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Helga Maria Wolf
Heiliges Grab: Passion und Emotion (3)

Grabkapelle Eggenburg, Foto: Alfred Wolf width=

--> Siehe auch: Essays Passion und Emotion

1 Kreuzwege
2 Kalvarienberge







Heiliggrabkapellen

Grabkapelle Wien-Hernals

Ziel des ersten Hernalser Kreuzwegs war eine Nachbildung der Heiliggrabkapelle. Historische Abbildungen zeigen (schon 1149) einen kleinen, rechteckigen, flach gedeckten Bau mit Blendarkaden und einem sechseckigen Ziborium. Das Heilige Grab in Hernals bestand in dieser traditionellen Form rund ein halbes Jahrhundert (1639 - 1683). Im Konsistorialarchiv befinden sich Rechnungen dafür aus dem Jahr 1644 und Inventare von 1648, 1649 und 1659.

Die heutige Kalvarienbergkirche verfügt über eine "Grab-Christi-Kapelle", mit einer Jesusfigur und einem Grabwächter. Darüber berichtete die Österreichische Kunsttopographie im Jahr 1908: "Überreste des Kreuzwegs: Kapelle an der Nordseite der Kirche. Endstation des ursprünglichen Kreuzweges, außen erneuert, innen schmucklos, tonnengewölbt. Unter der Altarmensa liegende nackte Gestalt des Heilands, hinter dem Altare Christus als Schmerzensmann thronend." Ergänzend erfährt man im "Dehio"-Handbuch, dass die Figuren und das Schmiedeeisengitter aus der Barockzeit stammen und der Maler Karl Benkovic 1973/74 die symbolische Freskendekoration schuf.

Die Errichtung von Heiliggrabkapellen hat ihre Quelle im NT. (Mt 27; Mk 15, 42-47; Lk 23,50-56; Joh 19,38-42). Demnach nahm Joseph von Arimathäa Jesus vom Kreuz und legte ihn in ein Felsengrab, in dem noch niemand bestattet worden war. Normalerweise wurden Gekreuzigte irgendwo verscharrt. Jesus bekam ein ehrenvolles Grab, wie alle Evangelisten betonen. Dazu schrieb Diakon Robert Faux im Pfarrblatt der Dompfarre St. Stephan "Bis heute ist nicht sicher, ob die von Kaiser Konstantin über dem freigelegten Christusgrab im Jahre 353 n. Chr. fertig gestellte Grabeskirche auch tatsächlich der Ort der Grabesruhe und Auferstehung Jesu ist, dennoch wird seither das mit einem Rollstein verschlossene Einzel-Felsgrab von der Christenheit als Heiliges Grab verehrt."

Nach dem Konzil von Nicäa (325) ließ der römische Kaiser Konstantin I. (um 280 -337) an der Stelle eines Aphrodite-Tempels aus dem 2. Jahrhundert n. Chr. in der Jerusalemer Altstadt die Grabeskirche (Ecclesia Sancti Sepulcri) erbauen. Auf Initiative seiner Mutter Helena hatten dort Ausgrabungen stattgefunden, bei denen Reste von drei Kreuzen und ein verschlossenes Grab gefunden worden sein sollen. 335 vollendet, nannte man die Kirche Anastasia (Auferstehung). Sie wurde mehrfach zerstört (614 von den Persern,1009 von den muslimischen Fatimiden) und wieder aufgebaut (628, 1030-1048 von den Byzantinern, 1099-1149 von Kreuzfahrern). Bekanntlich bildete die Zerstörung der heiligen Stätte (fast ein Jahrhundert später) den Anlass zum Ersten Kreuzzug. 1808 vernichtete ein Brand große Teile der Kirche. Die bestehende Kapelle stammt aus dem 19 Jahrhundert. Darstellungen aus der Mitte des 12 Jahrhunderts zeigen die Grabkapelle in einer Rotunde als kleinen, rechteckigen, flach gedeckten Bau mit Blendarkaden und einem sechseckigen Ziborium. Diese Form blieb bis heute charakteristisch für die Nachbauten.

Christoph Daxelmüller nannte die Jerusalemer Grabeskirche die "Mutter aller Kirchen … Vorbild aller Sacri Monti und Heiligen Gräber". Sie zwinge "den Besucher nicht nur zum Knien, sondern zur aktiven Teilnahme … Eine Architektur des Hinauf und Hinab, des Herumgehens ersetzt das kontemplative Beten, zieht den Pilger hinein in das Geschehen der Kreuzigung und des Todes Christi." Ab 2016 waren grundlegende Sanierungsarbeiten im Gange. Statische Probleme mussten behoben werden, da sich die Kapelle, die sich über die Grabstelle wölbt, unter ihrem eigenen Gewicht senkte. Experten der National Technical University von Athen, die unter anderem die Akropolis renoviert haben, führten die Arbeiten durch. Dazu setzen sie Radar- und Laserscanner sowie Drohnen ein. Zum ersten Mal seit 200 Jahren durften sie die Steinplatte heben und in das Grab blicken. Zunächst entdeckten sie einen bisher unbekannten Bruch im Felsen. Das Team konnte nur bei Nacht tätig sein, weil das Heiligtum für Gebete und Gottesdienste geöffnet bleiben muss. Sechs christliche Konfessionen erheben Anspruch darauf: die griechisch-orthodoxe, die römisch-katholische, die armenische Kirche, die syrisch-orthodoxe Kirche von Antiochien, die koptische und die äthiopisch-orthodoxe Kirche. Es ist genau geregelt, wer wann und an welchem Ort beten darf.

Jerusalempilger bauten nach ihrer Heimkehr für mitgebrachte Reliquien oder zur Erinnerung an die Reise Heiliggrabkapellen. Bischof Petronius († 450) soll in Bologna (Italien) nach dem Muster der Jerusalemer Grabeskirche den Kirchenkomplex von Santo Stefano mit einer Teilkirche Santo Sepolcro errichtet haben. In Rom wurde anno 470 als letzter Monumentalbau des Weströmischen Reiches die Rotunde Santo Stefano Rotondo geweiht. Die Architektur der Heiliggrabkapellen beeinflusste die Baukunst der Romanik (z. B. Michaelsrotunde in Fulda, Deutschland, geweiht 822) und das Aussehen der Karner mit kreisförmigem Grundriss. In den Kirchen stellte man Tabernakel und Reliquienbehälter auf, deren Form an die Grabeskirche erinnerte. Das Heilige Grab in Görlitz ("Görlitzer Jerusalem") in Deutschland, aus der Zeit um 1480, gilt als getreueste Nachbildung der - in dieser Form nicht mehr bestehenden - mittelalterlichen Grabkapelle.

Grabkapelle Eggenburg, Foto: Alfred Wolf

Leopold Schmidt wies in seiner "Volkskunde von Niederösterreich" zum Thema Grabwallfahrten (wie man sie zu Begräbnisstätten von Heiligen unternahm) auf das Vorbild der Wallfahrten zum Grab Christi in Jerusalem und dessen zahlreiche Nachbildungen hin: "Die Grab-Christi-Kapellen wurden unabhängig von den verschiedenen Zeitstilen manchmal als genaue Nachbildungen des Baues in Jerusalem errichtet. Ein Beispiel dafür bietet die Heiliggrabkapelle in Mailberg, die im 16. Jahrhundert von einem Johanniterpriester erbaut worden sein soll. … In der Barockzeit wurde der Gedanke neu belebt, direkte Nachbildungen der Grabkapelle wurden beispielsweise in Maria Lanzendorf und in Schönbühel errichtet." Die Heiliggrabkapelle von Eggenburg (Niederösterreich) entstand um 1670 nach Jerusalemer Vorbild. In den folgenden Generationen kamen Figuren von Ecce Homo und Mater Dolorosa (1715) dazu. Fünf Kreuzwegkapellen auf dem Vitusberg stammen aus den Jahren 1725-1729, wobei man einen Bildstock und die Kreuzigungsgruppe vom Ende des 17. Jahrhunderts einbezog. Die Heiliggrabkapelle steht etwas abseits.

Temporäre Heilige Gräber

Gotische Jesusfigur, Klosterneuburg, Foto: Wolf height=

Nicht nur ständige Grabkapellen, auch temporäre Aufbauten im Sinne der Karwochenliturgie wurden aufgestellt. Im Spätmittelalter befand sich das Sepulchrum bis zum Ostermorgen entweder bei einem Altar oder frei im Kirchenraum. Mit der Holzfigur des Leichnams, der Darstellung der trauernden Frauen, Wächtern und Engeln unter einem Baldachin, wurde ein neues "Andachtsbild" geschaffen. Die Gläubigen sollten sich als Mitleidende mit dem Passionsgeschehen identifizieren. Das Heilige Grab im Münster von Freiburg (Deutschland), um 1330, ist das früheste ganz erhaltene, dessen Verwendung in der Liturgie von Gründonnerstag bis Ostern gesichert ist. Im Wiener Stephansdom lässt sich der Brauch nach 1400 nachweisen. Das "Grab" war eine Holztruhe mit auf den Deckel gemalten Auferstehungsszenen. Die Schmalseiten zeigten die schlafenden Wächter. Wenn in der Osternachtsfeier der Deckel geöffnet wurde, erblickte man auf der Innenseite Darstellungen der Frauen und des Engels am leeren Grab.

Im 16. Jahrhundert führten die Steuerdiener der Stadt Wien beim vormittäglichen Karfreitags-Gottesdienst im Stephansdom ein Passionsspiel auf. Es folgte eine theophorische Prozession der Domherren, der Mitglieder des Stadtmagistrats und der Gottsleichnamszeche (Corpus-Christi-Bruderschaft), mit Fackeln und Kerzen. Nach dem Allerheiligsten gingen vier schwarz gekleidete Priester, die auf einer Bahre die vom Kruzifix abgenommene Heilandsfigur trugen. Begleitet wurden sie von vielen Knaben in schwarzen Röcken, die Windlichter und hohe Stangen mit Kerzen hielten. Die Darsteller des Passionsspiels und 24 weiß verschleierte Frauen mit Kerzen nahmen ebenfalls an der Prozession teil. Während diese den Friedhof umschritt, wurde das Heilige Grab in der Kirche aufgestellt, laut Inschrift stammte es aus dem Jahr 1437. Die Prozession ging noch vier Mal in der Kirche herum und endete beim Heiligen Grab. In dieses, das mit einem goldenen Gitter und roten, vom Bürgermeister versiegelten, Seidenschnüren umgeben war, wurde die Heilandsfigur gelegt. Rundum befanden sich Kerzenleuchter und die Kerzen von 25 Zünften. Danach setzte man das Passionsspiel fort. Schließlich gingen "alle zugleich in der Ordnung stillschweigend dreymahle um das Grab."

Wie Ankündigungen im 1715 bis 1806 erschienenen "Kaiser- Königlichen Hof- und Ehrenkalender" unter der Rubrik "Gewöhnliche Andachten und Sollenitäten" und Berichte im "Wienerischen Diarium" ("Wiener Zeitung") zeigen, waren die Karwochenzeremonien im 18. Jahrhundert ein unumstößlicher Brauch des Wiener Hofes. Kaiser und Kaiserin besuchten am Karsamstag, meist in Begleitung des Nuntius, von Gästen und hohen Adeligen "zu Fuß" verschiedene Heilige Gräber in der Innenstadt. So am 5.April 1749, 9 Uhr, "verschiedene" Heilige Gräber; 28. März 1750, 9 Uhr, neun Kirchen (Hofburgkapelle, Minoritenkirche, Kaiserliches Spital - ehem. Schauflergasse 8, St. Michael, Königinkloster - ehem. Josefsplatz 5, Dorotheerkirche, Kapuzinerkirche, Bürgerspital, Hofkirche St. Augustin); 10. April 1751, 7.30 Uhr, 21 Kirchen; 1. April 1752, 7 Uhr, der geplante Besuch von 20 Kirchen war wegen Regen nicht möglich; 21. April 1753, 7 Uhr, 21 Kirchen; 13. April 1754, 7 Uhr, 18 Kirchen; am 17. April 1856 , 8 Uhr besuchten Kaiser Franz Stephan und Kronprinz Joseph mit Begleitung 21, und die Kaiserin mit Begleitung neun Heilige Gräber. Die letzte Station bildete jeweils die Hofkirche St. Augustin, wo sich ein Gottesdienst (Hochamt) anschloss.

Heiliges Theater Mariabrunn, Foto: Wolf height=

In Wien gilt das barocke Heilige Theater in der ehemaligen kaiserlichen Wallfahrtskirche Mariabrunn (Wien 14) als "unikal". Es befindet sich, wie das Heilige Grab und ein Geißelchristus, links neben dem Chor in der sogenannten Wieskapelle (Diese war ursprünglich Maria Magdalena, seit 1747 der heiligen Notburga und ist seit etwa 1760 dem leidenden Jesus geweiht). Das Original der Statue "Christus an der Geißelsäule" stammt aus dem oberbayrischen Prämonstratenserkloster Steingaden. 1732 bis 1734 dort bei der Karfreitagsprozession mitgetragen, hatte man sie aus Teilen einer älteren Skulptur zusammengesetzt. 1738 erbat die Wißbäuerin Anna Lori aus der Gemeinde die Figur und verehrte sie in ihrem Haus. Nach wunderbaren Begebenheiten und Gebetserhörungen errichtete die fromme Frau eine Kapelle für das Gnadenbild. 1745 erteilte der Abt den Auftrag zum Bau der "Wallfahrtskirche zum Gegeißelten Heiland auf der Wies", deren Weihe 1754 stattfand. Den Mittelpunkt der Wieskirche bildet das Gnadenbild des Heilands an der Geißelsäule, das mehrfach Nachahmung fand. Bald entstand die Wiener Kopie in der Kapelle mit dem Heiligen Theater. Dessen Leinwandkulissen in Holzrahmen zeigen idyllische Gartenszenen, die zu einem Triumphbogen führen. In diese schob man, dem Kirchenjahr entsprechende, Darstellungen ein. Die Figurengruppen sind (wie eine Bretterkrippe) auf Tafeln mit ausgeschnittenen Konturen gemalt. Drei Szenen (Abendmahl - mit Ausnehmung für die Hostie - Judaskuss und Ölberg) und die Grabwächter blieben erhalten.

In vielen Gotteshäusern stellte man am Karfreitag Nachbildungen des Felsengrabs auf, legte eine Holzfigur hinein und hielt die Grabwache. Manche Pfarren und Klöster schufen jedes Jahr neue, eindrucksvolle Dekorationen, wie die Augustiner, für die der Hofprediger Abraham a Sancta Clara (1644-1709) symbolträchtige Entwürfe beisteuerte. 1682 schrieb ein Reisender nach dem Besuch: "Ein heiliges Grab war künstlich und kostbahrer als das andere. Der verwittibten Kayserin ihres war am kostbahrsten, mit Silber auffgeputzet und gezieret, oben in der Lufft schwebte ein Engel, an der Brust das Venerabile, so mit Dämanten, Ametisten und anderen Edelgesteinen treflich glänzte, umb und umb war eine schrifft mit Dämanten gestickt." Einige Anlagen waren als Grotten gestaltet, andere zeichneten sich durch üppigen Blumenschmuck und "zauberhafte Beleuchtung" aus. Lichteffekte entstanden durch Glaskugeln, die mit gefärbtem Wasser gefüllt waren und den Kerzenschein reflektierten. Junge Männer im Kostüm römischer Legionäre hielten die Ehrenwache. Kongregationen waren zum 40-stündigen Gebet anwesend.

Heiliges

Wurde früher eine möglichst prächtige Gestaltung angestrebt, so berührt heute das "Grab" in der Krypta der Wiener Jesuitenkirche durch seine Schlichtheit. Prominente Künstler schufen für Heilige Gräber in den Kirchen pompöse Triumphbögen, Aufbauten und Funeraldekorationen. Ein wertvolles Beispiel restaurierte das Bundesdenkmalamt 2012 in der Stiftskirche Garsten, OÖ. Es stammt vom Barockmaler Johann Wenzel Bergl. Die bis zu 8 m hohe und 7 m breite Kulissenarchitektur aus den Jahren 1777/78 gliedert die Apsis der Losensteinerkapelle in fünf Ebenen.

Besonders prächtige Heilige Gräber standen in (Süd-)Tirol, wie das Werk von J. B. Huber im Dom zu Brixen, oder die Heiligen Gräber in Patsch bei Innsbruck und der Jesuitenkirche von Hall in Tirol. Im 20. Jahrhundert fehlten oft die Helfer, um den nur kurze Zeit stehenden, aufwändigen Aufbau durchzuführen. In den letzten Jahrzehnten kam es aber - mit Unterstützung des Bischofs Reinhold Stecher (1921-2013) - zu einer neuen Wertschätzung des Brauchs. Damit hat sich die langjährige Direktorin des Tiroler Volkskunstmuseums in Innsbruck, Herlinde Menardi, beschäftigt. Sie stellte fest, dass 1988/89 etwa 80 Heilige Gräber mit Kulissenteilen wieder aufgestellt wurden. Die ersten Nachrichten von älteren Grabtypen fand sie 1343 für Neustift im Stubaital und 1445 Sterzing (Südtirol). Im Mittelalter wurde nicht, wie später, die Hostie, sondern ein Kreuz im Ostergrab deponiert. Sie schreibt: "In der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts entstand das Expositionsgrab, um das sich die Jesuiten in besonderer Weise annahmen. … Die neue Grabform, die mit Scheinarchitektur und z. T. großem Figurenreichtum dem Prophetenwort 'sepulchrum ejus erit gloriosum' folgt, bestimmt das Ostergrab in Barock und Rokoko … Neben dekorativen werden auch mechanische Mittel eingesetzt." 1572 stand in der Innsbrucker Jesuitenkirche ein solches Grab, das Kaiser Ferdinand II. zweimal besuchte, und das bald Nachahmung und großen Anklang bei der Bevölkerung fand. Die Grabaufbauten überstanden die Josephinischen Reformen. 1782 entschied der Kaiser, "es liege an solchen Schaustellungen nichts, weshalb man es auch nicht nötig hätte, sie allgemeinhin zu untersagen." Nur die spielhaften Grablegungs- und Auferstehungszeremonien, wurden verboten. Während der bayrischen Besatzungszeit (1805-1814) waren die Ostergräber in Tirol verpönt, doch entstanden sie bald danach wieder. Im 20. Jahrhundert verursachten die beiden Weltkriege und die Liturgiereform von 1955 das Abkommen des Brauchs, dessen Renaissance sich in den 1980er Jahren abzeichnete. Dabei engagierten sich die Schützenkompanien als Ehrenwache.

"Die liturgische Vergegenwärtigung des Heiligen Grabes hatte sich schon im 4. Jahrhundert entwickelt. Ende des 10. Jahrhunderts beschreibt die 'Concordia regularis' des hl. Dunstan die von Jerusalem übernommene Kreuzverehrung am Karfreitag. Zum Schluss der Feier wurde das Kreuz in einer grabartigen Höhle am Altar niedergelegt. Die restlichen konsekrierten Hostien 'begrub' man mit dem Kreuz. … Die Jesuiten entwickelten dann seit der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts den Brauch, die verhüllte Monstranz im Grab auszusetzen. Weil die Grabesruhe Jesu auf 40 Stunden berechnet wurde … entwickelte sich am Heiligen Grab das 'Vierzigstündige Gebet'. " Damit war die Anbetung des Allerheiligsten verbunden. Das Rundschreiben "Über die Feier von Ostern und ihre Vorbereitung" der Kongregation für den Gottesdienst vom 16. Jänner 1988, Nr. 55f. bestimmt jedoch anderes. Gründonnerstag: "Das Sakrament wird in den Tabernakel gestellt und dieser wird geschlossen. Eine Aussetzung mit der Monstranz ist nicht zulässig. Der Aufbewahrungsort soll nicht die Form des 'heiligen Grabes' haben; man meide auch den Ausdruck 'Heiliges Grab': Der Aufbewahrungsort ist nicht dazu da, das Begräbnis des Herrn darzustellen, sondern um das eucharistische Brot für die Kommunion am Karfreitag aufzubewahren. Den Gläubigen soll nahegelegt werden, nach der Messe des Gründonnerstags eine nächtliche Anbetung in der Kirche vor dem Allerheiligsten zu halten. Dabei kann ein Teil des Johannesevangeliums (Kap. 13-17) gelesen werden. Diese Anbetung soll aber nach Mitternacht ohne jede Feierlichkeit sein, da der Tag des Leidens des Herrn dann schon angefangen hat." Karfreitag: "Nach der Feier wird der Altar abgedeckt ... In der Kirche kann ein Ort für das Kreuz vorgesehen werden (z.B. die Kapelle, wo am Gründonnerstag das Allerheiligste ausgesetzt war), wo die Gläubigen es verehren und wo sie still davor beten können." Karsamstag: "Ein Bild Christi - am Kreuz, im Grab ruhend oder zum Reich des Todes hinabsteigend -, das das Geheimnis des Karsamstags veranschaulicht, oder auch ein Bild der schmerzhaften Mutter, kann in der Kirche zur Verehrung der Gläubigen aufgestellt werden." Die Normen sollten bewirken, dass die "Übungen der Volksfrömmigkeit" dem "Geist der Liturgie entsprechen".

Nachzeichnung Verduner Altar

Zu Ostern bildete das Heilige Grab die Kulisse für die geistlichen Schauspiele der Auferstehung Christi. Osterspiele waren im Mittelalter die ältesten geistlichen Spiele. Am Beginn der liturgischen Feier stellten sie den Gang der trauernden Frauen zum Grab dar, die zu den ersten Zeugen der Auferstehung werden sollten. (Mt 28,1-8; Mk 16,1-8; Lk 24,1-12; Joh 20,1-31) Anders als in der biblischen Überlieferung - wo dem Engel der Grund ihres Kommens bekannt ist - pflegten sie mit ihm ein Frage- und Antwort-Spiel als Wechselgesang. Der Engel fragte, wen die Christinnen im leeren Grab suchten ("Quem quaeritis…"). Auf ihre Antwort, dass es Jesus der Gekreuzigte wäre, folgten die Verkündigung der Auferstehung und der Auftrag, davon Zeugnis zu geben. Zu den Schätzen des Stiftes Klosterneuburg zählt der romanische Verduner Altar aus dem Jahr 1181. Etwa zur gleichen Zeit (Handschrift 1204) führten die Chorherren das Klosterneuburger Osterspiel, ein durchgehend gesungenes Musik-Drama über Jesu Tod und Auferstehung, auf. Es enthält den (um das Jahr 1100 entstandenen) ältesten liturgischen Gesang in deutscher Sprache: "Christ ist erstanden von der Marter alle. Des solln wir alle froh sein; Christ will unser Trost sein. Kyrieleis."

Quellen:

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Kratzmann: Der Kalvarienberg 117 f.
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Robert Faux: Das Hl. Grab. In: Pfarrblatt der Dompfarre St. Stephan. April 2003
http://www.theologische-links.de/downloads/israel/jerusalem_grabeskirche.html
https://de.wikipedia.org/wiki/Grabeskirche#/media/File:Church_of_the_Holy_Sepulchre_-_1149.jpg
Christoph Daxelmüller: Illusionen, Ängste, Affekte. In: Michael Prosser-Schell: Szenische Gestaltungen christlicher Feste. Münster 2011. 125 f.
http://religion.orf.at/stories/2781363/
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Johann Schlager: Wiener Skizzen aus dem Mittelalter. Wien 1836. 20
https://books.google.at/books?id=XfFkAAAAcAAJ&pg=PT60&lpg=PT60&dq=%22johann+georg+kurter%22&source=bl&ots=XmQpQdn4ZB&sig=O9SZsXYgJPPdyOuNiXUQbJAvAGk&hl=de&sa=X&ved=0ahUKEwiUysLex9XOAhVEQBQKHR23COkQ6AEIHzAC#v=onepage&q=%22johann%20georg%20kurter%22&f=false
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http://www.wieskirche.de/frameset.htm
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Gustav Gugitz: Das Jahr und seine Feste. Wien 1949.1/174 f.
http://www.bda.at/text/136/Denkmalpflege/18864/Das-Heilige-Grab-der-ehem-Stiftskirche-von-Garsten
https://www.dioezese-linz.at/portal/home/news/article/22728.html
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Herlinde Menardi: Die Heiligen Gräber in Tirol und ihr Wiedererstehen in den achtziger Jahren. In: H. Eberhart, E. Hörandner, B. Pöttler (Hg.): Volksfrömmigkeit. Wien 1990. 159-166
http://www.tiroler-schuetzen.at/php/das_heilige_grab,464,27881.html
Faux: Das hl. Grab
http://www.bistum-augsburg.de/Hauptabteilung-VI/Glaube-und-Lehre/Glaubenslehre/Glaubensfragen/Heiliges-Grab


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