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Monika Lafer: Kircheninnenraum (Dom zu Siena), 2022, 80 x 60 cm, Buntstift auf Papier
Monika Lafer: Kircheninnenraum (Dom zu Siena), 2022, 80 x 60 cm, Buntstift auf Papier

Zeit.Raum, Slot I, Episode XIX#

Eine Frage der Perspektive, Teil 2 oder: Auf die Knie!#

von Monika Lafer

Die Zeichnung eines Kircheninnenraumes, nicht naturgetreu: Manches wurde vereinfacht, einiges weggelassen, die Farben sehen „in echt“ (wie mein Sohn sagen würde) anders aus. Mit Sicherheit wird jede Besucherin/ jeder Besucher des Doms in Siena auf seine Weise wahrnehmen und somit würde keine Beschreibung einer anderen gleichen.

Gerade diese Kirche bietet seinem Publikum viele zusätzliche Perspektiven: Man kann die ehemaligen Werkstätten hoch oben unterm Dach besichtigen, ein Laufgang im Außenbereich direkt unter der Kuppel ist allen zugänglich. Auch die Krypta, das Dommuseum und natürlich der liturgische Hauptraum kann in Ruhe besehen werden.

Nun wissen wir um die Verschiedenheit der menschlichen Wahrnehmung, auch wenn dieses Wissen nicht immer in unseren Alltag einfließt: „ICH bin im Recht!“ Man lässt sich möglicherweise nicht mehr auf eine abweichende Auffassung ein, ein veränderter Standpunkt zur Sicht der Dinge ist somit sowieso ausgeschlossen. „DU musst dich entschuldigen!“ Ja, klar: Jeder fühlt sich gerne klein, vor allem, wenn überhaupt nicht geklärt ist was eigentlich Sache ist.

Im Hauptschiff des Domes von Siena zu stehen, ist eine überwältigende Erfahrung. Als Mensch ist man allein aufgrund der Physiognomie klein im Vergleich zu diesem imposanten Bauwerk. Aber mich hätte dieser Umstand nicht abgeschreckt, Richtung Dach oder in den Keller zu gehen. Im Gegenteil, es hat mich neugierig gemacht.

Komischerweise passiert das im Alltag nur selten, es läuft eher so: Man gewinnt den Eindruck, klein zu sein (weil: Anschuldigung mit dezenter Dramakeule im Hintergrund) und lässt sich tatsächlich kleinkriegen (zerknirschtes „Entschuldigung“, damit Ruhe ist). Selten passiert das: „Wirklich? Lass uns klären, was da los ist!“ Dann führt man ein besonnenes Gespräch. Wenn Emotionen hochgehen, dürfen sie das, um abschließend wieder zur sachlichen Ebene zurückzukehren.

Am Ende könnte es sein, dass jede Wahrnehmung und auch Perspektive weder komplett falsch oder richtig sind. Möglicherweise haben alle Recht. Vielleicht ergibt sich sogar eine Lösung. Oder man ist sich einig, dass man sich eben nicht einig ist. Auf jeden Fall ist es ein gewachsenes Friedensangebot. Und kein erzwungenes: „Erst entschuldigst du dich, dann sehen wir weiter!“ oder übersetzt „Auf die Knie!“




Unten von links: Blick aus dem Laufgang unter der Kuppel, Blick nach oben aus der Krypta und Blick von oben ins Hauptschiff.

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Die Werkstätten unterm Dach

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