Simmeringer Gasometer in Wien (Essay)#
Umnutzung eines monumentalen Industriedenkmals#
Text und Bilder von
Freundlicherweise zur Verfügung gestellt von
ISG Magazin Heft 4 / 1999 (Internationales Städteforum Graz)
Nach der grossen Raffinerie in Schwechat sind es vor allem die vier ziegelfarbenen Gasometer in Simmering, die sich wie riesige Festungstürme aus einer anderen Welt dem aufmerksamen Besucher während der Fahrt mit dem Shuttle Bus vom Flughafen nach Wien präsentieren. Sie sind hier mehr noch als der hohe Turm des Stephansdomes ein wichtiges Merkzeichen.
Die vier ehemaligen Gasbehälter des Gaswerkes Simmering wurden 1896-1899 errichtet. Jeder ist bis zur Spitze der Kuppel 75 m hoch, hat einen Innendurchmesser von 62,8m und einen Behälter mit 90.000 m3 Volumen ummantelt. Die Aussenmauern bestehen aus hartgebrannten Ziegeln mit einer Stärke von 160 cm am Fuss bis zu 90 cm an der Krone. Diese liegt bei 46,29 m über dem künstlichen Terrain. Nachdem u.a. ein Strassenbauprojekt den Bestand der vier Türme längerfristig gefährdete, wurde vom Internationalen Städteforum Graz 1978 ihre Unterschutzstellung beantragt. Im gleichen Jahr noch wurden zunächst ein Gasometer und bald darauf alle vier als Industriedenkmal unter Denkmalschutz gestellt.
In den Jahren 1985 und 1986 wurden alle vier Gasometer ausser Betrieb genommen und 1988 einer der Türme für die 1989 veranstaltete Ausstellung zur Sozialdemokratie „Die ersten 100 Jahre" von Manfred Wehdorn saniert. Obwohl ursprünglich eine Aussenstelle des technischen Museums u.a. für grössere Flugobjekte diskutiert wurde, entschloss man sich später zur Durchführung eines Architekten-Wettbewerbs in Hinblick auf eine künftige Adaptierung zu Wohnzwecken.
Aus diesem Wettbewerb gingen die Büros Coop Himmelblau, Wilhelm Holzbauer, Jean Nouvel und Manfred Wehdorn als Sieger hervor. Seit Februar 1999 wird an allen vier Türmen gearbeitet. Die Kuppeln wurden vorübergehend abgenommen, so dass sie saniert werden können und auch die Einbauten in die Gasometer leichter vor sich gehen können. Die Kuppeln kommen am Ende nur noch mit Teilen der Überdachung wieder auf die Türme. 600 Wohnungen von 45-90 m2 Grosse, eine Veranstaltungshalle für 4.000 Besucher, ein Studentenheim, Einkaufs¬ und Gastronomieflächen, ein Kindertagesheim, ein Multiplexkino und Räume für das Stadt- und Landesarchiv werden eingebaut. Zugleich wird auch an der Erschliessung durch eine eigene U-Bahnstation der Linie U3 gearbeitet. Um 2,4 Mrd. Schillinge soll das Projekt 2001 fertiggestellt und damit eines der markantesten Industriedenkmale Österreichs umgenutzt sein.