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800 Jahre Nibelungenlied in Österreich und Süddeutschland (2000)#

Von Ernst Zentner

Nibelungenlied Handschrift, um 1220-1250
Nibelungenlied Manuskript C, Folio 1r, um 1220-1250; Donaueschinger Handschrift, Badische Landesbibliothek, Karlsruhe - Foto: Wikimedia Commons - Gemeinfrei

Um 1200 entstand im bayerisch-österreichischen Donauraum das eindrucksvolle Nibelungenlied. Es beinhält 39 Aventiuren und etwa 2.400 Nibelungenstrophen. Wer war der Verfasser? Die Literaturforschung vermutet einen namentlich nicht eruierbaren geistlichen Diplomaten am Passauer Bischofshof. Damals amtierte Bischof Wolfger von Erla (1191-1204). Er war als Kunstmäzen bekannt und bezahlte Walter von der Vogelweide einen teuren Pelzmantel.

Uns ist in alten mæren wunders vil geseit
von helden lobebæren, von grôzer arebeit,
von freude un hôchgezîten, von weinen un klagen,
von küener recken strîten muget ir nû wunder hœren sagen.

Wer der Dichter auch immer war, er kannte die wichtigsten Orte und Burgen entlang der Donau zwischen Süddeutschland, Österreich und Ungarn. Dazu kommt noch, dass manche Personen, wenn auch namentlich entstellt, tatsächlich existiert hatten. Allerdings stimmt die Chronologie mancher Ereignisse nicht immer mit den historischen Tatsachen überein. Siegfried der Drachentöter wurde zum Nationalhelden der Deutschen, aber erst im 19. Jahrhundert! Wodurch das - eher vielleicht österreichische - Nibelungenlied versehentlich zum deutschen Nationalepos avancierte. Bestimmte Themen wie etwa "Nibelungentreue" waren noch im 20. Jahrhundert modern.

Abgefasst wurde das Epos in der Sprache des Mittelhochdeutschen, eine sehr sperrige Sprache gegenüber dem heutigen Deutsch. Wodurch etliche in verständlicher Erzählprosa abgehandelte Wiedergaben für das Volk gedruckt wurden. Eine Notiz am Rande: In Kreuzworträtsel wird immer nach einer Frauengestalt aus dem Nibelungenlied gefragt, oftmals nur drei Buchstaben lang: "Ute"! Und was den Drachentöter anlangt ist das sehr leicht beantwortet.

Drei Fassungen haben sich erhalten (Bayerische Staatsbibliothek, Stiftsbibliothek St. Gallen und Donaueschinger Handschrift / Badische Landesbibliothek) und im 18. Jahrhundert wurde das Heldenepos wiederentdeckt.

Obwohl das Epos in einer hochmittelalterlichen Alltagssprache der gebildeten Oberschicht dargelegt ist, widerspiegelt das Drama um Liebe, Leid, Eifersucht, Hass sowie Habgier und blutige Vergeltung herumkonstruiert um einen im Rhein versenkten Schatz - dieser wird heute noch gesucht! - eher die Mentalität des Menschen entlang der Donau, einem ungestümen Fluss.

Im 19. Jahrhundert wagte sich das Musikgenie Richard Wagner an den ungeheuren Stoff, wobei er allerdings auch in seiner Zeit herausgegebene Literatur als Vorlage benützte. "Der Ring des Nibelungen" ist nur ansatzweise Überschrift bis heute unübertreffbarer Opernwerke. Auch ein Hitler erfreute sich an der Wagner-Version, und hatte den Mythos vor Augen, bis zum Untergang. Freude?

Klar, dass im 20. Jahrhundert Verfilmungen nicht ausbleiben konnten. In den 1920er Jahren schuf Filmkünstler Fritz Lang einen zweiteiligen unheimlich beklemmenden realistischen Monumentalfilm, der filmhistorisch bedeutend geblieben ist. Dieser beschwor den deutschen Mythos. Jahrzehnte später inszenierte Harald Reinl ein ähnliches farbenprächtiges - nicht fehlerfreies - zweiteiliges Spektakel (1966; Neufassung 1976), das parodistische Elemente enthielt. Eigentlich ein romantisches Liebesdrama. Im zweiten Teil "Krimhilds Rache" gibt es eine Textpassage, die Bezug auf das NS-Regime nimmt: "So ergeht es Männern, die einem Mörder die Treue halten".

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