Zeit.Raum, Slot I, Vol. 48#
Weihnachtenbringen#
(Schneewittchens Weihnachten im Walde, illustriert von Arthur Kurtz, 1860-1917)#
von Monika LaferDer Schriftsteller und Shakespeare-Forscher Adolf Gelber hatte für die Urania einen Märchenzyklus mit dem Titel Schneewittchens Weihnachten im Walde geschrieben. Arthur Kurtz gestaltete die Illustrationen. Inhaltlich ging es um das Leben der Königstochter bei ihren Freunden, den Zwergen – es galt Abenteuer zu bestehen, neben alltäglichen Aufgaben und Sorgen. Zwar knüpfte der Autor an dem bekannten Grimm’schen Märchen an, doch bot er seinem Publikum, Eltern und ihren Kindern, völlig neuen Stoff sowie Phantasiefiguren (goldenes Männlein, goldenes Doktorlein).
Die Weihnachtsgeschichte ist als Hörspiel dokumentiert, ihr Inhalt ist folgender: Eingangs wird die erste Begegnung der Zwerge mit der Königstochter erzählt, der älteste Zwerg Golo hatte das schlafende Schneewittchen erkannt. Danach wird zur Weihnachtsgeschichte übergeleitet: Schneewittchen brachte ihren Freunden, den Zwergen, das erste Weihnachtsfest in ihre Behausung. Die Zwerge holten ein Tannenbäumchen, den Rest der Überraschung erledigte Schneewittchen allein. Als dann das Glöckchen erklang, standen die sieben Zwerge vor Staunen und Rührung ganz stumm um den leuchtenden Baum. Schneewittchen hatte für jeden ihrer Freunde Geschenke vorbereitet, doch auch die Zwerge waren diesbezüglich nicht untätig gewesen: Sie beschenkten Schneewittchen mit einer Torte, Bluse, Armband, Gruß von der Fee und ließen die Vöglein im Chor Stille Nacht singen.
Bereits Peter Rosegger hatte dieses Thema des Weihnachten-Bringens in seiner Erzählung Als ich Christtagsfreude holen ging (1897) behandelt. Möglicherweise hat Gelber Roseggers Idee in die Märchenwelt transformiert.
Das Werk wurde am 8.12.1906 an der Wiener Urania als Märchenvorlesung der Öffentlichkeit vorgestellt: Die musikalische Einleitung gestaltete die Pianistin Gisela Springer, Ludwig Bösendorfer überließ der Musikerin für diesen Auftritt einen Konzertflügel. Hofschauspieler Ferdinand Gregori und Elsa Galafrés wechselten sich bei den geplanten Terminen mit anderen populären Künstlern der Wiener Bühnen am Vortragstisch ab. Bereits Ende Dezember wurde diese Produktion der Urania als Erfolg bezeichnet.
1914 wurde das Werk gedruckt, es enthält Illustrationen – allerdings nicht von Arthur Kurtz, sondern Leopold Prinz hatte die Bilder zum Text geliefert. Insgesamt umfasste das Werk 52 Seiten. Ein möglicher Grund für den Wechsel der Illustratoren könnte in der Biografie Arthur Kurtz‘ zu finden sein:
Am 27.11.1913 starb seine Frau Antonia im Rudolfsspital in Bruck an der Mur, die Diagnose Rückenmarksentzündung könnte durchaus länger im Vorfeld Aufenthalte im Krankenhaus nach sich gezogen haben.
Die in den Matriken neben der Myelitis genannte Lungenentzündung dürfte letal gewesen sein.
Aufgrund der persönlichen Aufzeichnungen des Künstlers in Zusammenschau mit diversen Zeitungsberichten über Antonia Kurtz darf angenommen werden, dass das Paar eine sehr glückliche Ehe führte. Somit ist davon auszugehen, dass Arthur Kurtz vom Zeitpunkt der Erkrankung seiner Gattin in ihrer Nähe geblieben war und weder in Baden noch in Wien zugegen war, um sich mit der Überarbeitung seiner Illustrationen von 1906 zu befassen. Vermutlich war er trotz wirtschaftlichem Engpass emotional nicht in der Lage, ein derartiges Arbeitspensum zu bewältigen.
Auch sind 1913 und 1914 in den Fremdenlisten keine Einträge des Ehepaares Kurtz oder Arthur Kurtz als Gast in Baden bei Wien verzeichnet. Spärlich sind die Werke, die 1914 datiert sind. 1915 sah die Sache bereits wieder anders aus, wie diverse Zeitungsberichte und Gemälde belegen – offensichtlich hatte der Künstler wieder Kraft gefunden, um arbeiten zu können. Die Bildwerke von Arthur Kurtz sind als Mappe zur Gänze erhalten geblieben, es handelt sich um 44 Blätter mit identen Maßen, 66 x 50 cm.
Arthur Kurtz (1860-1917) und Augustin Kurtz-Gallenstein (1856-1916).
Zwei Künstler im Spannungsfeld zwischen Tradition und Aufbruch, 2022,
Verlag Sublilium Schaffer, Kumberg.
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