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Barry Lyndon - Eine Filmbesprechung (1976)#

Von Ernst Zentner

In den österreichischen Kinos startete das neueste Werk des Filmgenies Stanley Kubrick. Nach dem kontroversiellen utopischen Schocker "A Clockwork Orange" (1971) und der Zukunftsvision "2001: A Space Odyssey" (1968) wagte sich Kubrick - nach "Spartacus" (1960) - wieder an ein historisches Thema. Die Handlung ist rasch erzählt. Ein junger Ire, sympathisch und ärgerlich zugleich möchte gesellschaftlich in der Welt des 18. Jahrhunderts - es war die Welt in der einst Maria Theresia, Friedrich der Große und König Georg III. von England regierten - gesellschaftlich aufsteigen, fällt über durch seine marinierte Übertriebenheit immer tiefer. In einer Welt, die von schwachsinnig erscheinender Ehre und Gier nach Geld als Macht zerfressen ist. Nach einem Duell glaubte Barry Redmond (Ryan O'Neal) seinen Gegner getötet zu haben, doch das war ein Irrtum, floh als Ire zur englischen Armee und kämpfte im Siebenjährigen Krieg. Den roten Rock tauschte er als Deserteur gegen den blauweißen Rock der Preußen. Arbeitete mit dem Chevalier (Patrick Magee) als Spion gegen die Preußen zusammen. Liebte die Frauen, heiratete die adelige und reiche schöne Lady Lyndon (Marisa Berenson), hatte mit ihr einen Sohn. Um einen Adelstitel zu erhalten, verprasste er zum Ärgernis seines Stiefsohnes Lord Bullingdon das Vermögen der Lyndons. Nach einem verfehlten Duell muss Barry Lyndon England für immer verlassen. Kubrick nahm für seinen phantastische Film - ein atemberaubendes Gegenstück zu seinen vorigen Filmen - den gleichnamigen Roman (1844) von W. P. Thackeray als Vorlage. Der Regisseur verzichtete auf die umständliche Ausleuchtung durch Kunstlicht und arbeitet mit einer Spezialoptik, die von Zeiss für die NASA entwickelt wurde bei dem vorhandenen Licht, vor allem Kerzenlicht, wodurch die beinahe wie barocke Gemälde wirkenden Szenen eine unglaubliche Echtheit ausstrahlen. Klassische Musik von Bach bis Mozart ergänzen sämtliche schön fotografierten Szenen. Duelle werden zu qualvollen Ereignissen der daran beteiligten Protagonisten. Schauspielerische Höchstleistungen, gewaltige Kostüme und interessante Schauplätze weist der Film auf. Der elf Millionen US-Dollar (etwa 220 Millionen Schilling) teure britische Film im Format 1,66 : 1 taucht den Zuschauer in eine Welt, wie sie vor über zweihundert Jahren existiert hatte - kurz vor dem Ausbruch der Französischen Revolution. Trotz vorgeblicher Langatmigkeit des dreistündigen Epos ein Kinoereignis, das zeitlos gültig bleiben wird. Ein Verzicht auf dieses wirkliche Kinoerlebnis, das erste wirkliche seit vielen Jahren, inmitten vieler mittelmäßiger bis einfallsloser Streifen, wäre ein entsetzlicher Frevel … und ehrlos.

Copyright Ernst Zentner 1976 (bis 2019 Unveröffentlicht)

Nachwort
Im ORF wurde dieser Film und ebenso "Clockwork Orange" meines Wissen nach nie gesendet. Immerhin sind sie als DVD, BluRay herausgebracht worden. - Ernst Zentner 2019

Weiteres Nachwort
Natürlich hat dieser Film vernachlässigbare kleinere Fehler, wie etwa ein bestimmtes Musikstück, das erst außerhalb des betreffenden Zeitrahmens komponiert wurde. Vor allem ist die englischsprachige Originalfassung sehenswert, darin wird sogar einige Filmminuten akzentfreies deutsch gesprochen. Wenn der fast dreistündige Film vorüber ist, wünscht man sich als Zuschauer, der Film würde noch weiter gehen. Es ist kein Action-Film im heutigen Stil. Das von Kubrick konzipierte Drama lebt von der Ruhe in der Zeit des 18. Jahrhundert, vom Spiel der Akteure umgeben vom Kerzenlicht …


Trailer (2016): https://www.youtube.com/watch?v=XjPSGuJskxM

Siehe bitte auch: AustriaWiki/Barry_Lyndon

Quellen

  • Filmprogramm
  • Beschreibung auf DVD oder BluRay, Hintergrundberichte
  • Werbematerial in Zeitungen
  • Trailer
  • Ergänzend noch Monographien über Stanley Kubrick
  • Eigene Interpretationen