Sicherungskopie, Episode XII: Labile Elemente#
(Etwas Provisorisches)#
von Monika LaferDer Bastelbogen ist nun aufgebaut und ebenso schief montiert, wie er an seinem Platz an der Brücke bei der Gliederwehr zu finden ist. Möglicherweise gibt das Fundament nach, vielleicht wird die Ursache im Rahmen der aktuellen Bauarbeiten gefunden und behoben. Oder es wird eine Art Stütze montiert. Vielleicht passiert auch gar nichts. Oder es wird etwas Provisorisches errichtet und dann passiert nichts mehr. Passt schon. Hält ja.
Und dann kommen die dafür Zuständigen abhanden - wie auf jener verlassenen Baustelle, die sich im Ortskern von Grado schon jahrelang in diesem Zustand befindet. Das Gerüst im Schatten ist beeindruckend, die Front ist verwittert und mit Kletterpflanzen überwuchert. Noch ist kein Ziegel vom Dach auf die flanierenden Touristen gefallen. Wie auch? Es gibt gar kein Dach, eine dicke Plane wurde stattdessen über die Ruine gespannt und mit Brettern und Schrauben fixiert.
Beim Bearbeiten dieses Motivs zu meinem Thema der städtischen Sicherungskopie fielen mir durchaus Parallelen zum Zustand unserer Gesellschaft im Kleinen wie im Großen auf.
Etwas ist in die Schräglage geraten? Ach, wird sich schon wieder einrenken. Noch ist immer alles vorbeigegangen. Wer sich zuerst bewegt, hat verloren…
Nun, es könnte wirklich umfallen und Schäden verursachen! Aber geh, immer mit der Ruhe. Wieso soll das denn ausgerechnet JETZT (= wo ich meine Ruhe haben will) sein? Schäden? Welche denn? Ach – halb so wild (= Ich hab dann noch immer eine trockene, warme Wohnung mit Internet, Fernseher, gefülltem Kühlschrank; außerdem zwei Autos in der Garage.)
Die Stützgerüste haben schon Jahrzehnte auf dem Buckel, vielleicht sollten wir uns langsam um die Basis kümmern, dass das Ding nicht in sich zusammenfällt? Geh, ned jetzt! Komm, geh weg! (= Das macht Arbeit!! Sei ned so lästig, mach’s doch selbst oder such dir jemand anderen. Bist echt hysterisch auf einmal.)
Das Wissen über Statik ist in der Architektur unerlässlich. Auch die Untersuchung der Bodenbeschaffenheit vor einem Bauvorhaben gelingt dank technischer Möglichkeiten immer besser.
Da frag ich mich, wieviel wissen wir über die Beschaffenheit unserer Gesellschaft? Kennen wir unsere geschichtlichen Wurzeln, sind wir mit den Geschehnissen vertraut – können wir lebensverachtendes Gedankengut und dessen Zeichen als solche identifizieren und gegensteuern? Und: wollen wir überhaupt?
…wegen der Stabilität warat’s…
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