„Wasser riecht abscheulich nach Salpeter“ #
Die Geschichte der Grazer Wasserversorgung ist viel spannender, als man glauben würde: Sie zeigt den langen Leidens- und Irrweg der Grazer im Kampf um das edle Nass – mit Happy End.#
Von Robert Engele mit freundlicher Genehmigung der Kleinen Zeitung
Eigentlich hatte Graz ja von Beginn an die ideale Ausgangsbasis für eine optimale Wasserversorgung – die Stadt liegt an einem Fluss, der im Laufe der Zeit zu reichen Kies- und Sandablagerungen geführt hatte.
Diese wiederum waren die beste Voraussetzung für Hausbrunnen mit guter Trinkwasserqualität. Aber eben nur eigentlich. Denn bei längerer Trockenheit kam es immer wieder zu argen Wasserproblemen. Und das sogar zweifach, weil nicht nur das Wasser knapp wurde, sondern sich auch die Wasserqualität sehr verschlechterte, da ja die schmutzigen Abwässer weiter in das Grundwasser gelangten. Oft waren auch die Senkgruben für die Latrinen viel zu nahe an die Brunnen gebaut worden, sodass das Wasser daraus völlig ungenießbar war. Die zwei bekanntesten Beispiele für derart funktionslos gemachte Brunnen stehen im Landhaushof und im Zeughaushof (siehe Foto rechts unten).
Die erste urkundliche Erwähnung eines öffentlichen Brunnes in Graz geht in das Jahr 1346 zurück, berichtet Gertrude Celedin – bis vor Kurzem Vorsitzende der Grazer Altstadtkommission – in ihrem Buch „Grazer Brunnen“. Doch Graz war nie eine große Brunnenstadt gewesen wie beispielsweise Salzburg. Sogar in jenen Zeiten, als die steirische Landeshauptstadt Residenzstadt war, musste sich die Regierung vordringlich mit dem Ausbau der Befestigungsanlagen beschäftigen. Zu groß war die beständige Bedrohung durch innere und äußere Feinde – von Andreas Baumkircher bis zu den Protestanten, von den Ungarn bis zu den Türken. Da blieb keine Zeit und vor allem kein Geld für den Bau schöner Brunnenanlagen.
Die erste Wasserleitung#
Aber auch ein weiterer Punkt spielte eine große Rolle, warum Graz lange keine Stadt der Brunnen war – die schlechte Wasserversorgung. Da das edle Nass gerade in Belagerungszeiten entscheidend für die Brandbekämpfung war, versuchte man früh schon, seine Transportwege zu verbessern. So fasste man unter Kaiser Maximilian um 1490 eine Quelle am Südwesthang des Rosenberges in Stein und leitete das Wasser (natürlich unter großen Verlusten) in hölzernen Rohren durch das Burgtor in die Burg. Diese erste Grazer Wasserleitung wurde immer weiter ausgebaut und bis zu Karmeliter- und Franzensplatz (heute Freiheitsplatz) verlängert. Aus ihr konnten auch der barocke Herkulesbrunnen im Domherrenhof und der Franz- Xaver-Brunnen im gewaltigen Hof des ehemaligen Jesuitenkollegs ihr Wasser beziehen.
Aber das half alles nicht viel, die Qualität des Grazer Wassers ließ noch immer sehr zu wünschen übrig. Auch Freiherr von Welden, der Gestalter der Schloßberganlagen nach den Zerstörungen durch die Franzosenkriege, sprach von einem „abscheulichen Salpetergeruch“, den das Grazer Brunnenwasser verströmte – ein bedenklicher Hinweis auf den Kontakt mit ungustiösen Abwässern.
„Die Ungunst der Zeiten“#
Alle Verbesserungsversuche scheiterten jedoch kläglich. Die Schöckelbachquellen schieden wegen schwankender Schüttungen und wegen Trübung des Wassers nach Regenfällen aus. Eine Leitung von den Andritzquellen in die Stadt musste „wegen der Ungunst der Zeiten“ aufgegeben werden – eine sehr feine Umschreibung der damals wie heute stets leeren Stadtkassen.
Welche große Auswirkung auf die Grazer Wasserversorgung aber die drei schrecklichen Hochwässer der Mur hatten und wie 1869 Bürgermeister Franck die Geduld riss, weil die eben installierte Wasserversorgungskommission nichts weiterbrachte, lesen Sie nächste Woche.
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