Freundlich bleiben!#
(Menschen und Maschinen in Koexistenz)#
von Martin KruscheUnter meinen Notizen von unserem Treffen im Haus Keiper finde ich folgende besonders interessant. Ich zitiere Thomas Rössler, der als CEO von „primesign“ keinesfalls zu romantischer Verklärung des Genres neigt.
Er sagte erst einmal, die KI sei ein sehr mächtiges Werkzeug und wir wüßten noch nicht so genau, wie damit umzugehen sei.
Zitat: „Ich meine es sehr ernst, wenn ich meinem Team sage: Seid’s freundlich zur KI!“ Weshalb? Rössler: „Die KI, das ist ein evolutionärer Prozeß.“ Das könnte in eine Richtung gehen, wo man mit miesen Manieren dann gegen Barrieren knallt.
Dazu paßt eine Feststellung von Forscher Heimo Müller: „Die KI kann eine Vorstellung von gesellschaftlichen Bedingungen bekommen.“ Man überhört es fast, wenn er sagt: „Wir brauchen eine KI, die vergeßlich ist.“
Unternehmer Jürgen Kapeller dazu: „Die KI sollte sterblich sein. So wie Hybrid-Pflanzen.“ Ich werde gelegentlich noch daran erinnern, wie das Philip K. Dick in seiner Romanvorlage für den Film „Blade Runner“ thematisiert hat. Nämlich die Sterblichkeit der Androiden, welcher diese zu entkommen versuchen.
Software Engineer Rijad Smajkan meint ganz unaufgeregt: „Die KI entwickelt sich viel zu schnell.“ Dabei hält er Rogue KI, die irgendwo gehostet werde, für ein großes Problempotential, „weil da dann niemand mehr Zugriff hat“. Er rechnet mit Piraten-Servern in Noman’s Land.
Rössler meinte: „Natürlich wird es Opfer geben. Aber diese Vorgänge mit technischen Neuerungen kennen wir ja.“ Sind wir nun auch bereit, uns diesen Potentialen zu stellen und uns strategisch zu rüsten? Immerhin weiß Europa aus den Weberaufständen und sozialen Konflikten im Gefolge der Industriellen Revolution, daß Maschinenstürmerei solche Probleme nicht löst.
Das bedeutet unter anderem. wir haben jetzt die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen für diese neuartige Koexistenz mit Maschinen zu klären, zu regeln. Rössler betonte dazu: „Nicht aufgeben und Werte vermitteln. Es wird ein neuer Mainstream kommen.“ Dabei unterstreicht er aber: „Die KI ist ein Mainstreamverstärker.“
Das zeigt sich etwa in einem Problem, welches Smajkan so zusammenfaßt: „Bei ChatGPT wird rund 60 Prozent der Rechenleistung für Filter verbraucht, um Rassismus etc. zu verhindern, weil davon so viel im Web kursiert.“
Zugleich meint Kapeller: „Die Nischen werden zunehmen und den Mainstream zerfleddern.“ Ich lese aus all dem einen zusätzlichen Appell heraus, der Gewalt durch Sprache entgegenzutreten und den Boulevard, der sich längst als digitaler Boulevard extrem verbreitert hat, über kulturelles Engagement zu bearbeiten.
Ich mache mir keine Illusionen, jemand könnte abstellen, was sich an Haß und Entgleisungen via Web ausbreitet. Aber kulturelle Nischen, politisches Engagement und das Klären sowie Etablieren geeigneter Reglements liegt offenbar als riesige Aufgabe vor uns; zumal schwer einzuschätzen ist, wie uns die USA und China dabei eher den Arm fallen oder mit Europa kooperieren. (Sieht im Moment nicht so gut aus.)
Die KI hat keine Identität, hat kein Realitätskonzept. Das ist offenkundig ein Bereich, für den wir Menschen uns in dieser neuen Koexistenz mit Maschinensystemen dringend engagieren müssen. Wissens- und Kulturarbeit ist ein Aspekt davon.
- Startseite: Künstliche Intelligenz: Round Table #1 (Am 7. März 2025 in Graz)
- Künstliche Intelligenz (Ein junges Assistenzsystem)