Was auf der Freiluftbühne früher alles los war #
Dort, wo demnächst die neue Kasemattenbühne eröffnet wird, schmachteten früher Gefangene in Ketten.#
Von Robert Engele mit freundlicher Genehmigung der Kleinen Zeitung
Die Präsentation der neuen Kasemattenbühne auf dem Schloßberg ruft bei älteren Grazern Erinnerungen wach.
„Wir Studenten räumten hier 1949 den Schutt der Bombentreffer weg“, erzählt Rudolf Kellermayr, langjähriger Direktor des Akademischen Gymnasiums. Und Fred Heinrich, Bühnenbildner der Vereinigten Bühnen, ergänzt: „Ohne die Lkw, die uns die englischen Besatzungssoldaten zur Verfügung gestellt haben, hätten wir das nie geschafft.“ Am 6. August 1949 führten die Mitglieder des Grazer Hochschulstudios Goethes „Urgötz“ auf der Schloßbergbühne auf. Sechsmal musste das Stück vor je 800 Zuschauern wiederholt werden. „Wir haben mehrere Rollen gespielt“, lächelt Kellermayr. Mit dabei waren Heinz Gerstinger, Gerald Szyskovitz, Gertrude Kellner, Hellmuth Mezler. Hellmuth Himmel fungierte als Inspizient. Als Statisten traten britische Besatzungssoldaten auf.
Bereits 1927 hatten erste Schloßbergspiele stattgefunden. 1937 war der notwendige Umbau vollendet, mit Beethovens „Fidelio“ wurde die neue Bühne eingeweiht.Wohl kaum einer dachte aber an die Gefangenen, die hier 128 Jahre zuvor in Ketten schmachteten.
Das Grazer Zuchthaus#
Gefangene hatte es auf dem Schloßberg schon früh gegeben, aber das waren keine gewöhnlichen Strauchdiebe oder „Malefizpersonen“, sondern adelige Verbrecher und politische Gefangene, denen es recht gut ging. Sie wurden nicht in Kellerräumen verwahrt, sondern im Obergeschoß, wo das Gefolge des Schlosskommandanten sogar oft für sie Platz machen musste.
Als Kaiser Josef II. Graz 1782 zur offenen Stadt erklärte, ordnete er persönlich an, dass aus den Kasernen, Vorratskammern und unterirdischen Räumen der Festung auf dem Schloßberg Sammelgefängnisse für Schwerverbrecher aus dem ganzen Reich einzurichten seien. „Genau genommen haben die Franzosen 1809 hier keine Festung belagert, sondern ein riesiges Gefängnis“, erläutert Schloßberg-Kenner Peter Laukhardt. „Neueste Forschungen ergaben, dass sich die ,ewigen Kerker‘ nicht, wie vermutet, unter der Stallbastei, sondern genau unter dem Biergarten des Restaurants befanden.“ In den 1790er-Jahren wurde auch das riesige Kommandantenhaus zum Strafort für schwere Arrestanten umgebaut. Der einst tiefste Keller ist jetzt – der Zuschauerraum der Kasemattenbühne.
Übrigens begann genau heute vor 200 Jahren die Verlegung der Gefangenen aus der Schloßberg-Festung vor den heranrückenden Truppen Napoleons.
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