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Kerbholz#

Schweizer Alprechtshözer

Älter als schriftliche Aufzeichnungen, und international verbreitet, ist das Vermerken von Lieferungen bzw. Schulden auf einem geteilten Holzstab. Diese werden so eingekerbt, dass sie auf beiden Seiten sichtbar sind, wobei der Lieferant den einen, der Käufer den anderen Teil bei sich behält. Bei der Abrechnung müssen die Teile zusammenpassen. Zwischen Bauern und Handwerkern war diese Art der Verrechnung bis ins 20. Jahrhundert üblich. Die Redensart "etwas auf dem Kerbholz haben" kann sowohl "Schulden haben" als auch "ein Vergehen begangen haben" bedeuten. 

Auf dem selben Prinzip beruht der Rowisch (slawisch rovus - Kerbholz) der Burschen im Weinviertel (Niederösterreich), Burgenland, Kärnten oder Mähren, auf dem die Konsumation am Kirtag vermerkt wurde. Das "bändergeschmückte Kerbholz" besteht aus zwei ineinander gefügten Brettchen. Auf der einen Seite wird Wein, auf der anderen Bier aufgelistet. Von den Mädchen mit Maschen und Goldborten geziert, war der Rowisch zugleich eine Art Zepter und Ehrenzeichen des Anführers der ländlichen Burschenschaft.

Neben dem doppelten gab es das einfache Kerbholz, auf dem jede Leistung eingeritzt, geschnitten bzw. gefeilt wurde. Als "Klausenholz" dienten solche Zählstäbe in Tirol und Vorarlberg zur Kontrolle der Gebetsleistung der Kinder vor der Bescherung am Nikolaustag. Später vermerkte man die Gebete und "guten Taten" mit Strichlein in Heften, in die für eine bestimmte Anzahl zur Belohnung Oblatenbilder eingeklebt wurden.


Quellen:
Beitl: Wörterbuch der deutschen Volkskunde. Stuttgart 1974. S. 453
Werner Galler: Kirtag in Niederösterreich. St. Pölten 1984. S. 29
Lutz Röhrich: Das große Lexikon der sprichwörtlichen Redensarten. Freiburg/Br. 1992. Bd. 2/S. 831 f.

Bild:
Schweizer Alprechtshölzer im Swiss Alpine Museum. Aus Wikipedia Creative Commons Attribution 3.0 Gemeinfrei


Siehe auch:
Kerbholz in: Verschwundene BräucheDas Buch der untergegangenen RitualeHelga Maria WolfBrandstätter VerlagWien2015jetzt im Buch blättern