Kurtz und bündig #3#
Gedanken von Georg Kurtz, Arzt#
Lieber Martin, anbei die anonym während der laufenden Praxis auf der Eingangstür angebrachten Flugzettel!
Ich akzeptiere die Meinungsfreiheit jedes einzelnen und halte sie selbstredend für eine der wichtigsten Grundsäulen einer demokratischen Ordnung. Zum Austauschen dieser unterschiedlichen Meinungen gehören aber Spielregeln, ohne die es einfach nicht funktionieren kann. Eine wesentliche davon ist, sich erkennbar zu machen.
Anonymes Plakatieren und damit denunzieren von Pflegepersonal und ÄrztInnen, wie durch bekleben der Praxiseingänge ist an Feigheit nicht zu überbieten. Mit wem soll ich das Gespräch führen? Das sind Methoden, die den Rechtsraum verlassen.
Ich akzeptiere, dass sich eine Minderheit beharrlich weigert, wissenschaftlichen Erkenntnissen zu vertrauen. Offenbar ist es eine Glaubensfrage geworden, die natürlich einen Diskurs auf Augenhöhe unmöglich macht. „Wer nichts weiss muss alles glauben“, lautet schon der Untertitel der bekannten Wissenschafts-Satire Sendung Science busters.
Sicher ist es in den neuen Medien schwierig, nicht die Orientierung zu verlieren, das entbindet aber nicht vor der Verantwortung, sich seriöse Informationen einzuholen. Wer nach nun fast zwei Jahren die harten Fakten nicht akzeptiert, und das Vertrauen in jene verloren hat, die tagtäglich zum Wohl der Bevölkerung arbeiten – ja da sind auch Politiker gemeint! – , lebt in einem Land, dem mit Selbstverständlichkeit alles an Leistungen abverlangt wird, nicht beachtend, dass dasselbe Land unter der Pandemie noch nie dagewesene Regeln braucht um da raus zu kommen.
Ich akzeptiere, dass sich Menschen, die sich mit ihren Sorgen und Ängsten alleingelassen fühlen zusammentun und in der Gemeinschaft Stärke und Geborgenheit suchen. Sich gegen die Impfung auszusprechen war bislang immer eine persönliche Entscheidung, die unterschiedlichste Gründe haben kann. Aber es kann doch nicht sein, dass alle, die nur gegen die Impfung sind gleichzeitig Leuten den Raum und die Gelegenheit geben, um jeden haarsträubenden Stumpfsinn verzapfen zu können, und dann lacht nicht einmal jemand!
Es wäre mir ja als Veranstalter peinlich, bei einer friedlichen Kundgebung was von implantierten Chips und „5 oder 6 G Netz“ zu hören, für bargeldloses Zahlen und „ohne QR Code kein Konto zu bekommen“. Spätestens da muss doch Schluss sein, weil damit wird die ganze Sache unglaubwürdig und persifliert sich selbst. Übrig bleibt ja nur der Störfaktor. Offenkundig nimmt man das in Kauf.
Ich akzeptiere, dass sich Patienten ungeimpft und selten auch nicht getestet mit Symptomen einer Infektionskrankheit vorstellen und selbstverständlich behandelt werden wie immer, der vorher nachzuholende Schnelltest war bislang nie ein Problem. Wöchentlich mehrmals entwickelt sich ein Gespräch und tatsächlich lässt sich der eine oder andere überzeugen. Doch der Stachel sitzt tief, das Thema spaltet Gesellschaft, Freundschaften und Familien.
Um diese Bande zu retten, muss das Thema ausgelassen werden, wie weit sind wir gekommen? Einer meiner sehr guten Freunde – mehrfach geimpft - droht die schwerst erkrankte ungeimpfte Mutter an Covid zu verlieren, man kämpft auf der Intensivstation um ihr Leben. Seinem Bruder ist das nicht Grund genug, sich endlich impfen zu lassen. Kann man so etwas verstehen?
Ich akzeptiere, dass viele frustriert sind und unter den Maßnahmen leiden. Diese sind ab dem Zeitpunkt nicht mehr notwendig, wenn die virale Bedrohung wieder abgenommen haben wird und das Gesundheitssystem wieder in den Routinebetrieb überführt werden kann.
Das zu erreichen ist das Ziel aller. Hygiene, Kontaktreduktion, FFP2 Maske und Tests sind die Basics, ändern aber an der Immunitätslage nichts. Demgegenüber steht der freie Durchmarsch des Virus, das je nach Variante derzeit einfach zu gefährlich, für zu viele Menschen tödlich ist und andere planbare Behandlungen auf Monate verzögert. Bleibt die Immunität durch Impfung, das ist die ganze Argumentationskette, so einfach ist es!
Wer es nicht verstehen will, trägt dazu bei, dass die keineswegs unumstrittene Impfplicht kommt.
Bis dahin wünsche ich mir, nein, ich verlange, dass wir alle, die wir auf unterschiedlichsten Ebenen des Gesundheitssystems unseren Beitrag leisten, nicht bei unserer Arbeit behindert werden. Ich erwarte mir den gewohnten respektvollen Umgang und die Akzeptanz unserer streng nach der Wissenschaft ausgerichteten Tätigkeit.
Anonyme Zettelpickerei ist zum Schämen!