nach dem Zweiten Weltkrieg zu einem aktuellen Lagerhaus wurde. Heute ist es Teil einer Liegenschaft, die neuen Zwecken gewidmet wird.

Darin gibt es freilich keine Verbindung im Sinn einer nachvollziehbaren Kausalkette, außer die Nutzung von Grund und Boden. Allerdings vor dem Hintergrund, daß der Ort 1284 erstmals als Markt genannt wurde, der Markt am 8. Juni 1920 zur Stadt erhoben wurde. Da hatte sich also eben erst ein Strukturwandel manifestiert, der von Belang ist.

Legen wir eine heutige Luftaufnahme über die Grafik des Katasters, vergleichen wir das Areal in diesem Zeitfenster, schafft das auf jeden Fall einen faßbaren Eindruck von der Dynamik einer Entwicklung. Das wäre ein Beispiel der Geschichtsbetrachtung, die der heutigen Orientierung nützt, wenn wir über einen Stadtteil nachdenken. Auch wenn 200 Jahre erheblich über ein einzelne Biografie hinausreichen, ergeben sie historisch bloß eine winzige Einheit.

Annahmen, vor und zurück…#

Ich meine, eine engagierte Wissens- und Kulturarbeit käme ohne Interesse an und Kenntnis von unserer Geschichte der wenigstens letzten 200 Jahre nicht voran. Das ist ja auch ein Ära, in der sich die erste industrielle Revolutionen entfaltet und ein enormes Entwicklungstempo in menschliche Gemeinschaft schob.

Dabei wäre die auf dem Zeitpfeil rückwärtsgewandte „Prophetie“ ebenso Unfug, wie die Rückübertragung, also die Deutung damaliger Vorgänge mit Ansichten unserer Gegenwart. Aber im Nachdenken über Verläufe können interessante Annahmen über die Zukunft entstehen; im Spannungsverhältnis zwischen Virtualität und Aktualität. Die Begriffe haben wir aus der griechischen Antike behalten.

Eine Passage im Lagerhaus.
Eine Passage im Lagerhaus.

Durch Aristoteles gibt es in unserer Kultur seit rund 2.500 Jahren eine Vorstellung davon, wie sich das Virtuelle zum Aktuellen verhält. Das können wir nur deshalb reflektieren, weil unsere Spezies symbolisches Denken entwickelt hat. Dabei ist - gemäß einschlägig deutbarer Funde - von wenigstens 70.000 Jahren die Rede.

Also ein junges und bisher kleines Kapitelchen der Menschheitsgeschichte, in dem wir fähig wurden, Dinge zu denken, die es nicht gibt: Phantasie, Kreativität, Theorien, Planung, aber auch die Kunst und ihre Werke sind Ausdruck des symbolischen Denkens.

Es gilt derzeit die Annahme, daß der Homo habilis vor 2,1 bis 1,5 Millionen Jahren aufgetaucht sei, um den Homo rudolfensis abzulösen, der vor rund 2,5 bis 1,9 Millionen Jahren dagewesen sein dürfte. Es wird angenommen, der Homo sapiens, also der „moderne Mensch“, sei vor etwa 200.000 Jahren in Afrika aufgetaucht. Von dort habe er vor etwa 70.000 bis 80.000 Jahren begonnen in andere Weltgegenden zu wandern.

Diese kleine Skizze möge nützlich sein, um eine Vorstellung zu bekommen, in welcher Dynamik wir heute leben, welches Tempo in unser aller Leben gekommen ist. Wenn nun das erwähnte Lagerhaus renoviert und mit neuen Funktionen ausgestattet wird, ist es vorstellbar und auf der Eigentümerseite willkommen, dort unter anderem kulturelle Prozesse zu entfalten, ein geistiges Leben, das uns hilft, dieser Dynamik besser gewachsen zu sein.