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Vom alten G’wölb zur Prachthalle #

Vor 137 Jahren begann die Erfolgsstory von Kastner & Öhler, die stets von spektakulären Neu- und Umbauten begleitet war. Am 20. 10. öffnete sich nun der Vorhang für den nächsten Höhepunkt – dann ist der aktuelle Umbau abgeschlossen.#


Von Robert Engele mit freundlicher Genehmigung der Kleinen Zeitung


Kastner & Öhler
Kastner & Öhler, „Im Prinzip hat das Architektenduo Fellner & Helmer hier zwei Theater in der großen Halle vereinigt.“
© K & Ö-ARCHIV

Unsere Ur- und Ururgroßväter haben immer gesagt, sie gehen ins G’wölb, wenn sie in ihr Geschäft gegangen sind“, schmunzelt Martin Wäg, mit Thomas Böck Vorstand aus der bereits fünften Generation des Familienunternehmens Kastner & Öhler.

Denn ursprünglich waren die alten Kaufhäuser in ebenerdigen Gewölben untergebracht gewesen – und der erste Hallenbau der k. u. k. Monarchie, den Carl Kastner und Hermann Öhler ab 1895 in der Grazer Sackstraße drei Stockwerke hoch erbauen ließen, war eine Sensation ersten Ranges. Ganz besonders die innen bis zur Glaskuppel offene Halle.

Hermann Öhler und Carl Kastner
Die Gründerväter Hermann Öhler (links) und Carl Kastner, der 1873 Öhlers Schwester Julie heiratete
© K & Ö-ARCHIV

Üppig wie ein Theater#

Eine Sensation, die ein paar Jahre später aber noch gesteigert wurde, als man die Nachbarhäuser kaufte und das bekannte Architektenduo Fellner & Helmer mit der Planung eines neuen Geschäftsgebäudes beauftragte. Die beiden Architekten hatten ja bereits das Grazer Opernhaus entworfen – und ähnlich üppig wurde nun das neue Großkaufhaus geplant. Zwischen 1912 und 1914 entstand ein fünfgeschossiger, gewölbt ausschwingender Neubau im Jugendstil. Im Mittelpunkt stand die glasüberdeckte, dreigeschossige, große Geschäftshalle, südwestlich davon befand sich die „Kleine Halle“ von 1895. „Im Prinzip haben Fellner & Helmer hier zwei Theater in der großen Halle vereinigt“, erläutert Wäg.

„Doch in den 60er- und70er Jahren war man ganz im Sinne des Zeitgeistes und durch den Einbau der Rolltreppen beständig auf der Suche nach Quadratmetern und hat beide Hallen verbaut.“ Das Motto lautete Fläche, Fläche, Fläche. Was natürlich auch das Ende der beiden architektonischen Zuckerln der Verkaufshallen bedeutete – kein Wunder aber, dass heute noch immer alle davon schwärmen, wie schön doch der „alte Kastner“ war.

Kastner & Öhler
Hermann (Mitte) und Franz Öhler sowie Albert und Richard Kastner auf der „Kommandobrücke“ der alten Galerie.
© K & Ö-ARCHIV

Die offene Halle mit ihrer herrlichen Galerie war aber nicht nur Blickfang für alle Kunden, sondern auch „Kommandobrücke“ für den Chef. Hermann Öhler hatte von dort oben den perfekten Überblick über alles, was unter ihm vor sich ging. Er soll aber auch ganz gerne beim Haupteingang gestanden sein, um die Kunden zu beobachten und in Gespräche zu verwickeln.

Den Zug versäumt#

Vor 137 Jahren war Kastner & Öhler in Troppau (heute Tschechien) gegründet worden. Zehn Jahre später hatte Carl Kastner auf der Fahrt zu seinem Geschäft nach Agram in Graz seinen Anschlusszug versäumt und spazierte verärgert durch die Innenstadt. Dabei entdeckte er in der Sackstraße Nr. 7 ein leer stehendes Geschäftslokal, das seinen Geschäftssinn weckte und das er auf der Stelle anmietete – der Rest ist Geschichte.

1883 versäumt Carl Kastner in Graz seinen Anschlusszug und mietet in der Sackstraße 7 ein Geschäftslokal an (siehe Geschichte oben). Auf einfachen Kisten werden hier „außerordentlich billige Gelegenheitswaren“ verkauft. 1885 werden als Novität in Mitteleuropa und gegen den anfänglichen Widerstand der Kundschaft „feste Preise“ eingeführt. Bis dahin war es der Kunde gewohnt, dass er wie auf dem Basar handeln konnte. Das Prinzip der Fixpreise bewährte sich aber schnell. Überdies wurde nun für zurückgegebene Ware erstmals das Geld erstattet.

Historie#

1887 startete Kastner & Öhler als eines der ersten Unternehmen in Europa mit dem Postversand. Mehrsprachige Kataloge wurden in der gesamten Donaumonarchie an die Kunden geschickt.

1890 engagiert sich die Firma auch im Sozialbereich: Es wird ein Spar- und Unterstützungsverein für die Mitarbeiter gegründet, den Verein gibt es noch heute.

1894 entsteht in Graz mit einem aufsehenerregenden Geschäftsbau das erste wirkliche Warenhaus in der Monarchie. Die Galerien der „Kleinen Halle“ reichen über drei Stockwerke (siehe Bild oben).

1903 werden herausragende freiwillige Sozialleistungen eingeführt: medizinische Versorgung im Betrieb mit täglicher Ordination, freiwillige Urlaubsgeldzahlung ab 1905, Einführung der Sonntagsruhe 1906.

1938 wird das Unternehmen von den Eigentümern freiwillig an deren Schwiegersöhne Ludwig Wäg, Fritz Böck und Heinz Wressnig verkauft, um eine Enteignung durch die Nazis abzuwenden. Aufgrund der NS-Rassengesetze muss das Unternehmen „Alpenlandkaufhaus“ heißen. Nach dem Krieg werden die alten Eigentumsverhältnisse in der Familie sofort wieder hergestellt.

Weiterführendes#



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© "Damals in Graz", Dr. Robert Engele



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