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Wann ist Kunst?#

(Den Fokus verschieben)#

von Martin Krusche

Wer an diesem Thema nur mäßig interessiert ist, wird in einem Gespräch eventuell fragen: Was ist Kunst? Damit läßt sich gut verschleiern, daß die Debatten darüber seit über zweitausend Jahren laufen und mit dieser Frage eher nicht faßbar sind. Solche Erörterungen führen seit jeher zu Neudeutungen, die man mit „Was ist Kunst?“ wegschalten, einengen kann, um dann die Nische der eigenen Vorlieben zu beleuchten.

Der Maler Radenko Milak bei unserem 2014er Kunstsymposion (Foto: Martin Krusche)
Der Maler Radenko Milak bei unserem 2014er Kunstsymposion (Foto: Martin Krusche)

Eine Diskussion über Kunst wird natürlich ganz gut bei individuellen Positionen beginnen können. Ich frage dann aber lieber: Wann ist Kunst? Dazu reiche ich eine Behauptung nach: Es gibt keine Kunst ohne Debatte über Kunst.

Ich kann selbstverständlich annehmen, daß die Kunst im Reich der Transzendenz existiert, ganz egal, ob sich Menschen damit befassen oder auch nicht. Aber das bleibt eine Glaubensfrage, respektive eine Angelegenheit der Philosophie, weil wir es praktisch nicht überprüfen können. Wozu müssen wir es dann überhaupt klären? Offenbar deshalb, weil dieses Thema uns Menschen seit Jahrtausenden sehr wichtig ist.

Ich gebe gerne zu, daß bemerkenswerte Kunstwerke ganz ohne einschlägige Debatten, ohne Kunstdiskurs, entstehen können. Doch erst in der Auseinandersetzung mit den Werken entstehen Vorstellungen, was wir mit dem Begriff Kunst meinen. Das hat einerseits mit individuellen ästhetischen Erfahrungen zu tun, andererseits mit dem Vergleichen von künstlerischen Arbeiten und der Diskussion darüber. (Vielleicht bedeutet das ja: erst waren die Werke, dann die Kunst.)

Im heurigen Jahr haben archäologische Funde belegt, daß die Menschen seit über 70.000 Jahren symbolisches Denken und künstlerische Praxis pflegen, also Prozesse, die zu ästhetischen Werken führen, welche wir nicht zur Alltagsbewältigung brauchen, die keinen praktischen Nutzen außerhalb ihrer selbst haben.

Daraus läßt sich ableiten, daß Menschen aus solchem Tun etwas beziehen, was man als seelische Qualitäten zusammenfassen mag, deren Wohltaten, wahlweise Qualen, auch körperliche Entsprechungen haben; wie etwa aktives Musizieren für Parkinson-Erkrankte günstig ist etc.

Ich leite aus diesen Zusammenhängen ab, daß jeder Mensch spirituelle und kulturelle Bedürfnisse hat, die auf individuelle Art ausgelebt werden. Das geschieht bei aller Vielfalt in höchst unterschiedlichen Qualitätslagen.

Aus derlei Antrieb handeln vermutlich alle Menschen, die kreativ tätig werden, und ziehen dann daraus, je nach Geschmack und Lebensbedingungen, ganz unterschiedliche Konsequenzen.

Ob dabei aber etwas entsteht, das im Zusammenhang mit Gegenwartskunst etwas gilt und Bestand hat, wird über Vergleiche und Debatten verhandelt, geklärt. Ohne diese Auseinandersetzung spielt die Markierung „Kunst“ ja gar keine brauchbare Rolle. Daher meine Bevorzugung der Frage „Wann ist Kunst?“