Auf wilder Tierhatz in Graz #
Hätten Sie erwartet, dass im 18. Jahrhundert Tierhetzen in Graz eine beliebte Publikumsunterhaltung waren? 1776wurde sogar ein „Hetztheater“ in der Brückenkopfgasse errichtet.#
Von Robert Engele mit freundlicher Genehmigung der Kleinen Zeitung
Dass im 18. Jahrhundert in Graz Tierhetzen abgehalten wurden – ähnlich wie im alten Rom –, ist heute fast unbekannt. Sogar ein eigenes Hetztheater gab es in der Murvorstadt. Schließlich waren Hundekämpfe groß in Mode in Europa.
In den Arenen kämpften die Hunde nicht nur gegeneinander, sondern auch gegen Ratten, Dachse, Wölfe, Wildschweine oder Bären. Durch Einkreuzungen wurden besonders bisskräftige Hunde gezüchtet. Bei derartigen Kämpfen in den Arenen (englisch „pit“, daher auch die vielsagenden Namen Pitbull und Pitbull-Terrier) war natürlich immer sehr viel Geld im Spiel.
Im städtischen Bereich veranstalteten im 18. Jahrhundert bei uns zumeist Gastwirte oder Fleischhauer derartige Hetzen. In Wien soll bereits 1708 den ersten Handelsleuten die Hetze mit wilden Tieren in einer Art Amphitheater „außer der Tabor Schanz“ erlaubt worden sein, berichtet Arnold Jaritz in „Freizeitverhalten in Graz im 18. Jahrhundert“ (Historisches Jahrbuch der Stadt Graz, Band 41).
Wie die Hatz nach Graz kam #
Offenbar waren es auch Wiener Hetzmeister, die in Graz das Interesse an derartigen Lustbarkeiten weckten, wie eine Anfrage aus dem Jahr 1757 zeigt. Denn damals wollte die Regierungsbehörde vom Magistrat wissen, wie es möglich sein konnte, dass ein „Wienerischer Hetz-Meister“ am Fronleichnamstag mit Trommeln durch die Stadt ziehen konnte und Spielzettel verteilte, so Jaritz.
Wiederholt spekulierte man in Graz mit einem eigenen Hetzplatz, aber erst als die alte Schießstätte 1771 völlig abbrannte, war es so weit. Als die bürgerliche Schießstätte 1776 in der Gegend der heutigen Brückenkopfgasse und des Entenplatzes wieder neu errichtet wurde, baute man daneben auch ein Hetztheater. Die nunmehr dreigeschoßige Schießstätte mit Hetzplatz und Hundezwingern für zwölf Kampfhunde war von einer hohen Mauer umgeben. Um den Hetzplatz befanden sich die Gänge für die Zuseher, wobei der zweite Stock für den Adel reserviert war. „O welch ein reines, edles, fein entzückendes Vergnügen zu sehen, wie ein ... friedlicher Ochse mit aller Gewalt betäubt und wild gemacht, von Hunden an den empfindlichsten Theilen seines Körpers zerfleischet und eine Stunde durch zu Tode gemartert wird“, beschrieb damals der anonyme Autor des „Grätzermärchens“ satirisch eine Tierhatz in der Murvorstadt.
Im Mai 1778 suchte der damalige Theaterdirektor Jakobelli um die Erlaubnis zur Abhaltung von Tierhetzen auf der bürgerlichen Schießstätte an – um seine Verluste im Theater auszugleichen. Das wurde genehmigt, aber bald schon beschwerte er sich darüber, dass die Schützen mit ihren Familien sich in die „oberen Zimmer der Schießstadt verfügen und all dort gratis zusehen“.
Das Ende der Tierspektakel #
Vermutlich bis 1783 führte Jakobelli seine grausamen Tierspektakel durch, dann wurden ihm alle „feierspeienden Sachen“ bei der Tierhatz untersagt, die Zuseher verliefen sich, vielleicht auch hatte er sich finanziell mit seinen Aufführungen überhoben. Oder hatte die Behörde dem zweifelhaften Treiben dort nicht länger zusehen wollen? Jedenfalls erhielt Jakobelli keine weitere Bewilligung für Tierhatzen in Graz. 1786 schloss Kaiser Josef II. endgültig die Pforten der Schießstätte, da sie zum „Ort zweifelhaften Vergnügens“ herabgesunken war.
Als ab 1786 die Jakominivorstadt errichtet wurde, baute man die „Neue Brücke“ als Vorläuferin der Radetzkybrücke. Dafür war aber die Schießstätte samt Hetzplatz im Weg, denn genau hier sollte die Verbindungsstraße zum Griesplatz entstehen, die sinnigerweise Brückenkopfgasse genannt wurde. Also wurde 1795 auf dem Kastellfeld Nr. 246 eine neue bürgerliche Schießstätte errichtet – dort, wo heute das Gebäude der alten Ortweinschule steht. Womit auch die Herkunft des Namens „Schießstattgasse“ geklärt ist. Hier gab es jedoch keinen Hetzplatz mehr. 1873 musste die Stätte schließlich stillgelegt werden, da rundherum alles zu Wohnzwecken verbaut wurde.
„DAS WAR EINE RICHTIGE HETZ“ #
Heute erinnert nur noch die österreichische Redewendung „Das war eine Hetz“ an die Zeiten des Hetztheaters im 18. Jahrhundert – und die „Hetzgasse“ im 3. Wiener Gemeindebezirk.
Bereits ab 1708 wurde dem Wiener Publikum in der Leopoldstadt ein grausames Tierhetzspektakel geliefert. Dabei wurden Bären, Wölfe, Wildschweine und sogar Leoparden und Löwen von Hetzhunden gejagt und gerissen.
Oben, letztes Bild ist der letzte „Hetzzettel“ vom 1. September 1796 des „k. k. privilegierten Hetzamphitheaters unter den Weißgerbern“. An diesem Tag brannte der 3000 Zuschauer fassende Holzbau (Abb. oben) mit allen Tieren ab. Die Errichtung neuer Hetzhäuser wurde untersagt.
zur Übersicht