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Cagliostro - ein Abenteurer aus Palermo#

Von Ernst Zentner

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Giuseppe Balsamo, später bekannt als Graf Cagliostro, Ölgemälde - Foto: Wikimedia Commons - Gemeinfrei
Im Gefängnis der päpstlichen Festung San Leo bei Urbino starb am 26. August 1795 Giuseppe Balsamo. Besser bekannt als "Graf Alessandro von Cagliostro". Dieser verkehrte als geistlicher Hochstapler in den hochadeligen Kreisen vor der Französischen Revolution.

Er wurde am 8. Juni 1743 in Palermo (Sizilien) als Sohn eines Kaufmannes geboren. Die Eltern - Pietro Balsamo und Felicita Bracconieri[1] - lebten in wirtschaftlich bescheidenen Verhältnissen. Kurze Zeit nach Giuseppes Geburt starb der Vater. Verwandte bestimmten über die weitere Erziehung des Jungens. Schließlich besuchte der Bub das hiesige Santa-Rocco-Seminar. 1756 kam er - 13jährig - zu den Barmherzigen Brüdern im 150 km entfernten Caltagirone (Südostsizilien). Der dortige Klosterapotheker weihte Balsamo in Kenntnissen der Alchemie (Goldmacherkunst), Chemie und Medizin ein. Anstatt die Mönchskutte anzuziehen widmete sich der junge Mann kleineren Diebstählen und Schwindeleien. Bald reiste er mit einem wohl griechischen Alchemisten in den Orient (Ägypten, Griechenland, Türkei, Malta).

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Lorenza (Seraphina) Feliciani, Gräfin Cagliostro, Kupferstich - Foto: Wikimedia Commons - Gemeinfrei
In Rom heiratete er am 20. April 1768 die bildhübsche Tochter eines Eisengießers: Lorenza Feliciani. Sie wurde auch Serafina genannt und galt als äußerst religiös. 1771 trat das Ehepaar erstmals unter dem Namen "Cagliostro" in London auf. Jener markante Name stammte aus dem Verwandtenkreis Balsamos.

Seit 1769 bereiste Cagliostro ganz Europa. Erfolgreich erwarb er Geld und Ansehen in vornehmen Kreisen (Warschau, Straßburg, London und Paris). Dank seiner naturwissenschaftlichen Belesenheit erfand er Zauber- und Heilgetränke. Nach entsprechenden Wunderkuren erreichte der "Zauberer" sogar glückliche Heilungen. Dazu verkaufte Balsamo ein Gebräu für ewige Jugend und Unsterblichkeit; er behauptete stolz, dass er bereits unter den Pharaonen umhergewandelt sei. Nebenbei beschwor der Magier während spiritistischer Sitzungen Geister und verstand es, die Zukunft aus einer Wasserkaraffe vorauszusagen. Cagliostro erwies sich offenbar als meisterhafter Illusionist und glänzender Märchenerzähler. Genauso beherrschte er die Kunst der Hypnose und Lorenza fungierte als sein Medium. Zeitgenossen berichteten, dass seine Stimme "wie eine in Trauerflor gehüllte Trompete" klang. Er besaß ein eindrucksvolles Aussehen und seine feurigen Augen deuteten Überzeugungskraft an. Ebenso meinte er, gar aus unedlen Materialien Gold und Diamanten erzeugen zu können. Mit sicheren Sinn zur Geschäftemacherei raffte er sich Cagliostro ein ansehnliches Vermögen zusammen.

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Kupferstich, um 1790 (?) - Foto: Wikimedia Commons - Gemeinfrei
In manchen ausgefallenen Aktionen diente seine attraktive Gemahlin als erotischer Lockvogel. Oftmals focht er lebensgefährliche Duelle aus. Ständig musste er - gemeinsam mit Lorenza - wegen seiner waghalsigen Betrügereien den Aufenthaltsort wechseln.

Balsamo stand den Ideen der Aufklärung offen gegenüber. Persönlich war er ein wissensdurstiger Mann, der sich im Monopol der alleinigen politischen Wahrheit glaubte und keine andere Meinung gelten ließ.

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Colorierter Kupferstich, um 1786 (?) - Foto: Wikimedia Commons - Gemeinfrei
Anscheinend trat er im Verlauf eines Londonaufenthaltes einer Freimaurerloge bei. Um 1775 gründete er eine eigene Freimaurerei nach ägyptischen Ritus (Aufnahme von Frauen; Okkultismus; Unsterblichkeit). Wegen seiner freimaurerischen Gesinnung wurde Cagliostro aus St. Petersburg, wo er vergeblich um die Gunst der Zarin Katharina II. der Großen hoffte, ausgewiesen (1780). Später verspottete ihn die Zarin mit einem alchemie- und freimaurerfeindlichen Theaterstück.

In Paris (um 1785) gründete er mehrere Logen, denen er unter seltsamen Titeln wie "Groß-Kophta" bzw. "Unbekannter Oberer" vorstand. Jedoch durch seine immer häufigeren und dreisteren Betrügereien streifte Cagliostro mehrmals die Gesetze. So verwickelte er sich in die "Halsbandaffäre" (1785/86),

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Das berühmte mit Diamanten besetzte Halsband - Foto: Wikimedia Commons - Gemeinfrei
welche die ahnungslose Königin Marie Antoinette belastete und das Ansehen des französischen Königtums devastierte. Als Vertrauensperson der habgierigen Gräfin de La Motte und des karrieresüchtigen Kardinals Rohan wurde Balsamo im Auftrag König Ludwigs XVI. verhaftet und in das Nobelgefängnis "Bastille" geschafft.
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Kardinal Louis René Édouard de Rohan-Guéménén. Von 1772 bis 1777 französischer Botschafter in Wien, seit 1779 letzter Fürstbischof des Bistums Straßburg - Foto: Wikimedia Commons - Gemeinfrei
Nach einem aufsehenerregenden Prozess gingen Rohan und Cagliostro als schuldlose Männer hervor und traten unter Jubel des Volkes den Weg in die Freiheit an (Gräfin La Motte erhielt lebenslänglich. Später gelang ihr die Flucht und sie starb in London). Allerdings er und seine Frau durften sich in Frankreich nicht mehr aufhalten.
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Jeanne de Saint Rémy (seit 1781) Gräfin de La Motte (Jeanne de St Remi de Valois comtesse de la Motte), Druck, spätestens 1786 - Foto: Bibliothèque nationale de France, Wikimedia Commons - Gemeinfrei

Sofort in Rom eingelangt (1787) begann Cagliostro - wie in Paris - insgeheim in der Villa Malta eine Freimaurerloge einzurichten.

Cagliostro hielt sich auch in Habsburg-Österreich auf. In einer zeitgenössischen Gazette finden sich folgende Hinweise:
"Der Wundermann Cagliostro, so in Gumpendorf [bei Wien!] sich eine Wohnung gemiethet, hat seine magnetischen Curen gratis angefangen, und hat grossen Zulauf." [9. Juni 1788, Reichspostreuter (18. Juli 1788)] - "Dem sich seit einiger Zeit in Noveredo aufhaltenden Grafen Cagliostro ist von Wien aus verboten worden, sich mit Curen abzugeben. Er ist hierauf nach Trient gegangen." [1. November 1788, Reichspostreuter (19. November 1788)]

Balsamo beabsichtigte nach Ausbruch der Französischen Revolution (14. Juli 1789) nach Paris zurückzukehren. Doch seine Gattin hielt ihn davon ab, weil sie das Flüchten und Reisen satt hatte.

Obendrein fürchtete Lorenza um ihr Seelenheil. Andererseits ertrug sie die außerehelichen Eskapaden ihres Gatten nicht mehr. Sie verriet ihn an die Inquisition (27. Dezember 1789). Lorenza verschwand in einem Kloster. Das Inquisitionstribunal verurteilte Balsamo, weil er versuchte Freimaurerlogen in Italien zu organisieren und wegen schwerer Ketzerei zum Tod durch das Feuer.

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Papst Pius VI., Kupferstich, um 1780 - Foto: Bibliothèque nationale de France, Wikimedia Commons - Gemeinfrei
Cagliostros Rednergabe brachte es zuwege, dass Papst Pius VI. diese harte Strafe in eine lebenslange Kerkerhaft umwandelte (1791).
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Die Festung San Leo bei Urbino - Foto: Howwi, Wikimedia Commons - Gemeinfrei
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Die Zelle Cagliostros. Heute ein Museum - Foto: Carlo grifone, Wikimedia Commons - Gemeinfrei
52jährig starb Cagliostro hinter meterdicken Mauern. Sein Leichnam wurde an unbekannter Stelle in ungeweihter Erde verscharrt. (Angeblich fanden Soldaten der napoleonischen Armee 1797 das Grab - jedoch es war leer ...)

Das Leben dieses außergewöhnlichen Abenteurers fand Aufnahme in Literatur (Schiller: "Der Geisterseher", 1787-89; Goethe: "Der Groß-Cophta", 1792; Alexandre Dumas d. Ä.: "Joseph Balsamo", 1846-51), Operette (Johann Strauß Sohn: "Cagliostro in Wien", 1875) und TV (Serie von André Hunebelle mit Jean Marais, FRA/D/AUT 1973) sowie Film ("Der Graf von Cagliostro" mit Reinhold Schünzel, AUT/D 1920 [Stummfilm]; "Cagliostro" mit Bekim Fehmiu, I 1975). Sogar ein Musical wurde vor einigen Jahren geschaffen.


[1]"Bracconiere" = ital. "Wilddieb", "Wilderer"

Ernst Zentner 1995 / 2021

Quellen

Älterer Lexikoneintrag
  • Eugen Lehnhoff / Oskar Posner: Internationales Freimaurer Lexikon. 1932, Seite 246-251

Cagliostro als Hauptfigur in Film und TV