Keine Zähmung der Widerspenstigen #
Vier völlig unterschiedliche Frauen, vier verschiedene Schicksale. Aber eines haben alle gemeinsam: Sie waren stets widerständig.#
Von Robert Engele mit freundlicher Genehmigung der Kleinen Zeitung
Störrisch, aufmüpfig, zickig - es gibt viele Worte für Frauen, die gegen den Strom schwimmen. Und es gab und gibt viele Grazerinnen, die dem Prädikat „Widerständig“ vollkommen entsprechen.
Eine von ihnen ist Elise Steininger. Geboren 1854 wuchs sie in einer Zeit auf, in der der Anblick von Frauenwaden als unschick lich galt, das Korsett das verpflichtende Kleidungsstück für die anständige, bürgerliche Frau war und unverheiratete Fräulein nur unter der Obhut einer Anstandsdame das Haus verlassen durften. In dieser Zeit gründete die 39-jährige Elise Steininger den zweiten Damen-Radclub im deutschen Sprachraum. Nicht ausschließlich aus Gründen der sportlichen Emanzipation, sondern vor allem als Zeichen der Gleichberechtigung von Frauen im Vereinswesen. 8700 Kilometer legten die Damen in einheitlicher Klubkleidung – mit damals provokanten Schirmmützen – allein im ersten Jahr zurück. Die Würdigung Steiningers folgte über 100 Jahre später. 2006 wurde die Radverbindung unter der Keplerbrücke nach ihr benannt.
Mit diesen und anderen Geschichten bringen Eva Taxacher und ihre Kollegin Linda Tossold bei den Frauenstadtspaziergängen einmal monatlich die Grazer Frauengeschichte auf die Straße. „Wir wollen so sichtbar machen, was sonst nicht sichtbar ist“, erklärt die Soziologin Taxacher und fährt mit einer weiteren Geschichte fort: „Martha Tausk war die erste sozialdemokratischen Frau im steirischen Landtag.“
Scheidung im Jahr 1908#
Für Taxacher eine Parade-Widerständige: „Sie stammt aus ziemlich einfachen Verhältnissen. Aber sie stellte klare Forderungen und hat sich nicht bremsen lassen.“ Tatsächlich machte es sich Tausk nicht einfach. 1908 ließ sie sich scheiden, in einer Zeit, in der das mehr als ungewöhnlich war, ebenso wie ihr politischer Einsatz. 1918, im Jahr, in dem das Frauenwahlrecht in Österreich gesetzlich verankert wurde, zog sie in den steirischen Landtag ein und setzte im Bereich der Sozialversicherung wichtige Verbesserungen für Frauen durch.
Widerständig im wahrsten Sinn des Wortes zeigte sich auch eine Grazerin der jüngeren Geschichte. Maria Cäsar, geboren 1920, verbrachte als 18-Jährige 15 Monate in Einzelhaft. Die Anklage: Vorbereitung zum Hochverrat am nationalsozialistischen Dritten Reich. Und tatsächlich war sie im Untergrund tätig, verteilte Flugzettel und beteiligte sich an der Flüsterpropaganda. „Es ist unglaublich“, ist Taxacher froh, Maria Cäsar kennen gelernt zu haben. „Sie wirkt wie eine typische Oma, aber wenn sie irgendwo Ungerechtigkeit wahrnimmt, kann sie sich nicht mehr halten.“ Dafür wurde sie 2001 mit dem Menschenrechtspreis des Landes ausgezeichnet und ist bis heute immer wieder im Einsatz für die Umsetzung von Frauenrechten in Österreich.
Bestens in diese Reihe fügt sich auch Grete Schurz ein. Die 1934 in Graz geborene Psychologin wurde als schlagfertige Frauenlobbyistin bekannt, setzte mit einem Sitzstreik die Finanzierung der Grazer Fraueninitiative durch und übernahm 1980 die Leitung des von ihr angeregten Frauenhauses. 1986 wurde sie in Graz die erste Frauenbeauftragte Österreichs und übte dieses Amt bis 1994 „parteiunabhängig, weisungsfrei und ungebunden“ aus.
Es sei wichtig, weibliche Vorbilder in der Vergangenheit zu kennen, so Taxacher. „Denn sie geben Frauen heute Mut, widerständig zu sein.“
MITARBEIT HEIKE KRUSCH
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Maria Cäsar sollte einen eigenen Artikel haben, denn ihr Widerstand war lebensgefärlich...
-- Glaubauf Karl, Dienstag, 25. Juni 2013, 18:40