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Helga Maria Wolf

Ostern #

Foto: Doris Wolf
Foto: Doris Wolf

Nur einmal im Jahr dürfen Laien in der Sonntagsmesse aus dem Evangelium lesen: Am Palmsonntag wird die Passionsgeschichte mit verteilten Rollen vorgetragen.

Dieser Brauch erinnert an geistliche Schauspiele, die vor Jahrhunderten in der Karwoche üblich waren, um Leiden, Sterben und Auferstehung Jesu dem Volke sinnfällig näher zu bringen, um es zum Mitgefühle anzuregen und zur Teilnahme mit dem Gemüte zu bewegen, wie der Musikwissenschaftler Josef Mantuani (1860-1933) formuliert hat.

Als weitere Beispiele solcher Rituale nennt er Trauermette, Fußwaschung, Grablegung, Passionssingen und Auferstehungsfeier, die besonders die Klöster pflegten. Das alles war eine logische Reihe von liturgisch-dramatischen Handlungen und Gesängen, die, obschon lateinisch, dem Volke verständlich waren, weil sie ihm in Predigten und Katechesen erklärt wurden. Die liturgische Auferstehungsfeier bildete den Ausgangspunkt für Passions- und Osterspiele. Seit dem 12. Jahrhundert bestehen schriftliche Überliefungen, wobei, wie der Forscher feststellte, Österreich einen überaus bedeutenden, um nicht zu sagen, entscheidenden Anteil hatte. Allein in Niederösterreich fand er sieben Belege.

"Wen sucht ihr ?"

Ein Schatz der Stiftsbibliothek ist das Klosterneuburger Osterspiel, ein durchgehend gesungenes Musik-Drama über Jesu Tod und Auferstehung, das die Geistlichen ab etwa 1204 zu Ostern in der Stiftskirche aufführten. Ihre Nachfolger schließen nicht aus, dass Herzog Leopold VI. die Uraufführung miterlebte, während er in Klosterneuburg residierte. Dieses Osterspiel enthält die älteste Version des Kirchenliedes „Christ ist erstanden“.

Foto: Doris Wolf
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Osterspiele waren die ersten geistlichen Spiele des Mittelalters. Am Beginn der liturgischen Feier stellten sie den Gang der trauernden Frauen zum Grab dar, die zu den ersten Zeugen der Auferstehung werden sollten. Anders als in der biblischen Überlieferung pflegten sie mit dem Engel ein kurzes Frage- und Antwort-Spiel als Wechselgesang. Der Engel fragte, wen die Christinnen im leeren Grab suchten ("Quem quaeritis…"). Auf ihre Antwort, dass es Jesus der Gekreuzigte wäre, folgte die Verkündigung der Auferstehung und der Auftrag an die Frauen, davon Zeugnis zu geben. Schon vor der ersten Jahrtausendwende kamen zum Wechselgesang zweier Chöre Schauspieler mit Kostümen, Gesten und Requisiten. Auch der Text wurde erweitert und um andere Szenen angereichert. Aus der Liturgie entwickelten sich dramatische Osterspiele außerhalb des Kirchenraums.

Leopold Schmidt (1912-1981) meinte in seiner "Volkskunde von Niederösterreich", das Bundesland sei keines der aufwendigen Maskenzüge oder großen Passionsspiele. Doch zeige sich bei näherem Hinsehen, dass sich das von obrigkeitlicher Seite vielfach eingeschränkte Volksschauspiel stets eines gewissen selbsständigen Lebens erfreuen konnte. So wurden im Spätmittelalter nicht nur in Wien, sondern auch in kleineren Städten des Umlandes, Oster- und Passionsspiele abgehalten. Veranstalter waren die Gottsleichnamsbruderschaften, welche die so genannten Ausführungen am Karfreitag und zu Fronleichnam durchführten. Dies war in Krems 1516/17 der Fall, in Wiener Neustadt 1535 und 1583, in St. Pölten 1566.

Kalvarienberge

Foto: Doris Wolf
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Nachdem um 1520 die Reformationsschriften Martin Luthers erschienen waren, wurde die Trennung der Konfessionen in den Ritualen augenfällig. Die Gegenreformation war bestrebt, das Fastenbrauchtum stärker zu betonen, sie erneuerte spätmittelalterliche Bräuche und führte neue ein. Zu diesen zählte das "versteinerte Barocktheater" der Kalvarienberge, von denen allein Niederösterreich ein gutes Dutzend zählt. Die Kreuzwege unter freiem Himmel bilden mit einer Anzahl von Kapellen die Stationen des Leidensweges Jesu in Jerusalem nach. Die Zahl der Stationen ist unterschiedlich: sieben - entsprechend den Stationskirchen in Rom - 14 - wie die Franziskaner im 18. Jahrhundert festlegten - aber auch fünf - entsprechend den Rosenkranzgeheimnissen - oder 34 wie in Heiligenkreuz, wo Giovanni Giuliani und seine Schüler ab den dreißiger Jahren des 18. Jahrhunderts die Figuren schufen. Üblicherweise beginnen die Darstellungen mit den schlafenden Jüngern am Ölberg und enden, am höchsten Punkt des Berges, mit einer Kreuzigungsgruppe. Das entscheidende Ereignis der Auferstehung fand erst im 20. Jahrhundert Eingang in die Ikonographie. In den letzten Jahren wurde nicht nur der kunsthistorische Wert - durch Restaurierungen - wieder erkannt, sondern auch die religiöse Seite betont, wenn sich, etwa in Heiligenkreuz, hunderte Jugendliche nachts mit Kerzen und Fackeln dort zum Gebet einfinden.

Passionsspiele

Bei den Theateraufführungen wurden Passions- und Osterspiele anfangs nicht streng unterschieden, schreibt Josef Mantuani. Passionsspiele lebten, durch das Jesuitentheater angeregt, in der Barockzeit auf. In Österreich hat sich das älteste in Erl (Tirol ) erhalten, seine Geschichte reicht bis 1613 zurück. 500 Mitwirkende spielen, derzeit alle sechs Jahre, zwischen Mai und Oktober. Das Eibesthaler Passionsspiel (NÖ) ist, als einziges Europas, als Figurentheater konzipiert. Vorläufer bestanden - als Theater - um die Jahrhundertwende. 1899 kamen 10.000 Besucher, zum Teil mit Sonderzügen aus Wien in die Weinviertler Gemeinde. Genau 100 Jahre später erweckten die Dorfgemeinschaft Eibesthal und die - inzwischen für ihre Puppentheatertage bekannt gewordene - Stadt Mistelbach die Tradition zu neuem Leben. Die Aufführungen finden in der Eibesthaler Kirche statt. Der Text hält sich an das Evangelium des Markus, des Kirchenpatrons. 26 kolorierte Holzfiguren von 1 m Höhe werden unter der Leitung eines professionellen Puppenspielers von in Kutten gekleideten Laienspielern geführt. Zehn Musiker spielen die eigens komponierte Musik für Orgel und Bläser.

Andere Fasten- und Passionslieder gehen auf das konfessionelle Zeitalter zurück. Leopold Schmidt erinnerte an das beim Heiligen Grab übliche Salve-Singen, das damals zu einem Zankapfel der Bekenntnisse wurde. Andachten, Gebete und Lieder für die vorösterliche Bußzeit fanden im 17. und 18. Jahrhundert als Flugblattdrucke weite Verbreitung. Das älteste Liedflugblatt Niederösterreichs, ein "Gesang von dem Leyden Christi", druckte der Kremser Christian Walter 1687. Schmidt weist darauf hin, dass barocke Fastenlieder auch bei anderen Gelegenheiten gesungen wurden und zitiert ein Nachtwächterlied aus Höflein (Bezirk Bruck an der Leitha), das die Passion den einzelnen Stunden zuordnet, wie "… um achte betrachte, dass jetzt ist die Fasten, dass Jesus kein Augenblick nicht mehr kann rasten. … Gegeißelt, gekrönt und am Kreuze verhöhnt. Drum meide die Sünd', mein Kind. Hat achte g'schlagen. Gelobet sei Jesus Christus."


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