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Durch elf Tore kam man einst ins alte Graz #

Das mittelalterliche Graz war durch eine Stadtmauer mit zehn Toren gesichert, 1835 kam ein Schmucktor dazu. (Teil 1)#


Von Robert Engele mit freundlicher Genehmigung der Kleinen Zeitung

Paulustor
Das innere Paulustor war in Höhe des Palais Saurau.
Foto: © KK

Einst gab es elf Stadttore im alten Graz. Nur zwei von ihnen bestehen heute noch – das Burgtor und das äußere Paulustor. Zwei weitere Tore überleben namentlich in der Neutorgasse und als Platz am Eisernen Tor. Die drei Sacktore in der Sackstraße, das innere und äußere Murtor in der Murgasse, das innere Paulustor in der Sporgasse sowie das Franzenstoramunteren Ende der Burggasse wurden abgerissen und sind längst vergessen.

Die ältesten Tore waren das innere Murtor und das innere Paulustor in der alten Stadtmauer. Sie boten Durchlass für die uralte Handelsstraße nach Ungarn, die in Graz durch die Murgasse und die Sporgasse nach Osten führte. Im 14. Jahrhundert wurde das Burgtor errichtet, sieben weitere Tore folgten im 16. Jahrhundert, als die Stadt größer wurde und die Festungsanlagen weiter außen neu gebaut wurden. Als Schlusslicht folgte das Franzenstor, das 1835 zu Ehren des verstorbenen „guten Kaisers Franz“ dort errichtet wurde, wo die Burggasse in den Ring mündet. Es wurde bereits 1856 zusammen mit den dortigen Bastionen wieder abgerissen, umdie heutige Ringstraße an der Oper bauen zu können.

Das „Sperrsechserl“#

Wie aber lebte es sich hinter den Stadttoren in Graz? Schon am späten Nachmittag wurden sie aus Sicherheitsgründen geschlossen und jeder, der zu spät kam, musste ein „Sperrsechserl“ zahlen. Überhaupt ließ die Torwache nur ihr bekannte Bürger in die Stadt, alle anderen mussten sich ausweisen. Das Schließen der Tore wurde laut angekündigt: Anfangs durch das „Treten“ eines Horns auf dem Schloßberg, das war der berühmte „Orgelschrei“. Später durch die „Bierglocke“ oder Kanonenschüsse.

Paulustor
Das äußere Paulustor.
Foto: © ENGELE

Außerhalb der Stadttore lagen Wiesen und Gärten, welche die Grazer zum Spaziergang einluden – dort war man mitten am Land. Viel später erst entstanden auf diesen Flächen die Vorstädte. Das muss man sich vorstellen: Im Mittelalter waren der heutige Karmeliterplatz, der Jakominiplatz oder der Kaiser-Josef-Platz grüne Wiesen außerhalb der Stadtmauer – fast unglaublich!

Die zwei Paulustore#

Beginnen wir unseren mehrteiligen Rückblick mit den beiden Paulustoren. Das „innere“ wird erstmals 1355 erwähnt und sperrte die obere Sporgasse beim später erbauten Palais Saurau ab, aus dessen Dachluke der berühmte Türke herausschaut. Seinen Namen hat das Tor von der am Südhang des Schloßbergs befindlichen einstigen Pauluskirche, das ist die heutige Stiegenkirche in der Sporgasse. Sie war auf dem Paulusberg errichtet worden, so hieß früher der südliche Vorberg des Schloßbergs. Das innere Paulustor war eines der romantischsten Grazer Tore und bestand aus mehreren Stockwerken. Ein Gang über dem Torbogen, vermutlich noch aus der Zeit Friedrichs III., führte über die Stadtmauer hinauf bis zur Schloßbergfestung. Erzherzog Karl II. ließ ihn 1590 eindecken und machte ihn so zum Geheimgang.

Über der Torwölbung befand sich auf der Stadtinnenseite ein Freskogemälde, das Christus auf dem Weg zum Kalvarienberg zeigte, wie er das Kreuz trug. Bereits 1571 gestattete der Landesfürst, dass das Haus vor dem inneren Paulustor abgetragen wurde. So entstand hier ein freier Vorplatz, der heute noch nach der „Goldenen Pastete“ zu erkennen ist. Aber bereits im 14. Jahrhundert war auch das Gebiet außerhalb des Paulustors besiedelt, sodass bis zum 16. Jahrhundert eine Stadterweiterung dringend notwendig wurde. Die Befestigungsanlagen wurden nun bis zum äußersten Rand des Schloßbergs vorgeschoben, die Burg- und die Karmeliterbastei entstanden, und schützten die kaiserliche „Neustadt“. Den Abschluss nach außen bildete das zwischen 1582 und 1614 errichtete äußere Paulustor, das wesentlich imposanter angelegt wurde. Damit hatte das alte innere Paulustor seine Funktion verloren und verfiel langsam, 1846 wurde es abgerissen.


Nur eine Brücke führte über die Mur #

Bis 1787 kam man von Westen her nur über eine einzige Murbrücke und durch zwei Murtore nach Graz. (Teil 2)#


Murtor
Das äußere Murtor (Aquarell von Kuwasseg), 1835.
Foto: KK

Jahrhundertelang führte durch das Murtor der wichtigste Handelsweg der Stadt nach Westen. Denn die Brücke, an der das Tor stand, stellte bis 1787 die einzige Verbindung zur Vorstadt am anderen Murufer dar. Ja, diese alte Hauptbrücke bot zwischen Graz und Frohnleiten überhaupt die einzige Möglichkeit, die Mur zu überqueren.

Ursprünglich stand hier natürlich nur das ältere innere Murtor, das die Murgasse beim Haus Nummer 9 (heute Kleider Bauer) abriegelte. Als man aber im 15. Jahrhundert die Stadtmauer murwärts durch eine Zwingeranlage verstärkte, musste ein zweites Tor, das äußere Murtor, errichtet werden. Es war ein schmuckloses, zweistöckiges Gebäude, nur wenige Schritte nach der Murbrücke, etwa dort, wo jetzt die Neutorgasse in die Murgasse einmündet (siehe Bild rechts).

Als 1659 wieder einmal die Brücke erneuert werden musste, war der Magistrat – genau wie heute – gerade in Geldnot. Also wollte man unbedingt die Kosten möglichst gering halten. Was aber tun? Da kam die glorreiche Idee auf, auf der neuen Brücke zu beiden Seiten der Fahrstraße gedeckte Verkaufsstandln aufzustellen, die man teuer verpachten konnte. Etwa so, wie wir sie heute noch in Florenz auf dem Ponte Vecchio sehen können.

Sacktor
Das erste und zweite Sacktor.
Foto: KK

Als man aber 1784 die Stadtfestung aufließ, wurden beide Tore zu einem Verkehrsproblem und 1837 im Zuge des Neubaus der Kettenbrücke abgetragen. Zwischen diesen beiden Murtoren waram23. April 1471 übrigens der steirische Söldnerführer Andreas Baumkircher enthauptet worden, weil er bei Verhandlungen unter Zusicherung des freien Geleits in eine Falle seines Gegenspielers Friedrich III. geraten war – aber das ist eine ganz andere Geschichte, über die ich bereits geschrieben habe.

Der Sack öffnet sich#

Da die Sackstraße – wie der Name schon sagt – als Sackgasse angelegt war, endete sie an der nördlichen Stadtmauer. Als sich Graz im 14. Jahrhundert ausdehnte, durchbrach man die Mauer nahe dem Reinerhof und errichtete das erste Sacktor. 1380 wird es in einem zeitgenössischen Bericht erwähnt. Dort heißt es, dass Bischof Augustin von Seckau das Haus „ante portam in sacco“ bewohnte. Als um 1705 das Palais Attems errichtet wurde, mußte dieses Tor abgetragen werden. Das zweite Sacktor stand zwischen den Häusern Sackstraße 27 und 36 und wurde unter Kaiser Friedrich III., der in Graz residierte, als Torturm mit zwei Stockwerken und rundbogiger Durchfahrt erbaut.

Doch die Stadt wurde immer größer und größer, daher mussten die Stadtmauern wieder weiter hinaus verlegt werden. Also wurde zwischen 1621 und 1625 in Höhe der heutigen Keplerbrücke direkt an das Haus Schloßbergkai 60 und die dort befindliche Sackbastei das dritte Sacktor angebaut. Es war ein einfaches Rustika- Tor, das auf der Nordseite vom kaiserlichen Doppeladler geschmückt war. Um 1836 fiel aber auch das dritte Sacktor dem gesteigerten Verkehrsaufkommen zum Opfer.



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© "Damals in Graz", Dr. Robert Engele