Zeit.Raum, Slot I, Episode XXIII#
Ethos, Logos, Pathos#
von Monika LaferDie drei Begriffe bilden das sogenannte rhetorische Dreieck des Aristoteles. Es zeigt die grundlegenden Bestandteile einer gelungenen Rede.
- Ethos meint das Auftreten, den Charakter der Rednerin/ des Redners – sie/ er muss glaubwürdig sein, um das Publikum zu überzeugen.
- Logos ist der Inhalt eines Vortrags – glaubwürdige Argumente, fundierte Rechercheergebnisse und Fakten sind hier gemeint. Sie müssen immer nachvollziehbar sein.
- Pathos weckt die Gefühle der Zuhörenden - die Rede wird nur dann aufgenommen, wenn sie auch emotional berührt.(1)
Und alle drei Elemente sollten ausgewogen anzutreffen sein. In einigen Bereichen des kulturellen Lebens konnte man in den letzten Jahren eine deutliche Schieflage innerhalb des rhetorischen Dreiecks wahrnehmen. Pathos expandierte auf Kosten von Ethos und vor allem Logos. Selbst wenn tatsächlich Inhalte präsentiert werden, liegt das Augenmerk auf der bühnenreifen Performance und den anschließenden Adabei-Selfies. Was war das Thema des Abends? Ähem,… tja,… wart amal…. Hey cool, kann ich auch noch einen Schluck vom Prosecco haben?
Wie kommt das alles? Ich habe mich des Themas zeichnerisch angenommen und festgestellt, dass Pathos irgendwann seine Kumpels Ethos und Logos überzeugen konnte, ihm bestenfalls als kleidsames Mäntelchen zu dienen:
Denn die Menschen brauchen Stories, Dramen und Zerstreuung. Man will sie nicht mit Seriosität und komplexen Fakten belasten. Wo bleibt denn da der Fun-Factor? Selbst denken? Keinesfalls! Billiges Entertainment als Gebot der Stunde! Man hat es sich verdient!
Und dann – die Menschen hatten ihre Zerstreuung bekommen, das selbstständige Denken und Recherchieren war unhandlich geworden, durch schwindende Konzentrationsfähigkeit und bei dieser Flut an allem. Von überall Zurufe, wo man dabei sein muss, was die Must-Haves der Sekunde seien,… wie soll denn da eine/r noch klar denken? Die Lösung? Man ist angefressen… auf alles. Und skandiert dann „wir sind wütend! Wir sind wütend!“ – der Wutbürger erblickte das Licht der Welt. Gut, er war da schon ziemlich erwachsen. Rein körperlich zumindest. Das kleidsame Mäntelchen mit verzerrten Inhalten und Glaubwürdigkeiten hängt funktionslos am Körper des Stinkefingerzeigenden. Wozu Inhalte, wenn man in der Emotion ohnehin unempfänglich dafür ist?
Und schließlich passiert dann das, was als Alptraum der Atheisten gilt: Man stellt als solcher fest, dass man Gott ist. Zumal ja alles und jede/r irgendwann unzulänglich geworden ist. Soll heißen: man entdeckt also sein Ego, dem man fortan huldigt. Vorbei sind die zornigen Tiraden auf eh alles. Man hat nun Besseres zu tun. Oder deutlicher: das Smartphone hat nun zu tun, um die Postings von Narziss dem Großen ins Netz zu hieven. Inhalte? Man selbst. Soll heißen: das Ego. Glaubwürdigkeit? Was für eine Frage… Die ehemaligen Inhalte und das korrekte Auftreten umwehen als unkenntliches Nichts den Mittelpunkt des Kosmos, der nun als Pathos die Bühne gekapert hat.
(1) Quelle- Das Fenster
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