Bienen dienen fleißig der Wirtschaft#
Weil der Bienen-Bestand in Österreich schrumpft, blüht das Geschäft der Bestäubungsimker auf#
Von der Wiener Zeitung (Mittwoch, 27. Juli 2011) freundlicherweise zur Verfügung gestellt.
Von
Petra Tempfer
Obstbauern zahlen Imker für Einsatz von Bienenvölkern.„Dienstleistung” der Bestäuberbienen entspricht pro Jahr 500 Millionen Euro. Parasiten und Pestizide löschen Völker aus.#
Wien. Löhne für Bienen - oder zumindest für deren Imker. Diese zahlen seit kurzem jene Obstbauern Österreichs aus, die Bienenvölker über ihre Plantagen schwirren lassen, damit sie die Blüten bestäuben. Die natürliche Bestäubung ist nämlich nicht mehr gewährleistet. Parasiten und Pestizide in der Landwirtschaft lassen den Bienen-Bestand schrumpfen.
Vor allem in den Kerngebieten des Obstanbaus wie in der Wachau in Niederösterreich oder Gleisdorf in der Steiermark drohen die Erträge zu sinken. Daher hat sich nun die neue Sparte der Bestäubungsimker entwickelt, die ihre Bienen neben der Honigproduktion für die Bestäubung einsetzen. „In Amerika gibt es schon seit Jahren reine Bestäubungsimker”, erklärt Stefan Mandl, Koordinator der Arbeitsgemeinschaft Bienenforschung an der Boku Wien. 130 Dollar (90 Euro) würden in den USA für den dreiwöchigen Einsatz eines Bienenvolkes ausgegeben. Österreichs Landwirte müssen derzeit etwa 45Euro dafür bezahlen.
Dass dabei auch noch Honig entsteht, ist eigentlich Nebensache. Besteht doch die Hauptleistung der Biene in der Bestäubung - 80 Prozent aller Blütenpflanzen sind auf die Honigbiene angewiesen, um Früchte zu produzieren und sich zu vermehren. Der Rest wird von anderen Insekten wie etwa Wildbienen erledigt (siehe Info-Kasten).
Ohne Biene kein Ertrag#
„Die Dienstleistung der Bestäuberbienen entspricht in Österreich einem Geldwert von 500 Millionen Euro pro Jahr”, sagt Christian Boigenzahn vom Imker-Dachverband „Biene Österreich” zur „Wiener Zeitung”. Weltweit seien es 153 Milliarden Euro jährlich, was einem Zehntel der Nahrungsmittelproduktion entspricht. „Ohne Bienen gäbe es in Apfel- und Kirschenplantagen keinen Ertrag.”
Betrachtet man hingegen die wirtschaftliche Bedeutung des Honigs, so produzieren Österreichs Bienen laut Boigenzahn durchschnittlich 7000 Tonnen pro Jahr. Bei einem Verkaufspreis von etwa acht Euro pro Kilogramm entspricht das einem Geldwert von nur 56 Millionen Euro.
Hinter all dem steckt die Arbeit der Imker, derzeit rund 24.000 an der Zahl. Sie betreuen 367.000 Bienenvölker. Vor zehn Jahren gab es laut Boigenzahn noch 30.000 Imker, die entsprechend mehr Völker besaßen - Parasiten und chemische Pflanzenschutzmittel setzen den Tieren jedoch zu und löschen ganze Völker aus. Der Landesverband Bayerischer Imker beklagt sogar einen Verlust von 50 Prozent in den vergangenen zehn Jahren: Der Bienenvölker-Bestand schrumpfte von 362.000 im Jahr 2000 auf heute 160.000.
Bereits in den 70er Jahren zog mit der Varroa-Milbe der Hauptparasit der Biene in Europa ein. Seitdem müssen Österreichs Imker mit einem jährlichen Bienenvölker-Verlust von rund 15 Prozent kämpfen. „Im vorigen Winter sind 16,4 Prozent abgestorben, was rund 60.000 Völkern entspricht”, präzisiert Rudolf Moosbeckhofer von der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (Ages).
Sterben im Winter#
Dass gerade im Winter die Bienen massenweise sterben, liege daran, dass die Imker die Größe ihrer Völker für diese Zeit reduzieren, um weniger füttern zu müssen: Statt wie im Sommer bis zu 60.000 Arbeitsbienen, scharen sich im Winter nur 10.000 um die Königin. „Die Relation Parasit zu Biene verschiebt sich zugunsten des Parasiten”, so Moosbeckhofer. „Wer in der kalten Jahreszeit nicht fit ist, der stirbt”, ergänzt Mandl von der Boku.
Krankheitsanfällig seien die Bienen wegen in der Landwirtschaft verwendeter Chemikalien zum Pflanzenschutz. Um hier Zusammenhänge zu erkennen, hat die Ages vor drei Jahren im Auftrag des Landwirtschaftsministeriums das Projekt „Melissa” ins Leben gerufen. Im Zuge dessen wird untersucht, warum speziell in Mais- und Rapsanbaugebieten Bienenvölker verschwinden und inwieweit Bienenkrankheiten mit dem Einsatz von Pflanzenschutzmitteln zusammenhängen.
Im Vorjahr haben 76 Imkereibetriebe bei der Ages Vergiftungsverdachtsfälle gemeldet. Die betroffenen 98 Bienenvölker verteilten sich auf sieben Bundesländer, der Honig war nie beeinträchtigt. In 70 Prozent dieser Völker wurden Beizmittel nachgewiesen - Chemikalien, mit denen etwa Mais-Saatgut behandelt wird, um es widerstandsfähiger gegen den Maiswurzelbohrer-Käfer zu machen.
Das Landwirtschaftsministerium setzte daraufhin Maßnahmen. „Unter anderem wurde die Beizmittelmenge österreichweit auf die Hälfte reduziert”, erläutert der Ackerbauexperte Günther Rohrer von der Landwirtschaftskammer Österreich. Um nun die Ernteverluste durch Schädlinge in Grenzen zu halten, sollten die Landwirte von Monokulturen auf Fruchtfolge umsteigen. Das dient laut Rohrer zwar dem Wohl der Biene - nun seien aber einige Landwirte die Leidtragenden. Vor allem in der Südsteiermark sei man ausschließlich auf Maiskulturen spezialisiert, weil hier Schweinemast betrieben werde und der Mais als Futter diene. „Die Landwirte haben hier ausschließlich Maisdrescher”, so Rohrer.
Projekt des Ministeriums#
Ob die Maßnahmen den Bienen tatsächlich helfen und daher beibehalten werden, werden die Daten zeigen, die bis Jänner 2012 ausgewertet sein sollen. Rohrer hofft jedenfalls, dass es eine Lösung für beide Seiten geben wird, „weil die Landwirtschaft von der Biene abhängig ist.”
Weiterführendes#
- Die neue, nützlichste Bienenzucht: Huber, Ludwig. Moritz Schauenburg Verlag, 1913. (Web-Book)
- Zusammenhang zwischen Bienenverlusten und insektiziden Beizmitteln durch Projekt Melissa bestätigt (APA Presseaussendung, 21. März 2012)
- "Rund um die Biene" (Unternehmen)
Bienen-Check: GLOBAL 2000 Initiative zum Schutz der Wildbienen #
Der Großteil der 700 Wildbienenarten in Österreich ist bereits bedroht, einige Populationen umfassen sogar nur noch 80 Tiere.Untersuchung: Pestizidcocktails in österreichischen Ackerpfützen gefährden Bienen#
GLOBAL 2000 untersuchte im Zeitraum zwischen 14. und 30. Mai in Niederösterreich, Oberösterreich, Burgenland, Steiermark und Kärnten insgesamt 32 Proben aus Wasserpfützen auf Pestizide.