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Wasserversorgung wie in London #

Hochwässer vertieften das Flussbett der Mur, viele Brunnen versiegten in Graz – jetzt war guter Rat teuer. Ärzte drängten auf die Wasserverbesserung, nun nahm der Bürgermeister die Sache selbst in die Hand.#


Von Robert Engele mit freundlicher Genehmigung der Kleinen Zeitung


Doppelbrunnenanlage am Anfang der Sackstraße
Doppelbrunnenanlage am Anfang der Sackstraße, direkt neben der Pestsäule, die seit 1876 auf dem Karmeliterplatz steht. © KK

Es half einfach nichts, alle Versuche, beständig fließendes Wasser aus öffentlichen Brunnen zu erhalten, scheiterten in Graz. Die Folge: Es gab nur wenige städtische Brunnen, die mit Grundwasser versorgt wurden. 1792 werden in der „Skitze von Grätz“ bloß 20 öffentliche Brunnen aufgezählt. Überdies wird kritisiert, dass es keine Wasserleitung und keine Fontänen gebe.

Aber es wurde noch ärger. Denn die drei großen Hochwasser zu Beginn des 19. Jahrhunderts vertieften den Flusslauf der Mur noch weiter. Dadurch wurde die Grundwassersituation immer schlechter, und in ihrer Not wagte die Stadt endlich Neues. 1832 ging man an die kostspielige Grabung eines artesischen Brunnens auf dem Holzplatz (heute Kaiser- Josef-Platz). Dabei sollte durch Überdruck das Wasser selbstständig aufsteigen.

Doch 1834 mussten die Bohrungen wieder eingestellt werden, da das Geld wieder einmal ausgegangen war. Doch die Wasserversorgung verschlechterte sich weiter. 1853 zählte man nur noch 14 öffentliche Brunnen. Zahlreiche Projekte scheiterten am fehlenden Geld. Jetzt begannen aber die Bürger zu rebellieren, der Druck auf die Stadtregierung wurde größer. Man warf ihr Rückständigkeit vor und verwies auf Städte wie London, in denen eine moderne Wasserversorgung seit Langem klaglos funktionierte.

Kloakenartige Bäche#

Am 20. Oktober 1865 mahnte der Grazer Arzt Dr. Matthias Macher in der „Tagespost“ dringend, Kroisbach und Grazbach endlich rein zu halten, „die kloakenartig und luftverpestend“ seien.

Kein Wunder, die Abwässer zahlreicher Aborte wurden nämlich direkt in diese Bäche geleitet, schreibt Gertrude Celedin in ihrem Buch „Grazer Brunnen“. Jetzt wurde eine Wasserversorgungskommission installiert, die aber nichts tat. 1869 riss Bürgermeister Franck endgültig die Geduld, er machte das Problem zur Chefsache und holte ein Offert zur Wasserversorgung von einem Londoner Unternehmen ein. Der Zuschlag ging 1870 an die Unternehmer Oscar Pongratz und John Moore – daher auch der Name des Pongratz-Moore-Stegs nahe dem Kalvarienberg. Mit den zwei Unternehmern begann die moderne kommunaleWasserversorgung von Graz. Sie kauften ein passendes Areal auf den MurwiesenamSchwimmschulkai und errichteten dort das erste Grazer Grundwasserwerk in der Körösistraße. Am 1. Mai 1872 wurde die Wasserversorgung aufgenommen, doch fast niemand wollte das Wasser beziehen. Die Bevölkerung wehrte sich vehement gegen die Entfernung der öffentlichen Brunnen. Erst die Murregulierung von 1876, die zum weiteren Absinken des Grundwasserspiegels geführt hatte, steigerte die Nachfrage.

Türkenbrunnen am Schloßberg
Der sogenannte Türkenbrunnen am Schloßberg, der von 1841 bis 1934 ein hölzernes Brunnenhaus hatte. © KK

Aber auch beim Wasserwerk selbst musste nachjustiert werden, denn plötzlich kam es zu Krankheitsfällen. Der Grund: Direkt neben dem Werk leerte die Bevölkerung ungeniert ihre Abortfässer aus – und zu allem Überdruss hatte das Areal vor dem Bau des Wasserwerks als Mülldeponie gedient.

Rechtsstreitereien#

1897 betrug der Jahresverbrauch 3,2 Millionen Kubikmeter, das Rohrnetz war 74 Kilometer lang. Doch bald kam man darauf, dass die Stadt versäumt hatte, das Wasserleitungsnetz fürs ganze Stadtgebiet vertraglich zu fixieren, schreibt Celedin. Streitereien mit der Gesellschaft folgten und die Stadt verlor einen Prozess. Als aber 1907 Magen- und Darmerkrankungen gehäuft auftraten, übernahm 1911 kurzerhand die Stadt die Gesellschaft und erweiterte das Wasserleitungsnetz auch auf die Außenbezirke.

Erst 1968 stieß man auf das Wasser im südlichen Hochschwabmassiv als ideale Bezugsquelle. Seit 1993 wird das Grazer Wassernetz von dort gespeist – und besitzt endlich eine ausgezeichnete Wasserqualität.



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© "Damals in Graz", Dr. Robert Engele



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