Mehlspeisen#
Die Süßspeisen gelten als jener Teil der Wiener Küche, "deren Hauptbestandteil nicht gerade das Mehl ist". Warme Mehlspeisen dienten als Fastenspeisen, es handelte sich um "ungezuckerte Koche und Obstspeisen" wie Grieskoch, Nockerl, Nudel, Strudel oder Schmarren. Die Mehlspeisköchin als Spezialistin trat um 1800 auf. Sie fertigte süße Nachspeisen und Teebäckerei.Damit überschnitt sich ihr Tätigkeitsbereich mit dem Beruf des Zuckerbäckers (Konditor). Dazu schreibt Franz Maier-Bruck im Großen Sacher Kochbuch: "In beiden Reichen aber, in dem der Mehl- und der Süßspeisküche, in der warmen und der kalten, spiegelt sich ein Stück Kultur- und Völkergeschichte wider: tschechische, ungarische, arabische, italienische, spanische, polnische, französische und englische Bezeichnungen in der Wiener bzw. in der österreichischen Mehlspeisküche sind Zeugen dieses Jahrhunderte alten Austausches."
Backpulver wurde im 19. Jahrhundert erfunden und ab 1893 durch Oetker in Kleinpackungen verkauft, zuvor verwendete man vor allem Germ als Triebmittel. Zu den traditionellen Mehlspeisen aus Germteig zählen Schmalzgebäcke, Strudel und Kuchen. Die "süßen Speisen und verzuckerten Trachten" fanden sich auf den barocken Festtagstischen der Adeligen. Wie bei den Pasteten
legte man auf künstlerische Aufbauten Wert. Gebäude, Figuren und Springbrunnen bildeten die süße Szenerie.
(Rohr-)Zucker blieb lange Zeit ein Luxusgut. Nach dem Sieg des billigen Rübenzuckers etablierten sich im 19. Jahrhundert Konditoreien, womit zunächst der Backraum des Zuckerbäckers gemeint war. Mehlspeisen wurden Massenartikel, Köchinnen und Hausfrauen fanden im Kochbüchern Rezepte oder erfanden selbst neue. Diese waren wesentlich von der Entwicklung der Herde und Backrohre abhängig. Um 1800 gab es (gemauerte) Sparherde mit Backöfen, Mitte des 19. Jahrhunderts "Kochmaschinen" aus Metall, bei denen man die Hitze besser regeln konnte. Erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts kamen Kombinationen aus Heizofen und Kochherden mit eingebauten Backrohren, Aufsätzen zum Backen und Braten auf den Markt.
Franz Maier-Bruck unterscheidet im Großen Sacher Kochbuch in einem umfangreichen Kapitel warme (Strudel, Knödel, Tascherl, Nudeln, Pudding, Auflauf, Koche, Schmarren, Palatschinken, Schmalzgebäck) und kalte Mehlspeisen (Kaffeegebäck aus Germteig, Butterteig, Brandteig, Mürbteig, Sandmasse, Biskuitmasse, Teegebäck, Käsebäckerei, Torten, Schnitten und Rouladen).
Quellen:
Franz Maier-Bruck: Das Große Sacher Kochbuch. München 1975. S. 485 f.
Wikipedia: Herd (Stand 3.3.2024)
Bild:
Wiener Weihnachtsmehlspeisen: Lebkuchen, Bischofsbrot, Witwenküsse, Vanillekipferl. Foto: Helga Maria Wolf, 2008