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Rettung der Heilgen-Geist-Kapelle in Bruck an der Mur#


Von

Hasso Hohmann (Juni 2019)


Die Heiligen-Geist-Kapelle im Murtal fast ohne Verkehrsbauten
Die Heiligen-Geist-Kapelle im Murtal fast ohne Verkehrsbauten.
Foto: © Adele Drexler

Die Heiligen-Geist-Kapelle in Bruck an der Mur Bruck an der Mur ist ein hoher mächtiger gotischer Sakralbau mit sechs Ecken, drei Eingängen und drei Altären. Der Bau basiert im Grundriss auf einem gleichseitigen Dreieck mit abgeschnittenen Ecken. Schon das signalisiert, dass es sich ursprünglich um eine Dreifaltigkeitskirche gehandelt haben muss. In den Jahren 1495 bis 1497 wurde an Stelle eines Vorgängerbaues der heutige Sakralbau errichtet und aus Mitteln von namhaften wohlhabenden Bürgern der Stadt Bruck an der Mur finanziert, vor allem von den Familien Kornmesser, Pögl und Holzapfel. Die Kapelle hatte ursprünglich sehr schöne gotische Maßwerkfenster und verfügt heute noch über ein herrliches spätgotisches Rippengewölbe im Innern und drei eindrucksvolle Eingangslaibungen.

Schon sehr früh fiel mir die Kapelle bei Fahrten mit der Österreichischen Bundesbahn auf, wenn ich von Graz nach Leoben oder zurück über die sogenannte “Schleife“ an Bruck vorbeifuhr, da der Sakralbau dann knapp unterhalb des Bahndammes gut zu sehen ist. Damals diente die Kapelle allerdings noch Wohnzwecken. Sie wurde 1794 profaniert. 1817 ersteigerte sie ein Gastwirt und adaptierte sie zu einem Wirtshaus mit Gästezimmern. Der Name “Geistwirt“ wurde noch bis ins 20. Jh. verwendet und stellte eine Beziehung vom heiligen zum profanen Geist des Gastwirtes im sakralen Bauwerk dar, wie auch bei Irmengard Kainz nachzulesen ist. Erst 1921 wurden bei einer weiteren Adaptierung des Bauwerks die Maßwerkfenster unwiederbringlich zerstört und durch Kastenfenster ersetzt. 1955 kaufte die Stadt Bruck das Gebäude und wandelte es in ein reines Wohnhaus um.

Als dann um 1978 die vielen weiteren Schleifen des Autobahnknotens Bruck an der Mur geplant wurden, verlief in den Plänen eine der Schleifen über Teilbereiche der Heiligen-Geist-Kapelle, sodass diese offensichtlich abgetragen werden sollte. Damals rief mich Frau Ulrike Zechner aus Bruck, die damals im Gymnasium Kapfenberg unterrichtete, im “Internationalen Städteforum Graz“ (ISG) an und fragte, ob ich eine Chance sähe, auf die Planung des Verkehrsknotens Bruck Einfluss zu nehmen, damit durch eine leichte Modifikation der Schleifenführung die Kapelle erhalten werden könne.

Ich machte damals die Planer ausfindig und traf mich mit ihnen zweimal. Wir studierten an Hand der Pläne die Möglichkeiten einer leichten Verschiebung der Trassen, wodurch die Kapelle ausgespart werden könnte. Es ging dabei auch um die Bestimmungen für Straßenradien bei maximalen Geschwindigkeiten auf solchen Schleifen und wie man sie verschieben könnte. So konnte damals die Substanz des Bauwerks geschont werden. Wir diskutierten auch schon damals über die künftige Funktion des Bauwerkes, da klar war, dass der Bau nach Errichtung der “Spinne“ wohl kaum mehr als Wohnbau zu nutzen wäre. Meine damalige Idee war, ihn zu einer künftigen Autofahrer-Kapelle umzufunktionieren.

Der Blick aus dem Zug auf der “Schleife“ auf die Heiligen-Geist-Kapelle
Der Blick aus dem Zug auf der “Schleife“ auf die Heiligen-Geist-Kapelle.
Foto: © Hasso Hohmann

Nach Errichtung der Verkehrsbauten sind dann sukzessive die letzten Bewohner des profanierten Sakralbaues ausgezogen, da der Lärm und auch die Vibrationen des Baues durch den stark zunehmenden Schwerverkehr stetig zunahmen. Auch die Erreichbarkeit des Bauwerks hatte sich verschlechtert. Ab 1999 stand das Gebäude daher leer, wie die Leiterin des Brucker Stadtmuseums Irmengard Kainz in einem ihrer Statements festhielt.

2011 entstand eine Initiative durch Philipp Harnoncourt, der gemeinsam mit seinen vier Geschwistern einen Aufruf zur Erhaltung und Wiederherstellung der Heiligen-Geist-Kapelle an die Stadt Bruck richtete. Das Gebäude sollte wieder als einzigartiges Baudenkmal einer sakralen Nutzung zugeführt werden. Es sollte auch als Mahnmal für die Verpflichtung zum Schutz der Umwelt dienen. Zu dieser Lebensumwelt gehört auch ein Kulturdenkmal.

Die Sanierung der Kapelle sollte den ursprünglichen Charakter des Gebäudes außen und innen wiederherstellen. In Zusammenarbeit mit dem Österreichischen Bundesdenkmalamt, mit Markus Zechner und auf Basis von eingehenden Bauforschungen wurde ein Sanierungskonzept erarbeitet, das einen Abschluss der Arbeiten bis Ende 2017 zum Ziel hatte. Nicht mehr vorhandene Elemente, wie die drei gotischen Fenster, denen das jeweilige Maßwerk heute fehlt, sollten durch zeitgenössische Künstler neu gestaltet werden.

Sämtliche nach 1794 vorgenommenen Einbauten wurden entfernt, das Dach wieder in die ursprüngliche Form gebracht und mit Steinschindeln gedeckt. Die sekundären Wandöffnungen wurden zugemauert, ursprüngliche Portale und Fenster wieder geöffnet. Die fehlende Laibung bei einem der Eingänge wurde nach den noch vorhandenen rekonstruiert. Durch Einbau der neuen Glasfenster und -Türen und das Auftragen einer weißen Putzschicht wurde versucht, die ursprüngliche Fassadengliederung wiederherzustellen. Im Herbst 2019 wird nun die Sanierung, Rekonstruktion und Adaptierung der Heilige-Geist-Kapelle abgeschlossen sein. Das soll mit einem Fest zelebriert werden.

Der Anruf von Ulrike Zechner 1978 und mein Einsatz bei den Verkehrsplanern für die Erhaltung der Heiligen-Geist-Kapelle haben so nach mehr als 40 Jahren eine gute Lösung für die Heilige-Geist-Kapelle ermöglicht. Hätte ich mich damals nicht mit den Planern zusammengesetzt, so wäre die Kapelle 1978 abgetragen worden.


Die Ansicht der Kapelle von Südosten
Die Ansicht der Kapelle von Südosten.
Foto: © Hasso Hohmann
Blick von Nordwesten nach Südosten durch zwei der Fenster und zwei der Portale. Leider fehlen die Maßwerkgliederungen der Kapelle, die auf allen drei Seiten 1921 zerstört wurden
Blick von Nordwesten nach Südosten durch zwei der Fenster und zwei der Portale. Leider fehlen die Maßwerkgliederungen der Kapelle, die auf allen drei Seiten 1921 zerstört wurden.
Foto: © Hasso Hohmann
Blick in das Deckengewölbe mit den sehr schönen konstruktiven Naturstein-Rippen
Blick in das Deckengewölbe mit den sehr schönen konstruktiven Naturstein-Rippen.
Foto: © Adele Drexler/Christian Prednig
Das nordöstliche Portal mit Wappen im Maßwerk
Das nordöstliche Portal mit Wappen im Maßwerk.
Foto: © Hasso Hohmann
Westansicht der Kapelle
Westansicht der Kapelle.
Foto: © Hasso Hohmann
Eine der vielen Inschriften knapp unter dem Gewölbe: “Anno 1495 ist angefangen die kapelln und mit gwelb volbracht im 1497 Jar“
Eine der vielen Inschriften knapp unter dem Gewölbe: “Anno 1495 ist angefangen die kapelln und mit gwelb volbracht im 1497 Jar“.
Foto: © Hasso Hohmann.

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