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Zu Egydi anno 1568 war das Schützenfest #

Eines der prächtigsten Feste, die Graz je gesehen hat, war wohl das Schützenfest von 1568. Tagelang wurde geschossen und gefeiert.#


Von Robert Engele mit freundlicher Genehmigung der Kleinen Zeitung


Schützenfest
Die Schützen mit den Hakenbüchsen zogen feierlich ein...
Foto: © ENGELE

Schützenfest1
... und die Blasmusik spielte dazu fröhlich auf
Foto: © ENGELE

Zu Egydi anno 1568 plante man in Graz ein besonders großartiges Schützenfest, um allen zu demonstrieren, wie machtvoll und politisch bedeutend die protestantische Bürgerschaft war. Dazu holte man sich aus Augsburg den bekannten Illuministen Leonhard Flexel samt Sohn Valentin als Pritschenmeister. Das war damals eine Art Zeremonienmeister bei großen Zusammenkünften, ein Moderator, Conférencier und Spaßmacher – ein Thomas Gottschalk des 16. Jahrhunderts.

Ein Mann für alle Zwecke#

So ein Pritschenmeister trug zumeist eine bunte Narrentracht, sein Requisit war die Pritsche, ein langes flaches Holz, mit dem er diejenigen spaßhalber züchtigte, die gegen die Spielregeln verstießen. Seine Spezialität: Er verfasste auch gedruckte oder handgeschriebene, illustrierte und gereimte Beschreibungen der Festlichkeiten, auf denen er tätig war. Und Leonhard Flexel war ein Meister seines Faches. Ihn also holte man nach Graz, denn zu dem großen Schützenfest hatte der Magistrat den jungen Erzherzog Karl, den steirischen Adel und die Bürger der Nachbarstädte eingeladen. Und schon eilten die Stadtboten nach Nieder- und Oberösterreich, nach Kärnten und Tirol, nach Süd- und Mitteldeutschland.

Den Termin für das Fest setzte man sehr schlau zu Egydi (Anfang September) an, weil da ohnehin viele Kaufleute aus dem ganzen Reich zum Egydimarkt nach Graz kamen.Am7. September 1568 trafen die ersten Schützen aus der Steiermark ein, es folgten die aus Wien, Steyr, Salzburg, Wolfsberg, Melk und vielen anderen Städten. Insgesamt 126 Schützen wollten mit ihren Hakenbüchsen um die wertvollen Preise kämpfen.

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Pritschenmeister Leonhard Flexel (links) und sein Sohn Valentin moderierten das Grazer Schützenfest von 1568.
Foto: © KK

Jahrmarkt der Eitelkeit#

„Als das Hauptschießen herankam, wuchsen Zelte mit Bänken und Tischen empor, so daß die Schießstätte einem Feldlager glich“, beschreibt der Stadthistoriker Fritz Popelka das lebhafte Treiben. In Krämerbuden wurde schönes Silber- und Zinngeschirr angeboten. Es gab Jahrmarktbelustigungen, darunter einen großen Trichter, durch den man durchrutschen konnte. In den Ruhepausen zwischen dem Preisschießen wurde gegessen, musiziert oder man gab sich dem Kegelscheiben oder Würfelspiel hin. Wein und Bier flossen in gewaltigen Strömen.

Die bürgerliche Schießstätte befand sich um 1580 außerhalb der Stadt in der Gegend der Kühtratte, etwa im Bereich der heutigen Radetzkystraße. Dort war genug Platz für alle Zelte, Hütten und Festplätze. Doch bald danach schon musste die Stätte den neuen Befestigungsanlagen weichen und wurde auf das andere Murufer verlegt – zwischen Brückenkopfgasse und Synagoge, die es beide damals noch nicht gab. Weil diese Schießstätte aber im Laufe der Zeit immer mehr zu einem „Ort zweifelhaften Vergnügens“ mit Tanzsaal, Billardstube, Kegelbahn, Tierhetzen und Hundezwinger herabsank, schloss Kaiser Josef II. 1786 endgültig ihre Pforten. Doch die Schützen gaben nicht auf und erkämpften sich 1795 einen neuen Schießplatz dort, wo heute die Modeschule am Ortweinplatz vor der Schießstattgasse steht. Womit auch klar ist, warum die Schießstattgasse so heißt, wie sie heißt.

Doch zurück zum Fest von 1568: Die Stadt scheute weder Mühen noch Kosten. Am letzten Tag der Festspiele tischte der Magistrat allen Schützen ein königliches Festmahl auf, das von 10 bis 14 Uhr dauerte. Vor dem Rathaus hatte man dafür eine Küche aufgebaut, in der Ratsstube wurde auf zwölf Rundtafeln serviert, alles war grün geschmückt. Die Tische bogen sich unter Rebhühnern, Fisch, Wildbret, Gänsebraten und Krebsen, berichtet Flexel und schwärmt noch von Mandeltorten und Waffelgebäck.

Da die Forellen nicht rechtzeitig angeliefert wurden, brachte man sie den Schützen am Nachmittag zur Stärkung in die Schießstätte nach. Dann war endlich der letzte Schuss gefallen. Nach der Preisverleihung formierte sich ein Siegesmarsch in die Stadt, voran der Sieger, ein gewisser Ulrich Hold aus Ehrenburg. Ihm voran – wie bei allen Einzelsiegern – schritt ein Bub in weiß-grünen Hosen und Wams, um den Leib eine rote Binde. Er trug eine Fahne aus rotem Tuch mit 62 goldenen Scheiben aufgenäht, die zeigten, dass der Sieger 62 Gulden gewonnen hatte.

Farbenreich wird dies alles in Flexels Bildhandschrift dokumentiert, die sich heute in der Nationalbibliothek befindet und eine wahre Fundgrube bürgerlicher Ahnenforschung darstellt.



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© "Damals in Graz", Dr. Robert Engele



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