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Ein Aquarell von Radenko Milak.
Ein Aquarell von Radenko Milak.

Kunst & Gegenwart#

(Gleisdorf, ein Moment)#

Von Martin Krusche#

Wo stehen wir? Welche Themen sind nach welchen Prioritäten wie angeordnet? Seit dem ersten Corona-Lockdown im März 2020 haben sich verschiedene Anlässe ergeben, den Status quo zu überprüfen und kulturpolitische Fragestellungen neu zu sortieren.

Ich hab in den letzten zwei Jahrzehnten stets gerne betont: Provinz, das bedeutet ja nicht provinziell. Diese Behauptung stützt sich auf zwei wichtige Möglichkeiten, die sich seit den 1970ern essentiell verändert haben. Individuelle Mobilität und neue Kommunikationstechniken.

Das war auch ein inhaltlicher Angelpunkt in meinem auf 20 Jahre angelegten Projekt „The Long Distance Howl“, das sich nun im 20. Jahr befindet.

Individuelle Mobilität und Kommunikationstechniken… Ab den 1980ern haben wir begonnen mit Computern zu arbeiten, seit den 1990ern ist uns das Internet zugänglich. Die reale soziale Begegnung wurde dadurch nie überflüssig. Im Gegenteil. Durch die webgestützte Telepräsenz erschien mehr als deutlich, wie unverzichtbar die leibliche Anwesenheit an konkreten Orten ist.

Anfang 2022: Unruhe#

Diese Tage bieten mir gerade die merkwürdige Verdichtung einiger Momente, in denen ich über Kunst & Gegenwart womöglich etwas radikaler nachdenke als unmittelbar davor. Das handelt von einem Erkunden aktueller Notwendigkeiten und Möglichkeiten in einer erschütterten Gesellschaft. Man könnte sagen: Was für eine interessante Aufgabe!

Ich habe in den letzten Jahren gerne behauptet, steirische Kulturpolitik sei nicht reformierbar, sie bedürfe völlig neuer Ansätze. Das komme vor allem aus einem eklatanten Mangel an öffentlichen kulturpolitischen Diskursen über wenigstens zwei Jahrzehnte. Bestätigt sich das? Hat sich das verändert? Meine Generation hat da schwere Defizite entstehen lassen.

Gegenwartskunst: mit Kunsthistorikerin Monika Lafer im Gefüge zwischen Theorie und Praxis. ( Kontext )
Gegenwartskunst: mit Kunsthistorikerin Monika Lafer im Gefüge zwischen Theorie und Praxis. (Kontext)
Volkskultur in der technischen Welt: mit Norbert Gall (Head of Marketing Lithoz) auf Alteisen-Tour. ( Kontext )
Volkskultur in der technischen Welt: mit Norbert Gall (Head of Marketing Lithoz) auf Alteisen-Tour. (Kontext)

Das konkrete Setting#

Die erwähnte Verdichtung einiger Momente… Ich gehe von meiner eigenen Arbeitspraxis aus, denn da sind die Dinge für mich konkret, sind greifbar, sind unmittelbar verantwortbar. Vor dem Hintergrund der Gleisdorfer Unruhe, den allwöchentlichen Protestkundgebungen in der Stadt, die seit Monaten abgehalten werden, hat Gleisdorf mit Karl Bauer erst kurz einen neuen Kulturreferenten. Der stellt nun Orientierungsfragen. Das korrespondiert mit Aktivitäten auf der Landes- und Bundesebene, um kulturpolitische Weichenstellungen für dieses Jahrzehnt zu begründen und einzuleiten. Da kann ich mit meinen aktuellen Fragen andocken. Ich sehe rund um meinen kulturpolitischen Standpunkt derzeit folgende Themenfelder:
Gleisdorfs Kulturreferent Karl Bauer.
Gleisdorfs Kulturreferent Karl Bauer.
  • Optionen, die im Gleisdorfer Rathaus verhandelt werden: Politik und Verwaltung = Karl Bauer und Gerwald Hierzi.
  • Interessen einiger Leute vom Feld der Voluntary Arts, das sind Hobbykräfte. (Dabei eine völlig unklare Situation im „Kulturpakt Gleisdorf“ und ein völlig unscharfer Kunstbegriff.)
  • Optionen der jungen Leute, in der aktuellen Bearbeitung durch Carolina Sales Teixeira und Johanna Kienreich. (Die Jungen haben hoffentlich andere Intentionen und Prioritäten als wir Alten und sollten das für sich bearbeiten können.)
  • Fragen zur Dimensionen der Gegenwartskunst: derzeit Martin Krusche (Autor) & Monika Lafer (Kunsthistorikerin) mit aktuellen Überlegungen.
  • Optionen der Volkskultur (soweit sie nicht von der Unterhaltungsindustrie getragen wird) in zwei Beispielen: Martin Krusche & Co. bezüglich der Klein- und Flurdenkmäler und bezüglich einer Volkskultur in der technischen Welt (nach Hermann Bausinger).
  • Mensch und Maschine in der Vierten Industriellen Revolution: Wissenschafter Hermann Maurer (TU Graz) und Martin Krusche.
  • Regionale Wissens- und Kulturarbeit jenseits des Landeszentrums: Martin Krusche in der mehrjährigen Kooperation mit den Bürgermeistern von Albersdorf, Hofstätten und Ludersdorf.

Modusfragen#

Da Vernetzung kein Inhalt, sondern ein Werkzeug ist, bliebe im Augenblick noch zu klären, welche konkreten Vorhaben über welche verantwortlichen Personen allenfalls vernetzt werden sollten und könnten, was aber – im Gegensatz dazu – autonom bleiben muß.

Außerdem eine besonders brisante Frage: Wie läßt sich bezahlte und unbezahlte Arbeit kombinieren, um verfügbare Ressourcen besser zu nutzen, ohne daß Eifersucht Projekte kippt? Wo Ehrenamt und Hauptamt ohne Abrieb verzahnt werden können, wird eine Effizienz möglich, die hilft, Ressourceneinbußen zu kompensieren.

Dabei nützt die Beachtung eines scheinbar widersprüchlichen Teils der Conditio humana: Wir Menschen wünschen uns im günstigsten Fall Autonomie und Zugehörigkeit. Dazu eine soziokulturelle Annahme, die meiner Meinung nach große kulturpolitische Relevanz hat: Ausnahmslos jeder Mensch hat kulturelle und spirituelle Bedürfnisse, pflegt diese entlang der eigenen Lebensbedingungen und der gemachten Erfahrungen. Wer das hierarchisch statt komplementär anordnet, stürmt kulturpolitisch ins 19. Jahrhundert zurück.

Der Ernst des Lebens in der Typographie (von links): Peter Moser (Vizebürgermeister, Ludersdorf), Richard Mayr (Fotograf) und Jörg Klauber (Grafikdesigner) im Finish zum Buch „ Wegmarken “.
Der Ernst des Lebens in der Typographie (von links): Peter Moser (Vizebürgermeister, Ludersdorf), Richard Mayr (Fotograf) und Jörg Klauber (Grafikdesigner) im Finish zum Buch „Wegmarken“.

Prioritäten?#

Für das Arbeitsjahr 2022 scheint vorrangig eine Klärung nötig, daß PR-Arbeit kein Synonym für Kulturmanagement ist, wie auch Kulturmanagement kein Synonym für Kulturpolitik ist. Es ist ferner klärungsbedürftig:
  • Welche (Themen-) Schwerpunkte bevorzugt die lokale Kulturpolitik?
  • Ist die Verwaltung gerüstet, das zu begleiten und zu verstärken?
  • In welchem Maß ist man im Rathaus bereit, das mit bottom up gesetzten Schritten zu verknüpfen, also Vorhaben aus der Zivilgesellschaft ernst zu nehmen?

Es bedarf daher gelingender Kommunikation zwischen Politik, Verwaltung und Zivilgesellschaft. Die Zivilgesellschaft stellt primäre Kräfte der Wissen- und Kulturarbeit. Da tun sich zwei Wege auf:

  • Politik und Verwaltung gehen darauf in einem kooperativen Modus ein.
  • Oder sie versuchen, das nach eigenen Interessen zu verwalten.

Hier besteht Klärungsbedarf, wohin die Reise gehen soll, in welchem Modus ein allfälliger Aufbruch Richtung 2030 stattfinden soll und wem dabei Definitionsmacht zugestanden/eingeräumt wird.

Ich, Martin Krusche, Autor und Akteur einer Wissens- und Kulturarbeit abseits des Landeszentrums, stehe dabei als Schlüsselperson für eine „Gang of Excellence“, also für einen kontrastreichen Kreis kompetenter Leute, die sich – je nach Themenstellung und gewählter Aufgabe – zu temporären Teams zusammenfinden. Das ist keine fixe Formation. Ein allfälliges Wir ergibt sich aus aktiver Anwesenheit und adäquatem Kommunikationsverhalten. Mein aktuelles Themen- und Arbeitsspektrum ist im Übergangsprojekt „Prisma“ (Eine Quest) zusammengefaßt.