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Es begann mit fünf Zöglingen #

Am 10. Mai 1881 wurde das Odilien-Institut als Erziehungs- und Versorgungsanstalt für Blinde in der Steiermark gegründet.#


Von Robert Engele mit freundlicher Genehmigung der Kleinen Zeitung


Odilien-Institut heute
2000 wurde das Odilien-Institut generalsaniert
© RUGANI, STAJAN/ ODILIEN-ARCHIV

Bis ins 19. Jahrhundert war es nicht üblich, dass Blinde eine Schul- oder Berufsausbildung erhielten. Oft mussten sie daher ein trostloses Leben führen, waren von der Gesellschaft ausgegrenzt und geistig Behinderten gleichgestellt. Sie „verkamen in Unwissenheit und Elend“, heißt es in einem Bericht des Odilien-Instituts.

Das erste Blindeninstitut #

Johann Wilhelm Klein war der erste deutsche Blindenpädagoge und begann 1804 in Wien einen jugendlichen Blinden mit staatlicher Unterstützung zu unterrichten. So entstand das erste Blindeninstitut im deutschsprachigen Raum. Klein war überzeugt, dass neben einem Erziehungsinstitut auch ein Asyl für Erwachsene notwendig sei. So gründete er 1825 die „Beschäftigungs- und Versorgungs-Anstalt für Erwachsene Blinde“ in Wien. 1832 folgten in Prag und 1833 in Linz gleichartige Einrichtungen.

In Linz wurde auch der blinde Gustav Grazaner (1841–1895) musikalisch ausgebildet. Als Organist und Klavierstimmer kam er zu den Lazaristen nach Graz und lebte hier mit seiner Familie. Beim „inbrünstigen Gebet“ zu Weihnachten 1879 kam er zur Erkenntnis, auch hier einen Verein zur Gründung einer Blindenanstalt ins Leben zu rufen. Er verfasste Statuten und warb um Mitglieder. Am 21. 3. 1880 konstituierte sich der Verein und schon 1881 konnte er aus Sammlungen und Spenden die Liegenschaft in der Leonhardstraße „bestehend aus zwei Häusern, Garten mit Park und Wiese...fern von größerem Verkehr und von Fabriken, in der Nähe von Hügeln und Wäldern“ für 40.000 Gulden erwerben.

Zöglinge des Odilien-Instituts um 1900
63 Zöglinge zählte das Odilien-Institut um 1900, in der Grabenstraße wohnten 25 Pfleglinge
© ODILIEN-ARCHIV
Diese Gebäude sind historisch sehr bemerkenswert, denn ihre Grundmauern gehen auf den 1304 erstmals erwähnten Guntarn-Hof „nebst der Pfarre St. Leonhard“ zurück. 1654 kaufte Landeshauptmann Johann Max von Herberstein Haus und Garten „in der Ungargasse“, wie die Leonhardstraße hieß, und quartierte hier die barfüßigen Augustiner bis zur Gründung ihres Klosters im Münzgraben ein. Danach wurde das Gebäude zum Spital, später ein Studentenkonvikt der Jesuiten, 1828 sogar eine Weinsteinraffinerie. 1881 kaufte der Odilien-Verein das Areal. Das Objekt wurde unter das Protektorat von Kronprinzessin Stefanie, der Gemahlin von Kronprinz Rudolph, gestellt und als „Odilien Erziehungs- und Versorgungsanstalt für Blinde in der Steiermark“ an ihrem Hochzeitstag, dem 10. Mai 1881, eröffnet. Die ersten fünf blinden „Zöglinge“ konnten bereits am 1. September in die neue Anstalt einziehen.

Die große Krise kam schnell #

Ursprünglich wurden nur blinde Knaben und Mädchen zwischen sechs und zwölf in eine Volksschule mit Internat aufgenommen. Bald aber geriet die nach Odila, der Patronin der Blinden, benannte Anstalt in große finanzielle Probleme – zu schnell war die Zahl der „Zöglinge“ gewachsen, zu groß die Schulden. Da kam 1884 Hilfe in höchster Not durch die Erbschaft „des größten Wohltäters der Blinden in der Steiermark“, Dr. Georg May.

Nun konnten die dringend notwendigen Neubauten begonnen werden. Am 12. 10. 1886 weihte Fürstbischof Zwerger die im Stil der Neurenaissance errichtete Kapelle ein und segnete den Neubau. Eine Blindenbibliothek wurde eingerichtet, ein Kindergarten entstand und die Handwerke des Korbmachers, Sesselflechters und Bürstenbinders wurden gelehrt. Neu war auch ein Geschäft, indem die von Blinden erzeugten Produkte verkauft wurden. 1891 waren die ersten Zöglinge fertig ausgebildet – doch damit tauchte ein neues Problem auf: Wo sollten sie wohnen, wo arbeiten? Aber für sie wurde in der Grabenstraße 76 die „Pichler’sche Realität“ gekauft und adaptiert.

Um 1900 beherbergte die „Erziehungsanstalt“ 65 Zöglinge, die „Beschäftigungs- und Versorgungs- Anstalt“ 25 Pfleglinge. In den 1950er-Jahren wurde eine eigene Hauptschule errichtet. 1979 kam ein neues Gebäude für die Werkstätten und die Berufsausbildung dazu. Das Odilien-Institut ist heute noch die einzige lebensbegleitende Einrichtung für sehbehinderte und blinde Menschen im Süden Österreichs – von der Frühförderung bis zur Altenpflege, betont Geschäftsführer Peter Haberer. „Unsere Intention ist, die Menschen auf ein Leben in größtmöglicher Selbstständigkeit vorzubereiten.“

Sesselflechterinnen
Auch blinde und sehbehinderte Frauen wurden um 1900 zu Sesselflechterinnen ausgebildet
© ODILIEN-ARCHIV
Sessel- und Korbflechter
Korbmacher und Sesselflechter um 1900 im Odilien-Institut
© KK


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© "Damals in Graz", Dr. Robert Engele


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