Zeit.Raum, Slot I, Episode XVIII#
Eine Frage der Perspektive#
von Monika LaferEin Rasenstück aus nächster Nähe, wir nennen hier die Position der Betrachterin/ des Betrachters Froschperspektive. Ein Dickicht, oder auch ein Netzwerk, das auf vielen Ebenen miteinander verbunden ist. Als Malerin sitze ich beim Arbeiten quasi mittendrin in der Szenerie, allein aufgrund der Maße des Werkes (90 x 150 cm).
Die Maße sind mit Bedacht gewählt, denn es geht darum, eine Perspektive erfahrbar zu machen. Ja, zum einen kann auch ein Rasenstück hochinteressant sein, und zum andern finde ich diese Position „mittendrin“ aktuell in der Gesellschaft sehr wichtig.
Zurufe aus der Vogelperspektive gibt es genug, vieles davon ist verzichtbar („Die sollen sich doch ergeben, die Ukrainer, haben eh keine Chance“, hört man immer wieder). Es geht doch vielmehr darum, was man in gutem Kontakt (mittendrin) mit seinen Mitmenschen für unsere Gesellschaft tun kann.
Möglicherweise sind wir alle gefordert, zusammenzugreifen. Das Delegierenversuchen („Ich bin so klein und kann ja eh nix tun. Sollen doch die anderen was machen, die mehr Geld haben/schöner/stärker/gescheiter sind“) und Schimpfen auf „die da oben“ produziert möglicherweise nur mehr von Unbrauchbarem, nämlich wenig konstruktiven Ideen.
In Betrachtung von Rasenstücken und der Natur im Allgemeinen habe ich immer wieder folgendes probiert: Reinsetzen ins Gras, aufstehen, beobachten, wie sich die Gräser wieder aufrichten. Das Ganze funktioniert dynamisch, immer wieder in neuer Anordnung – sie richten sich gemächlich als Kollektiv wieder auf. Vergeblich habe ich den Halm gesucht, der vermittelt: „Du bist auf mich raufgestiegen. Jetzt kannst du mich mal. Bin kaputt.“ und bricht einfach ab. Hab ich nie gefunden. Auch nach der -zigsten Wiederholung des Versuchs: Nix, keiner hat w.o. gegeben.
Außerdem war ich auf der Suche nach folgendem Exemplar: Hochschnellen, sich im Licht sonnen und ungeduldiges Antreiben der zum schnellen Aufrichten Unfähigen, eventuell Zurufe, wie es sowieso kinderleicht zu machen wäre. Auch hier: nicht existent. Kein narzisstisch gestörter Halm in den Gräsern.
Bevor es nun so aussieht, als ginge es um die „heile“ Natur, von der man ja so unendlich viel lernen könne – das ist nicht mein Thema. Ich befasse mich mit jenen Naturerscheinungen, zu denen ich einen selbstverständlichen Zugang finde. Sie interessieren mich und daher will ich mehr über das Entdeckte erfahren. Das bearbeite ich mit meinen Mitteln der Kunst, in diesem Fall der Malerei, um es so zu analysieren. Dabei ergeben sich Schnittpunkte mit relevanten Themen – in diesem Fall war es ein Rasenstück in Stupizza (italienisch-slowenisches Grenzgebiet), dessen „Netzwerk“ mich fasziniert hat.
Es hat mich im Laufe der Arbeit auf das Thema der Perspektive gebracht, das aktuell gesellschaftspolitisch sehr wichtig ist. Um mein Anliegen als Frage zu formulieren: Wie können unsere Positionen aussehen und gelebt werden, damit wir unser Gemeinwesen stärken?
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