Wasserstandsbelange#
(Was wir für selbstverständlich halten)#
Ich habe als Kind mit großem Staunen erfahren, daß der Mensch zu einem erheblichen Teil aus Wasser besteht. Das Leben kam aus den Ozeanen und unsere Körper haben diese quasi in sich eingeschlossen. Es heißt, daß der menschliche Körper bei der Geburt zu ungefähr 95 Prozent aus Wasser besteht. Wird man erwachsen, geht der Wasserstand in einem auf knapp 70 Prozent runter. Nun, im Altwerden, dürfte ich Richtung 50 Prozent tendieren.
Bei meinem kindlichen Faible für Abenteuergeschichten wußte ich damals bald, daß man weitaus länger hungern als dürsten kann. Und ich las in etlichen Büchern, daß man den Verstand verliert, wenn man mangels Süßwasser beginnt Salzwasser zu trinken. Aber ich habe mich bisher noch nie tiefer auf das Thema Wasser eingelassen. Das ändert sich gerade.
Regionale Markierungen#
Die Feistritz, Lafnitz, Raab, manch eine Safen, letztlich da und dort die Donau, zwischen all dem unzählige Bäche, Tümpel und Teiche, auch Staubecken; und die Altarme, abgeschnittene Mäander. Ich bin derzeit zunehmend fasziniert, was die uns umgebende Matrix der Gewässer bedeutet, was all das ausmacht.Erst wenn man in Geschichtsbüchern nachschlägt, wird einem bewußt, wie jung dieser Teil der Entwicklung ist: ausreichend sauberes Trinkwasser und eine effiziente Verarbeitung von Abwässern aller Arten.
Vielleicht ist Ihnen in Dokumentationen aus fernen Ländern aufgefallen, daß mancherorts die Menschen etliche Kilometer weit zu Fuß gehen müssen, um dann von einer Wasserstelle gefüllte Behälter mühsam nachhause zu tragen. Andere Berichte erzählen von Gegenden, in denen private Companies das Trinkwasser so teuer vermarkten, daß viele Menschen von solcher Versorgung ausgeschlossen sind, weil sie das Wasser nicht bezahlen können.
Unüberschaubar sind Nachrichten von den gesundheitlichen Schäden, die Menschen erlitten, weil Trinkwasser beispielsweise von Unternehmen verschmutzt wurden, wahlweise manche Kommunen schmutziges Wasser lieferten, um aus diesem Modus Profite zu ziehen.
Diese paar Sätze mögen als Kontrastmittel dienen, um zu verdeutlichen, welche enorme Annehmlichkeit es ist, unbeschränkt sauberes Wasser zur Verfügung zu haben. Ich denke, daß ich nicht übertreibe, wenn ich notiere: Sauberes Wasser ist ein Stück Paradies.
Fluten aller Art#
Gleisdorf ist stets einer Tendenz zu Überschwemmungen ausgesetzt gewesen. Was Hochwasser angeht, notierte Historiker Robert F. Hausmann in der 2022er Gleisdorf-Chronik: „Diese Bedrohung resultiert aus den topografischen Gegebenheiten, denn im Stadtgebiet treffen die Flusstäler von Raab, Rabnitz, Laßnitzbach, Gleisbach sowie Hofäcker- oder Greithbach aufeinander.“ Deren Wasser konnte bei Überschwemmungen mit einer Gegebenheit zusammenwirken, die Historiker Siegbert Rosenberger in „Leben im alten Gleisdorf“ folgendermaßen beschrieb:„Ebenso dringend war die Beseitigung des Schmutzwassers, das nun in immer größeren Mengen anfiel. Die Senkgruben, die von einigen darauf spezialisierten Bauern ausgepumpt wurden, erreichten ihre Belastungsgrenzen. Es gab sogar gar nicht so wenige Häuser, wo noch die „Fassl-Wirtschaft“ herrschte. Die Fäkalien wurden über große, im Keller aufgestellte Fässer mühsam entsorgt. Die Entleerungen waren meist in der ganzen Umgebung deutlich zu riechen. Fortschrittlicher waren schon die Hauskläranlagen, in denen die Abwässer in vier Kammern 'gereinigt' wurden und von der letzten mit Schotter gefüllten Kammer angeblich geklärt in den öffentlichen Kanal rannen, der dann in die damalige 'Cloaca maxima' Gleisdorfs, den Gleisbach, mündete.“
Dieses Problem war lange wirksam. Rosenberger: „Erst der Bau einer modernen städtischen Kanalisation, die im Jahr 1979 begann und mit dem Bau einer Zentralkläranlage im Jahr 1985 im Wesentlichen abgeschlossen war, machte diesem Missstand ein Ende.“ Und das gute Wasser?
Seitens der Stadtwerke Gleisdorf heißt es: „Die Trinkwasserversorgung in Gleisdorf ist durch Quellen und Tiefenbrunnen des Raabtals, des Grazer Beckens, des Weizer Berglands und des Hochschwabs gesichert. Die Hälfte des Wassers wird an die Bewohnerinnen und Bewohner Gleisdorfs abgegeben, die andere Hälfte von Betrieben bzw. Freizeitanlagen der Gemeinde genutzt. Ungefähr ein Viertel der jährlich verbrauchten Wasser menge in Gleisdorf können wir aus den eigenen Brunnen und Quellen aufbringen.“
Zur Vorgeschichte dieser Situation notierte Hausmann: „Obwohl immer mehr Haushalte an die Leitung angeschlossen werden konnten, blieb Wasser ein knappes Gut. Da eine Lösung im Stadtgebiet nicht in Sicht war, kam es 1972 zur Gründung des Wasserverbandes Oberes Raabtal, der eine schon im Jahr darauf eröffnete Transportleitung plante und errichtete, die Trinkwasser aus dem Kalkgebiet im Norden von Weiz entlang der Bahnstrecke nach Gleisdorf brachte.“ Und schließlich: „Im März 2005 folgte die Gründung des Wasserverbandes Transportleitung Graz-Hartberg unter Beteiligung der Stadtwerke Gleisdorf. Nach rund fünfjähriger Bauzeit konnte die mehr als 16 Millionen Euro teure Leitung Mitte 2010 ihrer Bestimmung übergeben werden.“
Im Zuge dieser Entwicklung gab es zahlreiche Eingriffe in die Flußläufe und eine fast endlose Serie von Baumaßnahmen. Ich blicke heute als Flaneur auf diese Gegebenheiten. Für meine weiterführenden Notizen zu diesem Thema richte ich den Blick erst einmal speziell auf den Gleisbach und auf einen Altarm der Raab den man bei der Firma Binder +co gut in Augenschein nehmen kann. (Dieses Gewässer heißt heute Mitterwiesenbach)
Von da aus werde ich gemeinsam mit Fotograf Richard Mayr eine Erkundung beginnen, im Rahmen derer wir die Raab von der Quelle bis zu ihrem Ende betrachten wollen, so manche Querverbindung nicht ignorieren werden. Das Thema korrespondiert ja unter anderem auch mit dem ganzen Bereich der Raumüberwindung. Es ist noch nicht so lange her, da konnten Massengüter nur auf Flüssen transportiert werden, weil unsere Straßen und Fuhrwerke dafür nicht geeignet waren. Da tun sich folglich allerhand Schnittstellen zu anderen Genres auf. Aber der Reihe nach...
- Wasserstand (Das regionale Netzwerk in ausgewählten Stationen)
- Fotos: Martin Krusche