Datenverarbeitung als Handwerk#
(Lochkarten und die IBM 1442)#
Von Franz Ablinger#
Aus der Zeit, als Datenverarbeitung noch ein Handwerk war! Da komme ich jedes Mal ins Schwelgen über die Choreographien und Abläufe, über die elektromechanische Feinwerktechnik und klugen Mechaniken, die zur gelungenen Verarbeitung von großen Datenmengen erforderlich waren. Und über die Geräuschkulissen. Datenverarbeitung war kein leises Handwerk.
Die vier Tage möchte ich bezweifeln. So ein Stapel ist an einem langen Tag eingelesen. Die gezeigten 5 MB sind allerdings vermutlich aus dem Jahr 1955, nicht 1966. Das Bild kenne ich in Zusammenhang mit dem amerikanischen SAGE-Luftverteidigungssystem. Die verwendeten einen IBM 711 oder 713 Kartenleser. Der las etwa 150 Karten pro Minute (cards per minute = cpm). Damit sind die Daten in knapp 7 Stunden eingelesen.
Eine IBM 1442, der Standard-Kartenleser und -stanzer im Jahr 1966, den ich auch noch erlebt habe, las übrigens etwa 400cpm, also 24.000 Karten pro Stunde. Selbst wenn ich Kartenhandling, Bandwechsel und Fehlerprüfung noch Zeit einrechne, komme ich auf einen guten Tag Zeitbedarf.
Es ließe sich noch spekulieren, dass dort deutlich mehr als 63.000 Karten gestapelt sind, weil in Programmtext nicht jede Zeile mit 80 Zeichen gefüllt ist. 5 MB wären also deutlich mehr Karten, das gesamte Ausmaß des Stapels könnte am Foto verschleiert sein...
Oder natürlich das Operating mit einrechnen. Mit dem reinen Lesevorgang ist es nicht getan. Das Eingelesene ließe sich auf ein Band oder eine Platte schreiben, dann wäre es so schnell wie angegeben. Wenn die Daten aber auch verarbeitet werden sollen, also etwa ein Programmtext übersetzt und ablauffähig gemacht werden muss, dann können schon mal vier Tage vergehen.
- Franz Ablinger ist Möglichmacher bei monochrom Propulsion Systems, LLC
- Hier sieht man das feine Maschinchen in Aktion: „1442 in operation“
- Mit Bezug auf "Die Dritte Industrielle Revolution" (Digitale Revolution)
- Die Mechanisierung der Welt (Übersicht)
- Der milde Leviathan (Journal und Diskursraum)