Johann Wenzel Bergl - Ein angeblich vergessener Freskant des 18. Jahrhunderts#
Von Ernst ZentnerIn Frankreich brach mit dem Sturm auf die Bastille die Französische Revolution aus. Das Zeitalter der Aufklärung brachte erste Früchte. Ein halbes Jahr zuvor starb in der Januarmitte 1789 in Wien der angesehene Maler Johann Wenzel Bergl. Im Anhang der Wiener Zeitung gab es nur eine lakonische Notiz: Joh. Bergl, akademischer Maler, alt 70 J. am Spitalberg N. 10. Er hatte sich bei der Oberschicht einen Namen als vorzüglicher Freskant gemacht. …
In Österreich glanzvollsten Heldenzeitalter kam er zur Welt. Im Norden Böhmens, in Königinhof an der Elbe (Dvůr Králové nad Labem) und am 23. September 1719 - vor 300 Jahren. Damals regierte Kaiser Karl VI. behäbig und träumte von der Wiedererlangung seines Königreiches Spanien. Der Realpolitiker Prinz Eugen rang das Osmanische Reich nieder und ermöglichte der Monarchia Austriaca die größte Ausdehnung in Mitteleuropa und bis auf dem Balkan.
Nach den katholischen Usancen wurde das Kind auf die Namen Johann Baptist Wenzel Bergl getauft. Er entstammte einer Künstlerfamilie. Sein Vater Johann Wenzlaus Bergl arbeitete als Maler und Stukkateur. Er vermittelte auch an seinem Sohn eine erste künstlerische Ausbildung.
Von 1749 an besuchte Bergl die Wiener Akademie der bildenden Künste. In den Jahren 1754 bis 1757 stand als Rektor der Tiroler Paul Troger (1698-1762) vor, welcher den jungen Bergl unterrichtete. Dazu war er auch noch Schüler unter den Professoren Carl Josef Aigen (1685-1762, aus Mähren!) und den gleichaltrigen Josef Ignaz Mildorfer (1719-1775, aus Tirol). Troger war noch der traditionellen Barockmalkunst verpflichtet gewesen und inspirierte den jungen Böhmen.
Mit einem der größten Freskanten des Rokokos, Franz Anton Maulbertsch (1724-1796) verband ihn eine herzliche Freundschaft. Der um fünf Jahre jüngere Maulbertsch war auch sein Trauzeuge und Taufpate seiner Kinder.
Schon 1752 schuf Bergl ein Ölbild "Hiob auf dem Misthaufen" (Germanisches Nationalmuseum Nürnberg). Einer der großen Aufträge folgte in den Jahren 1758 bis 1759: Die Ausgestaltung des Langhauses der Stiftskirche Klein-Mariazell in Altenmarkt an der Triesting (Niederösterreich). Die Fresken verraten seine Unbeschwertheit im Umgang mit hellen und fröhlichen Farben, auch in der Visualisierung sakraler Themenkreise. Zumindest wurden dieses Arbeiten zu seinem Hauptwerk. In seinem Werk lag überhaupt eine angenehme Grundstimmung vor allem wenn bedacht wird in welcher Epoche diese künstlerischen Auffassungen verwirklicht wurden. Maria Theresia regierte seit 1740 und reformierte ihr Reich grundlegend. Wahrscheinlich war es auch eine Aufbruchstimmung in diesen Jahrzehnten, obwohl der Siebenjährige Krieg über Europa hereindonnerte.
Um 1762 oder 1763 malte er im Erzbischöflichen Schloss Ober St. Veit im Westen Wiens Wandbilder. Damals führte Nikolaus von Pacassi (Schloss Schönbrunn!) von 1762 bis 1777 eine Umgestaltung dieses Sommerschlosses durch. Wahrscheinlich hatte der damalige Abt Urban II. Hauer des Stiftes Melk diese Malereien bewundert und übergab Bergl einen Auftrag für die Freskierung der Innenräume des Melker Gartenpavillons. 1763/64 schuf der Künstler exotische Szenen aus der neuen Welt - sie sind eher phantasievoll ausgeschmückte Einzelheiten. Manches Tiergesicht erinnert eher an eines Menschen Gesicht. Doppelsinnige Denkart im Zeitalter des späten Barock und Rokoko. Nur zur Erinnerung: Im Hochbarock herrschte in allem Symmetrie. Danach begann alles asymmetrisch zu werden auch im Denken. Der Hauptsaal bekam auf der Decke den "Triumph des Lichtes". Fröhlichkeit und Helligkeit anstatt Andacht und tiefsinnige Deutung zeichneten teilweise diese Kunstwerke aus.
Danach arbeitete er im Schloss Pielach bei Melk (1766). Im Obergeschoss des Südtraktes befinden sich von ihm geschaffene bemerkenswerte Wandmalereien.
Noch im gleichen Jahr stattete er in der Wiener Amalienburg (neben dem Leopoldinischen Trakt der Hofburg) einige Räume mit seinen unnachahmlichen Szenerien aus.
Erst 1768 gab es wieder einen anspruchsvollen Auftrag, und zwar in der Wallfahrtskirche Maria Dreieichen bei Rosenburg im Waldviertel. Die Fresken in der Kirche widerspiegelten den Einfallsreichtum Bergls. Er nahm zwar die Bibel als Vorlage, gab aber den eigenen Gedanken den freieren Spielraum. So wäre der Harfe spielende König Davids, und dazu tanzt er noch eine Reflexion der Ausgelassenheit des barocken Menschen. Dazu wird die Bundeslade herbeigetragen. Der Jubel der Anwesenden überträgt sich auf den religiösen Betrachter.
Um 1770 durfte er einige Räume im Schloss Schönbrunn mit seinen exotischen und von Fernweh ausgestatteten Gemälden ausstatten. Für Maria Theresia wurde er ihr Lieblingsmaler.
Im Auftrag der aus dem Elsass stammenden Grafenfamilie Kletzel malte Bergl in deren Schloss Donaudorf nahe Ybbs ähnliche Landschaftsszenen (1773). Wegen des Kraftwerksbaues bei Ybbs-Persenbeugg wurden diese Fresken 1954 abgenommen und in das Schloss Laudon in Hadersdorf (Wien-Penzing) übertragen. Das Schloss Donaudorf wurde gesprengt.
Ein großer Auftrag war für Johann Bergl das Deckenfresko im Augustinerlesesaal, damals war das der Bibliothekslesesaal des ehemaligen Augustinerklosters neben der Wiener Hofburg. Der Raum wurde baulich erhöht und von Bergl von 1773 bis 1775 mit einem imposanten Deckenbild versehen. Das signierte und datierte Spätwerk des Künstlers enthält im Zentrum die vier Fakultäten (Medizin, Jurisprudenz - Religion, Philosophie), dann weiters sakrale und profane Allegorien inmitten weitschweifender Scheinarchitekur; dazu Porträts von Maria Theresia und Joseph II., dann noch Personifikationen von Kunst und Wissenschaft; dann noch der Parnass mit Apollo und die neun Musen, dann noch allegorische Figuren der Rhetorik, Dynamik und Mechanik; natürlich schweben noch Genien umher. "J(ohann Baptist Wenzel) Bergl 1775". Seit 1829 gehört dieser Saal der Hofbibliothek bzw. Österreichischen Nationalbibliothek.
Auch im Melkerhof in Wien-Innere Stadt arbeitete Bergl. In der ehemaligen Sala Terrena schuf er ein Deckengemälde (Putten mit Blumenkorb). Aber eine bemerkenswerte Leistung hinterließ er in der Kapelle. Auf dem Spiegelgewölbe hinterließ er ein illusionistisches Gemälde, das die "Glorie der Himmelskönigin" zeigt (1773).
1782 wurde er nochmals in das Stift Melk gerufen, wo er weitere Wandmalereien geschaffen hatte. In der Sommersakristei verfertigte er an den Schmalwänden die vier Evangelisten und in einem Kaiserzimmer machte er noch kleinere Arbeiten (elliptische Tugendbilder).
Resümee:
Natürlich schuf Johann Bergl verschiedene Kunstwerke. Doch das vorhin erwähnte schöpferische Werk soll die imposante Schaffenskraft des aus Böhmen stammenden Kunstmalers umreißen. Fast wurde er inmitten anderer Größen wie Troger, Rottmayr, beide Altomonte, Gran und Maulbertsch vergessen. Fast? Die in den vergangenen Jahrzehnten durchgeführten Restaurierungstätigkeit brachte die hohe Qualität des Freskanten Bergl so richtig zum Vorschein.
Johann Baptist Wenzel Bergl oder nur Johann Bergl war der absolute Meister der "hellen und freudigen" Illusionsmalerei im Spätbarock und im Rokoko.
Zeittafel
1789 Januar 15 Gest. Wien
In der Wiener Zeitung vom 24. Januar 1789 wurde er als "Joh. Bergl, akademischer Maler, alt 70 J. am Spitalberg N. 10" erwähnt. WZ Nr. 7 1789, Seite 177; Anhang der Wiener Zeitung
Er entstammte einer Künstlerfamilie. Der Vater Wenzlaus Bergl arbeitete als Maler und Stukkateur.
Bergl heiratete die Tochter des Dekorationsmalers Johann Bernhard Märsch. Acht Kinder.
Nun Bergl erhielt seine erste künstlerische Ausbildung durch den Vater. Seit 1749 Besuch der Wiener Akademie der bildenden Künste. Damals stand als Rektor Paul Troger vor. Schüler unter den Maler-Professoren Karl Aigen und Josef Mildorfer Schüler Paul Trogers
Freundschaft mit Maulbertsch
1762 bis 1763? Erzbischöfliches Schloss Ober St. Veit, Wien, Wandbilder
1763 bis 1764. Stift Melk, Gartenpavillon (von Franz Munggenast), Wand- und Deckenfresko
1766? Schloss Pielach (Melk?)
1768? Basilika Maria Dreieichen, Waldviertel, NÖ
Um 1770 Fresken in Schloss Schönbrunn (Kronprinzenzimmer/Berglzimmer); Lieblingsmaler Maria Theresias
1773 Wien-Innere Stadt: Melkerhofkapelle, Fresken im Auftrag des Stiftes Melk
1773 Im Auftrag der Grafenfamilie Kletzl im Schloss Donaudorf bei Ybbs (Berglfresken). Die Fresken wurden wegen des Baues des Kraftwerk Ybbs-Persenbeug abgenommen und 1963 in das Schloss Laudon (neben der Bibliothek übertragen) in Hadersdorf, heute Wien-Penzing (Das Schloss Donaudorf wurde 1954 gesprengt.)
1773 Wien. Hofkloster der Augustiner Barfüßer, einstige Klosterbibliothek, Deckenfresko - seit 1829 Lesesaal der ÖNB
Nach 1774 Wallfahrtskirche Dornau, Altenmarkt an der Triesting ("Via sacra"). Fresken. Nicht erhalten
Nach 1774 schuf Bergl für das ehemalige Zisterzienserstift Neukloster in Wiener Neustadt ein farbenprächtiges Deckenfresko im Bibliothekssaal
Bildteil
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Quellen
- Peter Otto, Johann Bergl. Phil. Diss. Universität Wien 1964
- Dehio Handbücher Niederösterreich, Wien u. a.
- AEIOU/Bergl, Johann Baptist Wenzel
- IMAGNO/Bergl, Johann, Baptist Wenzel
- AustriaWiki/Johann Baptist Wenzel Bergl
- geschichte wiki wien/Johann Wenzel Bergl
- OBER ST. VEITER SCHLOSS (Essay von I.-C Graupp [mit Abbildungen der Bergl-Fresken])