Protokoll #41: Wendepunkt#
(Über Transformationen nachdenken)#
von Martin KruscheEs gibt Momente, wo ich mich sehr konzentrieren muß, um aus einer Notiz keine Proklamation zu machen. Mir ist nach einer Reihe sehr anregender Gespräche klar, daß ich einen Ebenenwechsel haben will, vermutlich einen Konzeptwechsel in meinem Bereich der Netzkultur. Und wie das alles mit dem Geschehen im Realraum zusammenhängt.
Wäre nun festzuhalten, daß ich am Dienstag, dem 29. April 2025, mit Wisseschafter Hermann Maurer ein ausführliches sowie von Fröhlichkeit geprägtes Arbeitsgespräch hatte. Bei der Gelegenheit unterhielten wir uns unter anderem über die menschliche Auffassung von Kulturdenkmälern. Aber auch über eine Reihe von Begriffspaaren wie Zentrum und Provinz oder Nische und Boulevard.
Außerdem liegt da nun die Frage herum, wie man an einem konkret erscheinenden Zeitfenster erkennen könne, was eine Ära sei, womöglich eine, die grade zu Ende gegangen ist. Um es weniger kryptisch klingen zu lassen: Wir ordnen uns im Lauf der kulturellen Dinge ein. Maurer ist Emeritus an der TU Graz, hat den Achtziger schon hinter sich.
Zeitfenster#
Das bedeutet unter anderem, er schrieb als junger Informatiker einige Routinen für das „Mailüfterl“ von Heinz Zemanek. Der Mann hat demnach diese EDV Entwicklung miterlebt, stellenweise mitgestaltet. Vom allerersten transistorgesteuerten Monster auf Europas Boden, eben dem „Mailüfterl“, hin zu den selbstlernenden Systemen der Gegenwart. Ich bin seit 1985 damit befaßt und hatte meinen Einstig via Mupid, einem von Maurer uns seinem Team entwickelten System.Dieser Generation gehört auch Hagen Zurl an, den ich dieser Tage wieder getroffen hab; nachdem wir vor rund 20 Jahren das letzte Mal übers Leben und die Welt geplaudert hatten. Er ist Architekt, baut sich manchmal selbst ein Auto nach seinem Geschmack, oder eine Yacht. (Stichwort: „Gran Fiasko“.) In unserem jüngsten Gespräch kam ich drauf, daß er meinen Mentor, Altmeister Fredi Thaler, sehr gut kennt. Der ist ein Handwerker aus den historischen Puchwerken, welcher auch schon den Achtziger hinter sich hat.
Geradezu überflüssig zu betonen, daß jeder von ihnen derzeit an wenigstens einem Projekt arbeitet. Für mich sind diese sachkundigen Menschen unverzichtbare Diskussionspartner, weil sie jene enorme Entwicklung mitgemacht haben, die der Menschheit neue, nämlich radikale Erfahrungen beschert hat. Von der zweiten, über die dritte, in die vierte industrielle Revolution, und das in einem Tempo, das uns immer noch überfordert. Wir leben seit rund zweihundert Jahren in einer permanenten (und permanent beschleunigenden) technischen Revolution.
Konsequenzen#
Das alles hat nicht nur wirtschaftliche Konsequenzen, sondern auch soziale und kulturelle Folgen von enormem Ausmaß. Darüber war jüngst auch mit Redakteur Franz Neger vom Radio Steiermark (ORF) zu sprechen. Mit ihm teile ich offenbar eine geradezu obsessive Neigung zum Lesen, folglich zu Büchern. Es ist eine bis heute unübertroffene Möglichkeit, einerseits aus Informationen Wissen zu formen, andrerseits in die Poesie, in die Kunst rüberzugehen. (Zwei grundverschiede Erkenntnismethoden.)Unsere Radio-Session, gemeinsam mit Fotograf Richard Mayr absolviert, dürfte ebenso Folgen haben wie mein Gespräch mit Hermann Maurer. Was Hagen Zurl angeht, werden wir uns demnächst bei unserer zehnten Session zum Thema „Mythos Puch“ sehen, wozu ich auch Fredi Thaler und andere alte Meister sowie junge Virtuosen erwarte.
Sie ahnen, worum es uns geht? Um diese Gegenwart zu verstehen, haben wir es aktuell mit einer Menge Klärungsbedarf zu tun. Auf dem Boulevard hagelt es längst Antworten. Ich aber möchte erst einmal mit inspirierten Menschen erörtern: Was ist denn jetzt eine gute Frage?
- Zurück zur Startseite: Trail (Archipel Gleisdorf)
Weiterführend#
- Archipel im Radio (Die Sendung)
- Geist in der Maschine (Mythos Puch X)
- Fredi Thaler (Einer vom Fach)
- Industrielle Revolutionen (Ein kleiner Überblick)