Funken#
Der 1. Fastensonntag heißt in Westösterreich Alte Fasnacht und beendet dort die Faschingszeit. Feuerbräuche an diesem Tag umfassten die Schweiz, Schwaben, Vorarlberg, oberes Inntal, Obervintschgau, sowie Orte von der Poebene über das Rheinland bis nach Nordostfrankreich und an der Nordsee. Neben dem Abbrennen des Scheiterhaufens ("Funken") gibt es in Tirol und Vorarlberg den Brauch des Scheibenschlagens. Holzscheiben werden an langen Stangen in die Glut gehalten, durch die Luft geschwungen und weggeschleudert, z.B. in den Tiroler Gemeinden Flirsch, Jungholz und Pinswang. Dazu rezitiert man für einzelne Personen Spott- oder Ehrenverse. Die älteste Nachricht aus dem Jahr 1090 bezieht sich auf einen durch den Brauch verursachten Brand des Klosters Lorsch (Deutschland).
In vielen Orten Vorarlbergs (z.B. Alberschwende, Schwarzenberg) bestehen eigene Funkenzünfte mit einem Funkenmeister. Ihre Aufgabe ist es, auf einer weithin sichtbaren Anhöhe tagelang einen riesigen Scheiterhaufen aufzubauen. Rund um einen hohen Stamm werden knapp einen Meter lange Scheiter aufgeschlichtet. Der Holzstoß, der verschiedene Formen haben kann, ist ca. 20 m hoch und hat einen Durchmesser von ca. 2 m. An der Spitze sitzt die "Funkenhex", eine mit Sprengstoff gefüllte Strohpuppe, die beim Verbrennen einen beachtlichen Funkenregen auslöst. Nachdem der Funken-Brauch im Zweiten Weltkrieg verboten war, erfreut er sich seit den fünfziger und sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts größter Beliebtheit. Kinder, Jugendliche, Männer, Feuerwehr und Musikkapelle beteiligen sich. Immer wieder kommt es vor, dass "Funken-Brandstifter" unterwegs sind, die den Holzstoß in der Nacht vor dem Fest anzünden. Seit 2010 stehen die Bräuche des Vorarlberger Funkensonntags auf der UNESCO-Liste des Immateriellen Kulturerbes.
2019 stellte die Hofstalder Funkenzunft aus Lustenau (Vorarlberg) einen Weltrekord auf. Ihr 60,65 m hoher Funken kam als „tallest bonfire“ („höchstes Lagerfeuer“) in das Guinness-„Buch der Rekorde“. 2024 wurde in Schruns eine Funkentanne zersägt. Anlass war offenbar, dass die Zunft auf die "Funkenhexe" verzichtet hatte. Die Figur, die beim Abbrennen explodiert und einen spektakulären Funkenregen auslöst, war vor einem Jahrhundert eingeführt worden, um den vor dem Abkommen stehenden Brauch attraktiver zu machen. Man habe sich nach Rücksprache mit Historikern zum Verzicht entschlossen, weil der "Hexe" zusehends menschliche Züge verliehen worden waren. So wurde sie 2023 in Vandans als "Klimakleberin"verkleidet, worauf Aktivisten er "letzten Generation" mit einer Anzeige reagierten.
Seit dem Jahr 2000 findet das Vorarlberger Funkenfest in Wien beim Lebensbaumkreis Am Himmel, Wien 19, in Zusammenarbeit mit dem Kuratorium Wald und dem Verein der Vorarlberger in Wien statt. Die Initiative des Funkenabbrennens in Wien geht auf den Politiker Karlheinz Kopf (*1957 Altach/Vorarlberg) zurück. Er ist auch der Obmann der 2013 gegründeten 1. Vorarlberger Funkenzunft in Wien.
Quellen:
Helga Maria Wolf: Österreichische Feste & Bräuche im Jahreskreis. St. Pölten 2003. S. 54 f.
Himmel
Weltrekord, publiziert 4.7.2019
2024
2024
Bilder:
Vorarlberger Funkenfest in Wien, 2013, 2015, 2016. Fotos: Doris Wolf
Siehe auch:
Heimatlexikon
Funken in: Verschwundene BräucheDas Buch der untergegangenen RitualeHelga Maria WolfBrandstätter VerlagWien2015