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Die Farbe der Gewässer#

Wie gesund Seen sind, kann man an der Intensität ihrer Blau- und Grüntöne erkennen.#


Von der Wiener Zeitung (Montag, 25. September 2017) freundlicherweise zur Verfügung gestellt.


Intensiv grünes Wasser
Intensiv grünes Wasser deutet eventuell auf einen zu hohen Nährstoffanteil hin.
Foto: © Stefan/stock.adobe.com/fotolia

Berlin. (eb) Jetzt verschafft die Klimaerwärmung der Donau am Ende doch noch eine Chance, dem berühmtesten Walzer gerecht und blau zu werden? - Nicht ganz: Denn was Benjamin Kraemer vom Berliner Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) herausgefunden hat, dürfte nur für stehende Gewässer gelten: Seiner Untersuchung zufolge nehmen Seen bei höheren Temperaturen eine intensivere Färbung an. Kraemer und seine Kollegen berichten im Fachblatt "Scientific Reports", dies hänge mit dem Gehalt an Phytoplankton in den Seen zusammen.

Generell hängt die Farbe eines Gewässers von mehreren Faktoren ab: Nährstoffarme Gewässer beispielsweise absorbieren Teile des einfallenden Lichts so, dass das Wasser blau erscheint. Schwebstoffe von Löß und Lehm trüben hingegen das Wasser und verleihen ihm einen grauen oder braunen Farbton. Nährstoffreiche Gewässer, also solche mit einem hohen Anteil an Phytoplankton, erscheinen hingegen grün.

Hauptakteur Phytoplankton#

Phytoplankton besteht vor allem aus Grünalgen, Kieselalgen, Goldalgen und Cyanobakterien. Das Phytoplankton baut seine Körpersubstanz durch Photsynthese auf und steht auf der untersten Stufe der Nahrungspyramide.

Warme Jahre können nun der Studie zufolge dazu führen, dass sich die jeweilige Ausgangslage im See verändert, wobei beide Richtungen möglich sind, also sowohl eine Vermehrung als auch eine Verminderung des Phytoplanktons. Beides kann der Wasserqualität schaden.

Zu ihren Schlüssen kommen die Forscher anhand von Analysen von Satellitenbildern aus den Jahren 2002 bis 2016 mit Blick auf rund 190 der größten Seen der Welt. Darunter waren etwa der Baikalsee, der Titicacasee und der Victoriasee.

Eine intensive grüne Färbung weist auf einen hohen Gehalt an Phytoplankton hin. In der Folge kann die Algenblüte den Sauerstoffgehalt im Wasser dermaßen stark sinken lassen, dass Fische ersticken. Auch der Mensch ist auf unbedenkliches Seewasser angewiesen. 2014 wurde wegen Algen im Eriesee (Ohio) vor verseuchtem Trinkwasser gewarnt, hunderttausende Menschen waren betroffen.

Allerdings ist eine grünliche Farbe nicht zwangsläufig ein Alarmsignal: Sie kann auch bei kalkhaltigen Gewässern vom Kalziumgehalt herrühren.

Auch das tiefe Blau eines Sees ist nicht immer wünschenswert. Diese Färbung lässt ein nährstoffarmes Gewässer vermuten. Wenn es jedoch an Phytoplankton fehlt, fehlt Fischen die Nahrungsgrundlage. "So hat zum Beispiel im Bodensee und im Tanganjika-See in Afrika der reduzierte Phytoplankton-Gehalt zu einer verringerten Produktivität der Fischerei geführt", erklärt Kraemer. Manchmal werde sogar eine Düngung von Seen in Betracht gezogen. Andererseits gibt es diesbezüglich große ökologische Risiken.

Ursprünglich hatten die Forscher erwartet, wegen der Erwärmung weniger Phytoplankton in Seen zu finden. Zumindest in den Meeren nämlich waren vor Jahren Rückgänge berichtet worden. Als Grund dafür gilt, dass die Erwärmung zu einer stabileren Schichtung des Wassers führt. Nährstoffe würden dadurch nicht mehr so gut von unten nach oben verteilt; das Wachstum des Phytoplanktons lasse nach.

Die Forscher stellten nun fest, dass in knapp 70 Prozent der untersuchten Seen in warmen Jahren größere Phytoplankton-Mengen auftraten. Kraemer vermutet, dass die Erwärmung die Wachstumsphasen verlängert oder sich möglicherweise auch die Zahl der Tiere verringert, die pflanzliches Plankton fressen.

Grundsätzlich schätzt Kraemer den Phytoplankton-Gehalt in Seen heute höher ein als früher. Das sei eine Folge des Düngereinsatzes in der Landwirtschaft. Algen vermehren sich durch Nährstoffe wie Phosphor und Stickstoff, die im Dünger für Äcker enthalten sind, und deren Überreste in Gewässer gelangen.

Das Institut kündigte an, dass die Forscher die Entwicklung in kleineren Seen über längere Zeitabschnitte untersuchen werden. Denn die meisten Seen der Erde seien eher klein und wären vom Klimawandel stärker betroffen als große Seen.

Wiener Zeitung, Montag, 25. September 2017