Zeit.Raum, Slot I, Vol. 52#
Das glückliche Gehirn#
von Monika LaferDer Ausschnitt eines bunten Wollknäuels ist stark vergrößert zu sehen. Es ist ein Bommel, der aus Wollresten gemacht ist und üblicherweise auf Hauben befestigt wird. Das Passepartout der Buntstiftzeichnung ist gestrickt – aufgrund der fehlenden Verfügbarkeit eines Papierpassepartouts.
Manche Leute meinten, die bunten Fäden erinnerten an Gehirnwindungen. Warum nicht?
Das wiederum rief in mir die Erinnerung an ein Buch wach, wo es um eine Theorie des glücklichen Gehirns ging – der Neurowissenschaftler Richard Davidson hatte hierzu umfassendes Studienmaterial ausgewertet.
Seine Analysen ergaben, dass es vier voneinander unabhängige neuronale Netze („Schaltkreise“) unser dauerhaftes Wohlbefinden steuerten:
- 1) Die Fähigkeit, positive Zustände aufrechtzuerhalten (am besten durch Liebe und Mitgefühl erreichbar)
- 2) Die Fähigkeit, sich von negativen Zuständen zu erholen (lustigerweise kann das in Punkt 1 genannte Können völlig unabhängig dieser Fähigkeit auftreten. Wie gesagt, völlig voneinander unabhängig)
- 3) Die Fähigkeit, sich zu konzentrieren und wirre Gedanken zu vermeiden (hier leisten viele Meditationstechniken gute Dienste)
- 4) Die Fähigkeit, großzügig zu sein (dieser Schaltkreis ist tatsächlich für nichts anderes zuständig – wir sind sozusagen bereits „ab Werk“ auf Kooperation angelegt)
Quelle: The Dalai Lama Trust, Desmond Tutu, Douglas Abrams, Das Buch der Freude, 2016, München, S.69ff.
Die Zeichnung hält einen Eindruck fest, der genauso flüchtig war wie ein Moment der Freude. Und doch ist es ein Ausgangspunkt für etwas geworden, mit dem ich mich länger beschäftigen wollte (die Arbeit daran hat Monate gedauert). Und auch die Frage, wie ich die Sache mit dem Passepartout lösen wollte, war zu beantworten. Keinesfalls wollte ich mich wieder über hohe Preise inklusive minderwertige Qualität der Rahmung ärgern. Der Leidensdruck war groß genug, dass ich intensiv über Folgerichtigkeit nachdachte und das Passepartout aus Sockenwolle in einem Stück strickte.
Währenddessen hatte ich genug Zeit, mich mit Davidsons vier Schaltkreisen auseinanderzusetzen – Stricken hat ja tatsächlich etwas Meditatives.
- Slot I: Monika Lafer (Übersicht)