Hausverstand und andere Disziplinen#
(Am Rande der Pöbel-Kultur)#
von Jürgen KapellerEs ist immer befremdlich, wenn die Welt mit Begriffen um sich wirft, zu denen es weder einen common sense of understanding gibt, noch scheint vielen die Basis der Begriffswelt überhaupt hinreichend eindeutig definiert zu sein.
Künstliche Intelligenz, oder wie es neugermanisch etwas treffender bezeichnet wird: "Artificial Intelligence", ist so ein Universalhammer, der aktuell alles totschlägt. Das Werkzeug für Alles und Nichts, das Universalgenie aus der Sammlung hauptsächlich unnützen Wissens namens Internet.
Die Begrifflichkeit allein schmerzt bereits. Intelligenz! Etwas, das jedermann zu erkennen und zu definieren vermag, egal wie blöd sie oder er ist. Abgesehen von etwas sperrigen Definitionen aus der Philosophie und der Anthropologie, welche man sehr leicht als rekursive und verzweifelt gescheiterte Selbstdefinition des Phänomens entlarven kann, bleibt dieser Begriff dem Gutdünken jeder einzelnen Person überlassen und entartet zur Willkür des Benutzers.
Einstein hat einmal ein einfaches Worträtsel erfunden, das mit ein wenig logischem Verstand und Systematik in kurzer Zeit lösbar ist. Dennoch sind nachwievor 95% der Menschen nicht in der Lage, das Rätsel überhaupt zu verstehen. Schroff formuliert erkennen somit 95% der Menschen nicht einmal das Wesen der Intelligenz und können sie somit auch nicht von Zufall oder Zauberei oder Übersinnlichkeit unterscheiden.
Intelligenz wird gemeinhin als Unterscheidungsmerkmal zur Tierwelt gesehen, obwohl man einzelnen Gattungen wie Schimpansen, Oktopoden, Delphinen oder Hunden eine rudimentäre Intelligenz in Form einer Spezialbegabung attestiert.
Dies dient vornehmlich der Selbstüberhöhung, um den willkürlichen Umgang mit allem Nicht-Humanoidem auf diesem Planeten zu rechtfertigen. Vielleicht ist das auch der Grund, dass wir gut eine Million Jahre nicht versucht haben, mit Menschenaffen zu kommunizieren, obwohl sie dem Durchschnittsmenschen intellektuell näher stehen als etwa die Taliban oder die Nazis oder der IS oder diverse Terrororganisationen oder diverse Kriegstreiber, Fanatiker aller Art udgl.
Wenn es also eine künstliche Intelligenz oder kunstvolle Intelligenz gibt, also eine geschaffene, erschaffene Intelligenz, dann impliziert dies, dass es eine auch nicht erzeugte Intelligenz gibt. Eine, die einfach da ist und schon immer da war. Vielleicht meint der Volksmund mit dem Begriff „Hausverstand“ diese allgegenwärtige banale Form der Intelligenz.
Allerdings darf man mit Recht anzweifeln, dass jener Verstand, welcher von Haus aus zur Verfügung stand, uns beispielsweise Flugreisen beschert hätte. Also bleibt nur mehr der Schluss, dass auch die uns mit Überheblichkeit erfüllende Form der Intelligenz etwas Gemachtes ist - in gewissem Sinn also ebenso artifiziell, wie man die KI versteht.
Daher scheint es mir angebracht von biologischer Intelligenz und maschineller Intelligenz zu sprechen. Das kennzeichnet auch sehr deutlich gänzlich konträre Eigenschaften. In der Biologie die von Existenzbedürfnis und Ich-Wahrnehmung universell angelegte Realitätskonstruktion. Im maschinellen Bereich das zweckoptimiert trainierte (starke, schwache KI) Datenkonvolut.
Ein Effekt, der sich daran orientiert, wie eine mathematische Gesetzmäßigkeit optimiert werden kann oder welche Antwort die statistisch häufigste Antwort wäre, die ein realer Mensch geben würde. Ein Simulator für menschliche Kommunikation wird dann als User-Schnittstelle draufgesetzt und kurioserweise als intelligent wahrgenommen.
Dass Simulation als intelligent interpretiert wird, ist kein Zufall. Es ist Teil unserer Pöbel-Kultur, die den Lautesten automatisch recht gibt, egal welchen Blödsinn sie absondern - siehe Covid- und Impf-Diskussion.
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