Episode XIV: Begriffe I, das Fenster#
(Zur Kulturstrategie 2030)#
Von Martin Krusche#
Ich habe bei den ersten Konferenzen zur „Kulturstrategie 2030“ vor allem gestaunt, wie viel an Mitteilungen und wie wenig an Fragen zur Sprache kamen. Selten, daß jemand die verfügbaren Begriffe überprüft und angezweifelt hat. Es ist also alles klar? Weil oder obwohl wir in einem so grundlegenden Umbruch stecken? Oder sehe das nur ich so?
Semantik handelt davon, daß zwischen dem Bezeichneten und zwischen dem, womit wir es bezeichnen, ein allgemein verständlicher Zusammenhang besteht, den man in den meisten Fällen entschlüsseln kann. Mich beunruhigt ein zu hohes Maß an Fraglosigkeit in solchen Situationen immer.
Muß ich annehmen, die Veranstaltungen werden von einem Teil meiner Branche mißverstanden und dafür genutzt, sich dem Landeskulturreferenten möglichst nachhaltig zu präsentieren? (Insider munkeln, er werde der nächste Landeshauptmann sein.) Das wäre verständlich, ist aber nicht erklärter Gegenstand dieser Konferenzen.
Im Alltag haben wir beim Blick auf die Kommunen längst das Problem, daß vielfach wieder Protektion vor Kompetenz geht. So werden mancherorts Seilschaften zu anderen Zwecken als zu den erklärten Arbeitsinhalten gebildet. Falls wir das in Kunst und Kultur einreißen ließen, würden wir die Relevanz der Genres planieren und Zukunftsfähgkeit des Gemeinwesens belasten.
„Bereichs- und ressortübergreifendes Arbeiten“ bedeutet für mich, sich in Kulturschocks zu begeben, weil insgesamt allerhand Formationen auf dem Set aktiv sind, die ganz unterschiedliche Intentionen, Ziele, Codes und Methoden bevorzugen. Ich kann mich nur wundern, wenn da ein Prozeß nicht mit Fragen beginnt, sondern im Auftakt an einer Liste von Forderungen gearbeitet wird. Es ist also schon klar, wer wir sind und was wir wollen? Ein bemerkenswertes Wir.
- Alle Fotos: Martin Krusche