Es war einmal ein Hof#
Neueste Forschungen zeigen Alter und Bedeutung des historischen Hofes in der Kolping-Gasse – geholfen hat das dem Kleinod leider überhaupt nicht.#
Von Robert Engele mit freundlicher Genehmigung der Kleinen Zeitung
Wenn Sie diese Zeilen lesen, ist das historische Gebäude bereits dem Erdboden gleichgemacht! Auch neueste Erkenntnisse über Alter und Bedeutung des Hofes in der Adolf- Kolping-Gasse 12/14 und eine sehr aktive Bürgerinitiative haben nicht geholfen, diese „Oase mitten in einem zubetonierten Stadtteil“ zu retten. Seit Freitag wird demoliert.
Trotz akribischer Recherchen des Grazer Stadtgeschichtsforschers Peter Laukhardt, die zeigen, dass es sich hier um den „Kastellhof“ handelt, der dem deutschen Ritterorden dienstbar war und wohl aus dem Hof des steirischen Landeshauptmannes Friedrich von Fladnitz (1408- 1412) hervorgegangen ist.
Ein bemerkenswertes historisches Gebäude also, das in letzter Form aus der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts stammte und nur mit viel Pech durch den Denkmalschutz gerutscht ist. Oder war es doch kein Pech? Ehemalige Bewohner und Anrainer erinnern sich, dass dieses Haus nach der Haager Konvention geschützt war. Nachdem die letzte Mieterin ausgezogen war, verschwand jedoch die blau-weiße Plakette, weiß Sarah Andersson von der Bürgerinitiative.
Des Landeshauptmanns Hof#
Im Mittelalter stand der Hof noch inmitten der Kühtratte. Das war ein unverteilter Grund im Süden der Stadt, welcher der Gemeinschaft gehörte und als Viehweide genützt wurde. Als Friedrich von Fladnitz am 13. Jänner 1408 zum Landeshauptmann von Steiermark berufen wurde, war das eine Provokation des Hochadels durch den Landesfürsten. „Quasi eine Beleidigung der steirischen Herren“ nennt es Hannes Naschenweng in seinem Buch „Die Landeshauptleute der Steiermark 1236-2002“. Denn die Fladnitzer, die sich nach Fladnitz bei Passail nannten, waren ritterliche Dienstmannen der Herren von Stubenberg, die Friedrichs Vater noch „unseren Diener“ nennen konnten.
Jetzt benötigte Friedrich aber einenWohnsitz in Graz. 1409 verkaufte ihm der Bürger Eustachius Esel einen Hof, wie eine Urkunde im Landesarchiv belegt: „Vnsern hof gelegen an der Tratten vor der Stat zu Gretz ... dem erbern vesten Ritter Fridreichen von flednicz diezeit haubtman in Steyr...“ Ein Hof, der dem deutschen Ritterorden zinspflichtig war.
Der „Kastellhof“ entsteht#
Im 16. Jahrhundert finden wir hier den „Scarlichhof“ des Grazer Burggrafen Karl Scarlich.Wie daraus der „Kastellhof“ wurde, konnte Laukhardt ebenfalls entschlüsseln: Jacob Castell, nach dem auch die Kastellfeldgasse benannt ist, erwarb das Anwesen am 23. März 1623, seine exakte Lage wird im Grundbuch der Kommende Leech geklärt. Dort ist die Rede vom „hirher dienstbaren ... Kastellhof samt Garten und Grundstück in der Schönaugasse am Kastellfeld No. 186“. Das ist exakt die Adresse des nunmehr abgerissenen Hofes Adolf-Kolping- Gasse 12/14.
Aber die Geschichte des Hauses bleibt weiter spannend: 1849 übernahm es der Tabakverleger Georg Schwarz, der sein Geschäft in der Sporgasse hatte und dessen Schild einen Pfeife rauchenden Türken zeigte. Deshalb wurde der Laden „Zum Pfeifenjuden“ genannt, der Volksmund übertrug dies auf sein Wohnhaus und nannte es „Pfeifenschlössl“ – und die Straße „Pfeifengasse“.
1888 befand sich hier die „1. Grazer Fahrradschule“. Und jetzt muss der Bau einem weiteren Betonklotz weichen: „So verludert die Weltkulturerbe-Stadt Graz ihr geschichtliches Erbe“, zieht Peter Laukhardt das traurige Resümee seiner Forschung.
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