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Anita Keiper und Robert Fimbinger
Anita Keiper und Robert Fimbinger

Protokoll #18: Maschinenintelligenz#

(Archipel Gleisdorf)#

von Martin Krusche

Im Cockpit der Grazer Edition Keiper war jüngst via Social Media ein erhöhtes Aufkommen von Unmut festzustellen. Den Anlaß dazu lieferte eine Neuanschaffung im Büro. Anita Keiper und Robert Fimbinger hatte Rechenzeit einer KI gebucht, einer sogenannten „Künstlichen Intelligenz“, um zu erkunden, was so ein Werkzeug zum Geschäftsbetrieb beitragen kann.

Zu den Leistungen solcher Tools gehört unter anderem das Generieren von Texten und Bildern, das Korrigieren von Texten (Lektorat ist etwas anderes!) etc. Was ich auf Anhieb für eine junge Verwandte von Anita Keiper hielt, die nun im Betrieb voluntiert, erwies sich als eine Kreation der Software. (Nach eigenständigen Recherchen des Programms ist dieses „optimierte“ Model-Imago entstanden.)

Da waren andere Leute schlauer als ich, sahen auf Anhieb, daß dieses Geschöpf maßgeschneidert, aber nicht real ist. Weshalb die junge Frau „Kiki“ heißen darf, mag von Mensch oder Maschine bestimmt worden sein. Jedenfalls fragte jemand zum Beispiel: „Meint ihr das ernst? Oder übersehe ich die Satire?“

Da halte ich mich wiederum für schlauer, weil ich ein in die Jahre gekommener Bücherwurm bin. Text! Einen Satzteil des Features hielt ich für verräterisch. Zitat: „Wir freuen uns, unsere neue KI-Mitarbeiterin Kiki vorzustellen! Kiki zeigt eine unerschöpfliche Leidenschaft für Literatur und liest alles, was ihr zwischen die Finger kommt. Sie ist äußerst kommunikativ und hat auf jede Frage eine Antwort.“

Die von einer smarten Maschine generierte Keiper-Assistentin „Kiki“.
Die von einer smarten Maschine generierte Keiper-Assistentin „Kiki“.

Zu schön, um wahr zu sein, genauer: etwas zu platt. Auf jede Frage eine Antwort zu haben das paßt auf diese Software und mag pubertierende Teenager beschreiben, die auf Krawall gebürstet sind, doch für eine junge Assistentin in diesem Betrieb wäre das in der Öffentlichkeitsarbeit wohl kein bevorzugtes Argument.

Weshalb? Wie ich die Chefin einschätze, würde sie sich auch selbst mit so einem Feature (Allwissenheit) genau nicht hervortun, um ihre Kompetenzen zu unterstreichen. Da zählen in diesem Haus andere Qualitäten.

Eine der Reaktionen lautet: „Bitte nicht! Warum kann das nicht eine reale Angestellte machen?“ Darauf hätte ich freilich gefragt: „Welche Angestellte?“ Wie sich bei der Wirtschaftskammer erfragen ließe, sind über die Hälfte aller österreichischen Betriebe EPU. Das bedeutet: EinPersonenUnternehmen, die von ein bis zwei Leuten geschultert werden. Hier kannst du mit smarten Tools niemanden einsparen, sondern bloß einige Bereiche der nötigen Arbeit zügiger abwickeln.

Wer alt genug ist, wird sich erinnern, wie Taschenrechner den Rechenschieber abgelöst haben, wie eine Weile später programmierbare Taschenrechner sehr nützlich waren, die dann von Personal Computers abgelöste wurden. Smarte Werkzeuge, mit denen sich die verfügbare Arbeitszeit besser nützen läßt.

Ein Einwand wie „Und dann diese Kitschversion einer jungen, lesenden Blondine mit herzigen Tieren… Ihr könnt das besser ohne Ki!“ könnte so beantwortet werden: „Nehmt für eure PR-Arbeit besser einen schwergewichtigen alten weißen Mann. Jemanden mit kurzsichtigen Augen und dicken Brillen, einen wie den Krusche. (Wirklich? Aber nein!)

Worauf ich hinaus will?#

Wir befinden uns mitten in der Vierten Industriellen Revolution. Selbstlernende Systeme und Dinge, die eigenständig miteinander kommunizieren, sind längst in der Mitte der Gesellschaft angekommen. In der Genese smarter Werkzeuge haben diese einen Status erreicht, der uns zu Recht nicht ganz geheuer ist. Da besteht allerhand Klärungsbedarf.
Richard Mayr (links) und Hermann Maurer
Richard Mayr (links) und Hermann Maurer

Das ist auch ein Aspekt von Netzkultur, ist in der Wirtschaft und im Bildungswesen eine höchst brisante Realität, in Kunst uns Kultur zunehmend wirksam. Als Fotograf Richard Mayr und ich an jenem Tag das Verlagsbüro verließen, waren wir mit Anita Keiper und Robert Fimbinger übereingekommen, daß wir uns im Sommer mit einigen sachkundigen Menschen an den großen Tisch setzen werden, der bei Keiper ein Zentrum markiert.

Das ist ja guter Stoff für die „Konferenz in Permanenz“, weshalb Mayr und ich am selben Tag noch mit Informatiker Hermann Maurer auf ein Gulasch und ein Bier gingen. Der Wissenschafter ist Emeritus an der TU Graz und mit der gesamten Entwicklung dieser Technologie vertraut. Wir werden mit ihm und einigen Kulturleuten erörtern, was uns da auf der Höhe der Zeit begegnet und was das für verschiedene Genres des Kunstfeldes bedeutet.

Fußnote#

Sie merken am Titel „Maschinenintelligenz“, daß ich den Begriff „Künstliche Intelligenz“ meide. Der assoziiert mir viel zu sehr ein smartes Werkzeug mit menschlicher Intelligenz, von der ein Bonmot besagt: „Damit wir genauer wüßten, was das ist, müßte sie sehr viel simpler sein, weshalb wir dann zu blöd wären, es zu verstehen.“

Ich will nicht ausschließen, daß ich meine Ansicht einmal revidieren muß. Aber bisher ist für mich noch sehr gut unterscheidbar, was die Conditio humana sei und was eine Maschine ist, auch wenn man „Turing Tests“ ersinnen kann, die einen das bezweifeln lassen.


Bild 'KI.wirkt.mit.500'